"Po" oder die Kunst des provokativen Denkens
Der Ausdruck “Po” bezieht sich auf eine sehr originelle Strategie für mehr Kreativität, welche dir hilft, über gewöhnliche Denkmuster hinauszugehen und provokatives Denken zu nutzen. Unlogische Gedanken, die wir als Unsinn bezeichnen können, spielen dabei eine entscheidende Rolle. Der Psychologe, Arzt und Erfinder Edward De Bono entwickelte diese Technik, die ein Sprungbrett vom Gewöhnlichen zum Außergewöhnlichen darstellt, in den 1970er-Jahren. Erfahre anschließend mehr darüber.
“Kreativität bedeutet, mit etablierten Mustern zu brechen, um die Dinge auf eine andere Art und Weise zu betrachten.”
Edward De Bono
Was bedeutet “Po”?
In seinem Buch Catching the Big Fisch¹ verglicht David Lynch Ideen mit Fischen: Wenn wir eine originelle Idee finden möchten, müssen wir tief in unser mentales Universum eintauchen. Edward De Bono hingegen lädt dazu ein, Etabliertes zu hinterfragen, die Logik auszuschalten und das Außergewöhnliche zu entdecken. Die Frage lautet in diesem Zusammenhang: “Und warum nicht?”
Er prägte 1972 den Ausdruck “Po” in seinem Buch Po: A Device for Successful Thinking. Es handelt sich um eine Technik des lateralen Denkens, die von einer falschen Annahme ausgeht, um daraus originelle und innovative Ideen abzuleiten. Die anfängliche Surrealität oder Sinnlosigkeit regt den Verstand an.
“Po” bedeutet “provoking operation” oder “provocative operation”. Maori verwenden dieses Wort, um den urpsrünglichen und chaotischen Zustand der Formlosigkeit zu bezeichnen.
Edward De Bono lehrte seine Kreativitätsmethoden in verschiedenen Schulen, Universitäten und privaten Organisationen. Er war davon überzeugt, dass wir innovative Lösungen für immer komplexere Probleme benötigen. “Po” geht über die bekannte Logik hinaus und lässt konventionelle Argumente zurück. Diese Technik beginnt mit provokativen Ansätzen, um kreative Prozesse zu begünstigen. Auch Humor spielt dabei eine wichtige Rolle.
Wie funktioniert “Po”?
Es handelt sich um ein pseudowissenschaftliches Konzept, doch wir finden trotzdem immer wieder interessante Arbeiten zu diesem Thema. Eine an der Universität Kebangsaan in Malaysia durchgeführte Studie unterstreicht unter anderem die Bedeutung des lateralen Denkens für die Problemlösung.
Die Po-Technik kann in verschiedenen Szenarien hilfreich sein:
- Privat zur Problemlösung durch Humor und innovative Ansätze.
- In einem Unternehmen als Werkzeug für innovative Ideen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.
- In Schulen und Ausbildungsstätten, um kritisches und innovatives Denken zu lehren.
Der Blick über den Tellerrand ermöglicht es uns, uns in komplexen Situationen anzupassen und Lösungen zu finden. Edward De Bono war davon überzeugt, dass diese Denkart den Fortschritt fördern kann.
“Kreativität ist ein großartiger Motivator, weil sie das Interesse der Menschen an dem weckt, was sie tun. Kreativität gibt Hoffnung, dass es eine lohnende Idee geben könnte. Kreativität gibt jedem die Möglichkeit, etwas zu erreichen. Kreativität macht das Leben spaßiger und interessanter.”
Edward De Bono
Provokatives Denken für mehr Kreativität und innovative Lösungen
Maoris bezeichnen das ursprüngliche, formlose Chaos als “Po”, das allmählich durch Evolution und Fortschritt verwandelt wird. Dies inspirierte Edward De Bono zu seiner Strategie, die wir jetzt anhand eines Beispiels präsentieren. Stell dir vor, du arbeitest in einem Bauunternehmen und möchtest etwas Neues schaffen. Folgende Schritte helfen dir dabei.
1. Provokative Hypothese
Die Universität von Texas führte 2015 eine Studie durch, in der sie die Notwendigkeit unterstrich, eine Reihe von Heuristiken und Innovationswerkzeugen anzubieten, um innovativeres Denken zu entwickeln. In diesen Situationen ist “Po” der Schlüssel.
Der erste Schritt ist eine scheinbar unsinnige, irrationale Annahme, die dir hilft, neue Ideen zu entwickeln. Wir stellen folgende provokative Hypothese auf: “Häuser haben kein Dach.”
2. Umkehrung und weitere Ideen
Provokative Ideen geben uns originelle Ausgangspunkte, um kreatives Denken anzuregen. Deshalb ist es notwendig, Argumente zu entwickeln, die mit der ersten Idee zusammenhängen. Und bei dieser Aufgabe ist Humor ein guter Verbündeter.
- Häuser haben keine Dächer.
- Häuser sind durchsichtig.
- Sie können fliegen.
- Häuser können den Mond erreichen.
- Von meinem Haus aus kann ich die Sterne berühren.
3. Konsequenzen der provokativen Aussage
Zu welcher Schlussfolgerung führt dich dieses irrwitzige Gedankenspiel? Es ist Zeit, darüber nachzudenken, aber ohne die provokative Perspektive zu verlieren. Denn “Po” ist eine Kreativitätsstrategie, die darauf abzielt, Ideen hervorzubringen, die sich von den etablierten unterscheiden. Das bedeutet, dass du proaktiv sein musst, um Argumente zu entwickeln, die der Logik trotzen.
Welche Schlussfolgerungen kannst du aus den Ideen aus Punkt 2 ziehen? Häuser sind keine geschlossenen Strukturen, sie sind mit der Außenwelt in Kontakt und können uns sogar dem Himmel und den Sternen näherbringen.
4. Vernünftige Formulierung: Wie kann ich meine Idee umsetzen?
Nach dem Sturm der provokativen und fast irrationalen Ideen müssen Logik und Objektivität zum Tragen kommen. Welche Schlussfolgerungen ziehst du aus deinen Ideen und welche praktische Anwendbarkeit könnten sie haben? “Po” führt dich über unsinnige Ideen zu originellen, konkreten und praktischen Lösungen.
Bei unserem Beispiel wäre die Schlussfolgerung: Wir können Räume in Häusern mit Glasdächern schaffen, damit ihre Bewohner nachts die Sterne sehen können.
Große Ideen entstehen oft durch Chaos und Provokation
Heute gilt Edward De Bono auf dem Gebiet der Kreativität als Referenz. Die Strategie des “Po” ist originell, jedoch nicht einfach. Wir sind es gewohnt, vertikal zu denken und uns auf bereits bestehende Konzepte zu stützen, was es uns schwer macht, den Sprung zu wagen. Es schadet jedoch nie, es zu versuchen. Über das Gewöhnliche hinauszugehen, um das Außergewöhnliche zu erreichen, erfordert Mut und ein gewisses Maß an Provokation.
▶ Lese-Tipp
- Catching the Big Fish, David Lynch, Alexander Verlag Berlin 2016
- Six Thinking Hats, Edward De Bono, Penguin Life 2016
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Arsad, N., Sanusi, H., Majid, R. A., Ali, M. M., & Husain, H. (2012). Lateral Thinking through Black Box Experiment among Engineering Students. Procedia – Social and Behavioral Sciences, 60, 14–20. https://doi.org/10.1016/j.sbspro.2012.09.340
- De Bono. Edward (1969). The Mechanism of Mind (1969).The New Functional Word.
- De Bono, Edward (1972). Po: A Device for Successful Thinking (1972).
- De Bono, Edward (1973). Po: Beyond Yes and No (1973).
- De Bono, Edward (2013) El pensamiento lateral: manual de creatividad. Paidós.
- Ness R. B. (2015). Promoting innovative thinking. American journal of public health, 105 Suppl 1(Suppl 1), S114–S118. https://doi.org/10.2105/AJPH.2014.302365