Philosophie: Freier Wille oder Determinismus?

Glaubst du an das Schicksal oder übernimmst du selbst Verantwortung für deine Lebensreise?
Philosophie: Freier Wille oder Determinismus?

Letzte Aktualisierung: 07. Januar 2024

Sind wir unserem Schicksal ausgeliefert oder in der Lage, unsere Entscheidungen frei zu treffen? Der Determinismus geht davon aus, dass alle Ereignisse, Handlungen und Entscheidungen vorherbestimmt sind und wir unser Leben nicht selbst bestimmen können. Es handelt sich um eine grundlegende philosophische Frage, mit der sich viele Denker ausführlich befassten. Du findest anschließend einen kurzen Überblick über diese philosophische Debatte.

“Denn wer begehrt, der fürchtet auch. Und wer in Furcht lebt, ist für mich nicht frei.”

Horaz

Was ist Freiheit?

Die Freiheit ist ein komplexes Thema, mit der sich im Laufe der Geschichte zahlreiche Philosophen beschäftigten. Aristoteles betrachtete die Freiheit nicht nur als bloße Abwesenheit von Zwang, sondern vielmehr als die Fähigkeit, vernünftig zu handeln und Tugend zu entwickeln. Seine Auffassung von Freiheit war eng mit seiner Ethik und seiner Vorstellung von Tugendhaftigkeit verknüpft.

Im Gegensatz zu einem Sklaven hat ein freier Mensch die Möglichkeit, an der Gesellschaft teilzunehmen. Es handelt sich also auch um ein politisches Konzept. 

Die Philosophie betrachtet die Freiheit als eine menschliche Fähigkeit, eine Bedingung oder einen Zustand. In diesem Zusammenhang stellt sich allerdings die Frage, inwiefern wir frei von Fremdbestimmung und Determination sind. Wir gehen anschließend näher auf diese Frage ein.

Sokrates betonte den Wert des freien Willens des Menschen, der es jedem ermöglicht, durch Vernunft die bestmögliche Wahl zu treffen.

Der freie Wille

Die Stanford Encyclopedia of Philosophy definiert den freien Willen als die Wahlmöglichkeit des Menschen zwischen verschiedenen Alternativen. Wir sprechen also über die freie Wahl ohne Vorbedingungen. Nicht alle Philosophen teilen diese Interpretation. So argumentiert Spinoza, dass die Freiheit, die wir zu haben glauben, nicht auf die Entscheidungsfähigkeit reduziert werden sollte.

Wir kennen vielleicht die Motive, die unsere Wünsche leiten, aber nicht die Ursachen, die unser Handeln bestimmen. Die menschliche Willens- und Entscheidungsfreiheit wird von den Naturgesetzen geleitet, die unsere Handlungen bestimmen. Die Vernunft lässt uns erkennen, dass tugendhaftes Handeln auch unseren Mitmenschen nutzt und deshalb erstrebenswert ist.

“Die menschliche Freiheit besteht lediglich darin, dass sich die Menschen ihres Wollens bewusst und der Ursachen, von denen sie bestimmt werden, unbewusst sind.”

Spinoza

Platonische Auffassung von Freiheit

Aristoteles war nicht der einzige Philosoph der Antike, der die Freiheit mit der Natur des Individuums und seiner sozialen Rolle in Verbindung brachte. Für Platon war sie Selbstbeherrschung und die Erfüllung von Wünschen, die dem sozialen Status entsprechen. Der griechische Philosoph argumentierte, dass Freiheit in der rationalen Beherrschung unserer irrationalen Wünsche liegt.

Platon glaubte, dass wahre Freiheit in der Herrschaft der Vernunft über die Triebe und Begierden des Menschen lag.

In Platons Idealstaat spielte die Idee der Freiheit eine Rolle im Kontext der Gerechtigkeit und der harmonischen Ordnung der Gesellschaft. Der Philosoph betonte, dass wahre Freiheit nicht darin besteht, einfach zu tun, was einem gefällt, sondern darin, in Übereinstimmung mit der Tugend und dem Wohl der Gesellschaft zu handeln.

Sokratisches Freiheitsverständnis

Sokrates betrachtete Freiheit nicht als die bloße Befreiung von äußeren Zwängen, sondern als die Fähigkeit, das eigene Denken und Handeln selbstkritisch zu reflektieren. Er glaubte an die Autonomie der Vernunft und betonte die Wichtigkeit, ein bewusstes, reflektiertes Leben zu führen.

Für Sokrates lag Freiheit in der Selbsterkenntnis und im Erkennen des eigenen Unwissens. Er betonte die Bedeutung der inneren Freiheit und Unabhängigkeit von äußeren Einflüssen, die wir durch die Kontrolle über die eigenen Handlungen und Gedanken erreichen. Sokrates glaubte an die Pflicht des Einzelnen, das eigene Denken und Handeln durch vernunftgeleitete Reflexion zu lenken, um so ein authentisches und moralisch integres Leben zu führen.

Determinismus und freier Wille

Es gibt Ursachen, die wir nicht kontrollieren können, die jedoch unsere Handlungen bestimmen. Diese Position wird von der Physik genährt, denn es gibt vorgegebene Gesetze, die wir nicht beeinflussen können. Wenn es Ursachen gibt, die unsere Handlungen bestimmen, sind wir keine völlig freien Wesen.

Der dualistische und der monistische Ansatz beschäftigt sich in der Philosophie ebenfalls mit diesem Thema: Der Dualismus bezieht sich auf die Trennung zwischen Subjekt und Welt. Ein klassisches Beispiel ist der Geist-Körper-Dualismus, der besagt, dass Geist und Materie als zwei verschiedene, getrennte Entitäten existieren. In dieser Sichtweise ist der Geist nicht materiell und unterscheidet sich grundlegend von der physischen Welt.

Der Monismus hingegen betrachtet die Existenz als eine einzige grundlegende Substanz, ein einheitliches Grundprinzip des Seins und der Wirklichkeit. Hier finden wir den Determinismus wieder, bei dem kausale Naturgesetze bestimmen, was mit uns passiert.

Nietzsche und der freie Wille

Friedrich Nietzsche war kritisch gegenüber dem Determinismus eingestellt. Er lehnte die Idee ab, dass das Schicksal oder äußere Kräfte die Handlungen und Entscheidungen des Menschen vorherbestimmen.

Nietzsche argumentierte, dass der Determinismus die Verantwortung des Einzelnen für sein Handeln und seine Schicksale mindert. Er sah den Menschen als einen Schöpfer seiner eigenen Werte und Lebensrichtung, unabhängig von vorbestimmten oder vorherigen Ursachen. Er betonte die Idee, dass der Mensch die Fähigkeit hat, seinen eigenen Weg zu gestalten.

“Wir sind so gerne in der freien Natur, weil diese keine Meinung über uns hat.”

Friedrich Nietzsche

Freier Wille oder Determinismus?

Es gibt keine klare Antwort auf diese Frage, die auch heute noch Philosophen und Denker beschäftigt. Wir können Entscheidungen treffen und unseren Weg bestimmen, doch wie sehr wird unser freier Wille von äußeren Kräften eingeschränkt? Es handelt sich um eine komplexe Debatte, die weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Bereiche wie Ethik, Moral, Recht, Psychologie und das Verständnis von Schuld und Verantwortung hat.


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