Mitbewohner-Syndrom: Kann Ehe ohne Sex funktionieren?

Nicht selten geht in einer Paarbeziehung im Laufe der Zeit die Leidenschaft verloren. Wie kommt es dazu und was kannst du in dieser Situation tun?
Mitbewohner-Syndrom: Kann Ehe ohne Sex funktionieren?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 30. November 2023

Wohin gehen Leidenschaft, Intimität und Komplizenschaft, wenn die Liebe nachlässt? Wie kommt es zum Roomate-Syndrome oder Mitbewohner-Syndrom, das daran zu erkennen ist, dass kein sexuelles Verlangen nach dem Partner vorhanden ist? Viele führen trotzdem eine respektvolle und herzliche Beziehung weiter und leben zusammen. Ist es möglich, die Liebe neu zu entfachen?

Das Mitbewohner-Syndrom: Was ist das?

Wenn die Routine Leidenschaft und Intimität zurücklässt, leben manche Paare wie gute Freunde zusammen, die gemeinsame Aufgaben bewältigen, sich respektieren und mögen, jedoch keine intimen Momente mehr erleben. Folgende Beschreibungen sind charakteristisch für das Mitbewohner-Syndrom.

1. Zusammenleben ohne Sex

Auch wenn keine Leidenschaft mehr vorhanden ist, leben viele zufrieden zusammen, ohne große Entfremdung oder Konflikte. Der Alltag ist eingespielt, die Aufgaben sind verteilt, gemeinsame Gespräche und Hobbys bereichern das Zusammenleben. Viele hoffen, dass die Leidenschaft irgendwann wieder zurückkehrt, denn sie lieben ihren Partner oder ihre Partnerin und können sich eine Trennung auf keinen Fall vorstellen.

Die Universität Southampton führte eine Studie über mangelnde Libido in der Ehe durch, in der die Teilnehmer unter anderem Faktoren wie fehlende emotionale Nähe zum Sexualpartner beschrieben, was zu mangelndem Interesse führt.

2. Geteilte Verantwortung nährt die Beziehung

Das Mitbewohner-Syndrom ist daran zu erkennen, dass die Beziehung durch geteilte Aufgaben und Verantwortungen weiterhin bestehen bleibt. Der Preis des Beziehungsendes wäre höher als die mangelnde Libido. Das Paar ist an seine Routine gewöhnt und in seiner täglichen Dynamik verankert.

Trotzdem besteht die Angst, die Beziehung könnte zerbrechen. Ein in Zeitschrift Evolutionary Psychologie veröffentlichter Artikel erklärt, dass die Auswirkungen einer Trennung in dieser Situation für beide Partner nur schwer zu verkraften wären. Das Mitbewohner-Syndrom nährt sich von der Angst vor der Einsamkeit und der täglichen Routine.

3. Vernachlässigte Liebe

Viele Beziehungen scheitern an der fehlenden Pflege und Aufmerksamkeit, die jede Liebe als Nahrung benötigt. Wertschätzung und Respekt sind zwar vorhanden, doch es fehlen die Verstärker, die kleinen Details, die komplizenhaften Blicke. Das Gefühl der Verlassenheit wird durch die täglichen Routinen und Verpflichtungen verdrängt. Das Paar hält an gemeinsamen Projekten fest, nicht an der Beziehung.

4. Schweigen über die Situation

Das Mitbewohner-Syndrom führt zu einem Mangel an Kommunikation. Das Paar spricht nicht darüber, jeder sagt sich schweigend vor, dass es sich nur um eine vorübergehende Situation handelt. Doch sie vermeiden es, sich gemeinsam damit zu beschäftigen, was häufig zur Entfremdung führt, die sehr schmerzlich ist.

Mitbewohner-Syndrom: Was tun?

Wenn dir diese Situation bekannt vorkommt, solltest du zuerst Innenschau halten und dich fragen: “Bin ich glücklich? Möchte ich mit diesem Menschen meine Zukunft verbringen?” Möchtest du an deiner Beziehung arbeiten, können dir folgende Empfehlungen helfen:

1. Kommunikation: Wie soll unsere Beziehung ausschauen?

Ein in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology publizierter Artikel hebt hervor, dass die Kommunikation in jeder Beziehung entscheidend ist. Du solltest dich mit deinem Partner zusammensetzen, um euch auf einfühlsame, sensible und selbstbewusste Weise auszutauschen und über eure Bedürfnisse zu sprechen. In diesem Gespräch sollte es keine Schuldzuweisungen geben.

2. Zuneigung und emotionale Kommunikation

Die emotionale Sprache nährt eine Beziehung: Gegenseitige Zuwendung, Aufmerksamkeit und tägliche Details sind entscheidend, um Nähe und Zärtlichkeiten zu fördern. Ohne diese kleinen Gesten und Liebenswürdigkeiten wird es schwierig sein, die Beziehung zu verbessern.

3. Geduld und keine hohen Erwartungen

Du solltest keine zu hohen Erwartungen haben, denn schnelle Veränderungen sind unwahrscheinlich. Die Leidenschaft kommt nicht über Nacht zurück, ihr müsst viele kleine gemeinsame Schritte unternehmen und Engagement zeigen.

4. Improvisation und Überraschungen

Um das Mitbewohner-Syndrom zu überwinden, müsst ihr eure Komfortzone verlassen, Routinen durchbrechen und Zuneigung zeigen. Der graue Alltag erstickt die Leidenschaft, die vielen Verpflichtungen lassen keinen Raum für Intimität. Entscheidet euch für Improvisation, Überraschungen, spontane Ausflüge und Abenteuer!

Mitbewohner-Syndrom: professionelle Unterstützung

Wenn beide dazu bereit sind, könnt ihr psychologische Unterstützung in Anspruch nehmen, um eure Beziehung zu verbessern und wieder zueinanderzufinden. Wenn ihr euch liebt und bereit seid, an der Beziehung zu arbeiten, gibt es auch Wege, Verbesserungen zu erreichen. Eine Paartherapie kann euch helfen.


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