Missbrauch: Welche Typen von Tätern gibt es?
Wir haben erstaunliche technologische Fortschritte erzielt, doch wie sieht es auf ethischer und moralischer Ebene aus? In diesem Bereich gibt es kaum Veränderungen: Missbrauch gibt es schon seit Menschengedenken. Der Unterschied zu früher liegt nun darin, dass erschreckende Schlagzeilen verstärkt darauf aufmerksam machen, wobei die Art der Berichterstattung in den meisten Fällen verwerflich ist. Missbrauch ist eine Tatsache, der wir in verschiedensten Formen begegnen. Wir analysieren deshalb heute die verschiedenen Typen von Tätern, die mit ihren Verhaltensmustern versuchen, andere Menschen (oder Tiere) zu missbrauchen und zu kontrollieren.
Jede körperliche, sexuelle, emotionale, finanzielle oder psychologische Unterdrückung oder Schädigung ist eine Form des Missbrauchs, den der Täter auf sein Opfer ausübt.
Welche Typen von Tätern gibt es?
Amor, Echeburúa und Loinaz (2009) erwähnen zwei Klassifizierungen zur Identifizierung von Missbrauchstätern:
1. Die Klassifizierung nach Gottman et al. (1995) zur Analyse von Gewalt in Paarbeziehungen unterscheidet die Typen “Kobra” und “Pitbull”:
- Im Falle der Kobras sinkt der Pulsschlag vor der Gewaltanwendung. Kobras sind aggressiv, asozial, kalt und systematisch. Zu ihren Strategien in einer Beziehung zählen Abhängigkeit und Kontrolle, doch sie schrecken auch nicht davor zurück, ihre Gewalt außerhalb der Familie anzuwenden. Dieser Tätertyp handelt bewusst und geplant und empfindet keine Schuldgefühle oder Reue. Häufig ist Alkohol- oder Drogenkonsum zu beobachten.
- Bei Pitbulls ist während der Gewaltanwendung eine erhöhte Herzfrequenz zu bemerken. Pitbulls empfinden Reue und Schuldgefühle, sind jedoch gleichzeitig geübt darin, Ausreden zu finden. Außerdem wenden sie Gewalt außerhalb der Familie nur in sehr seltenen Fällen an. Übertriebenes Kontrollverhalten ist ebenfalls charakteristisch. Pitbulls sind an passiv-aggressiven Verhaltensmustern und an einem unsicheren Bindungsstil zu erkennen. Allerdings handeln sie impulsiv und nicht geplant. Ihr psychopathologisches Profil zeigt in der Regel Vermeidungs- und Borderline-Persönlichkeitsmuster.
2. Die Klassifizierung nach Holtzworth-Munroe und Stuart (1994) unterscheidet folgende drei Tätertypen:
- Familienbezogene Täter. Dieser Tätertyp übt Gewalt in der Familie aus, die Häufigkeit und Schwere des Missbrauchs ist im Vergleich zu anderen Typen von Tätern jedoch oft gering. Die häufigsten Merkmale sind:
- passive, abhängige und zwanghafte Persönlichkeit
- Reue nach dem Missbrauch und Verurteilung von Gewalt
- Missbrauchstäter mit geringem Risiko
- Schwierigkeiten mit sozialen Kompetenzen
- relativ stabil in Beziehungen
- Täter mit dysphorischen/Borderline-Störungen. Dieser Typ übt körperliche, psychische und sexuelle Gewalt aus. Die Intensität reicht von mittel bis hoch, außerdem beschränken sich diese Täter nicht auf das familiäre Umfeld. Charakteristische Merkmale sind:
- Impulsivität
- emotionale Instabilität und Jähzorn
- chronische Wut
- ängstliche Bindung
- schlechte soziale und kommunikative Fähigkeiten
- geringes Bedauern nach dem Missbrauch
- Erfahrungen von Ablehnung und Missbrauch in der Kindheit
- Gewalttätige und antisoziale Täter. Sie instrumentalisieren (absichtlich) physischen und psychischen Missbrauch, der in allen Lebensbereichen allgegenwärtig ist. Dieser Tätertyp nutzt Missbrauch als Strategie, um seine Absichten durchzusetzen und Frustration zu überwinden. Er handelt mit Kalkül und plant seine Strategien. Charakteristische Merkmale sind:
- Narzissmus und Manipulation
- schwere Misshandlung in der Kindheit
- Alkohol- und Drogenabhängigkeit
- hohes Risiko für Straftaten
- schlechte Sozialkompetenzen
Allgemeine Merkmale von Tätern
Die spezifischen Merkmale variieren bei jeder Person, doch es gibt auch allgemeine Eigenschaften, die einen Missbrauchstäter beschreiben:
1. Unsicherheit
Missbrauchstäter sind in der Regel sehr unsicher, misstrauisch, eifersüchtig und kontrollierend. Sie geben Sicherheit vor, verbergen dahinter jedoch eine sehr unstabile Persönlichkeit.
2. Schlechte soziale und kommunikative Fähigkeiten
Missbrauchstäter haben kommunikative Schwierigkeiten. Sie sind nicht in der Lage, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken. Deshalb können sie Konflikte nicht ohne Gewalt lösen.
3. Mangelndes Einfühlungsvermögen
Sie haben Probleme, die mentalen und emotionalen Zustände anderer zu erkennen und zu verstehen. Deshalb ist es für sie schwierig, sich vorzustellen, wie sich die andere Person aufgrund der Misshandlung fühlt.
4. Aggressivität
Missbrauchstäter sind aggressiv und versuchen, sich durch das Einflößen von Angst, Scham und Schuldgefühlen durchzusetzen. Die Absicht, zu verletzen oder zu schaden, zeigt sich in ihren aggressiven Handlungen.
5. Abhängigkeit
Missbrauchstäter entwickeln in der Regel eine Abhängigkeit. Sie benötigen andere, um Gefühle der Einsamkeit und Verlassenheit zu überwinden. Außerdem haben sie das Bedürfnis, ihre vorgetäuschte Stärke und Sicherheit zu zeigen.
6. Geringe Frustrationstoleranz
Dieser Menschentyp ist nicht in der Lage, sich selbst zu regulieren und Frustration zu ertragen. Missbrauchstäter tun sich schwer damit, unangenehme Gefühle sowie Stress zu bewältigen und sind schnell gereizt.
Die Interaktionsmuster der Täter sind stark schädigend und richten großes Leid an. Diese Menschen kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Sehr viele leben ihre Aggressionen in der eigenen Familie aus, oft handelt es sich auch um nahe Bezugspersonen. Die Prävention spielt eine besonders große Rolle, um die schwerwiegenden Folgen zu verhindern, die das gesamte Leben der Betroffenen prägen.
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- Amor, P. J., Echeburúa, E., & Loinaz, I. (2009). ¿ Se puede establecer una clasificación tipológica de los hombres violentos contra su pareja?. International Journal of Clinical and Health Psychology, 9(3), 519-539.
- Calvete, E. (2008). Características de salud mental de los hombres que maltratan a su pareja. Revista Española de Sanidad Penitenciaria, 10(2), 49-56.
- Gottman, J.M., Jacobson, N.S., Rushe, R.H., Shortt, J.W., Babcock, J., La Taillade, J.J. y Waltz, J. (1995). The relationship between heart rate reactivity, emotionally aggressive behavior, and general violence in batterers. Journal of Family Psychology, 9, 227-248.
- Holtzworth-Munroe, A. y Stuart, G.L. (1994). Typologies of male batterers: Three subtypes and the differences among them. Psychological Bulletin, 116, 476-497.