Konversionsstörung und "Belle indifférence"

Die Konversionsstörung zeigt uns die Verbindung zwischen Geist und Körper. Ihr auffälligstes Merkmal ist allerdings die mangelnde Besorgnis des Patienten über seine Symptome.
Konversionsstörung und "Belle indifférence"
Alicia Escaño Hidalgo

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Alicia Escaño Hidalgo.

Letzte Aktualisierung: 25. April 2023

Manchmal kann das Gehirn unglaubliche psychologische Reaktionen erzeugen, fast wie in einem Science-Fiction-Film. Die Konversionsstörung oder funktionelle neurologische Symptomstörung, wie sie im DSM-5 genannt wird, ist ein Beispiel dafür.

Die Konversionsstörung ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Körper und Geist in hohem Maße miteinander verbunden sind. Es ist eine Funktionsstörung, die sich jedoch auf körperlicher Ebene manifestiert, als wäre sie eine organische Krankheit. Allerdings gibt es hierfür keinerlei Rechtfertigung.

Diejenigen Symptomstörungen, die heutzutage als somatisch gelten, entstammen einer Reihe von Erkrankungen, die ihren Ursprung im Konzept der hysterischen Neurose haben. Briquet brachte im 19. Jahrhundert als Erster eine bestimmte Ordnung in die Klassifizierung der Hysterie, indem er sich auf eine empirische Klassifizierung der Symptome beschränkte.

Heute kennen wir die Konversion als eine Symptomatik, bei der die Körperfunktionen ganz oder teilweise ausfallen beziehungsweise stark beeinträchtigt werden. Dies geschieht ohne somatische Schäden, auch nicht als Teil einer faktischen Störung.

Es ist wichtig, somatoforme Störungen wie beispielsweise Konversion nicht mit psychosomatischen Erkrankungen zu verwechseln. In letzteren finden wir eine bekannte pathophysiologische Grundlage oder einen Prozess, bei dem psychologische Faktoren mit dem Beginn oder Verlauf der Störung verbunden sind.

Charcot fand heraus, dass eine große Anzahl von Frauen eine Reihe von Symptomen ohne nachweisbare organische Basis aufwies. So schrieb er all diesen Symptomen eine Natur psychologischen Ursprungs zu und nannte sie hysterische Konversion.

Heisere Frau

Klinische Merkmale der Konversionsstörung

Wie bereits erwähnt, zeichnet sich die Konversionsstörung im Wesentlichen durch den Verlust einiger Körperfunktionen aus. In diesem Sinne finden wir Patienten, die plötzlich auf einem Auge blind werden, heiser sind, eine Gliedlähmung oder gar starke Kopfschmerzen haben.

Letztere werden inzwischen “hysterischer Nagel” genannt. Nach einer medizinischen Untersuchung konnte dafür aber keine Erklärung gefunden werden. Was ist dann die Ursache?

Wie bei ihrem Klassifikationspartner, der Somatisierungsstörung, findet die Konversion oft bei histrionischen Persönlichkeiten statt. Eine histrionische Persönlichkeit hat eine ausgeprägte Tendenz zur Suggestibilität, Oberflächlichkeit, emotionalen Labilität, Abhängigkeit und Egozentrismus. Diese Art von Persönlichkeit ist jedoch nach wie vor viel stärker in der Somatisierungsstörung ausgeprägt.

Sehr charakteristisch ist für eine Konversionsstörung die sogenannte Belle indifférence. Das ist die mangelnde Sorge des Patienten um die Symptome, die er erlebt.

Stell dir vor, du wachst eines Tages mit einem gelähmten Arm auf. Du würdest dir wahrscheinlich Sorgen machen, dich selbst analysieren, einen Arzt aufsuchen und ein wenig Angst davor haben, was mit dir passieren könnte.

Das ist normal. Dies ist jedoch nicht bei Patienten mit Konversionsstörung der Fall. Sie sind von ihrem offensichtlichen Unglück unbeeindruckt. Ähnlich wie beim Anton-Syndrom, bei dem der Patient blind ist, aber fest davon überzeugt, perfekt zu sehen. Wir wissen immer noch nicht genau, wie es zur Belle indifférence kommt. Doch sicher ist, dass sie sehr auffalend ist.

Ein weiteres klares Merkmal der Konversionsstörung ist der Zusammenhang mit psychologischen Faktoren und vor allem mit Stress. Es gibt ein klare zeitliche Beziehung zwischen dem Stressereignis für den Patienten und dem Auftreten konversiver Symptome.

Die Symptome sind sehr unterschiedlich, was zu einem sehr heterogenen Bild führt. Am häufigsten sind Blindheit, Taubheit, Lähmung, Aphonie und vollständiger oder partieller Verlust des Empfindens, ohne Unterstützung durch medizinische Beweise.

Die Erkrankung setzt häufig in der Jugend und im frühen Erwachsenenalter (10-35 Jahre) ein. Sie kann jedoch auch im kindlichen Stadium auftreten. Insbesondere bei Menschen unter 10 Jahren beschränken sich die Symptome auf Störungen beim Gehen und Krämpfe.

Beim weiblichen Geschlecht ist sie häufiger. Eine schlechtere Prognose zeigen Patienten mit niedrigem sozioökonomischen Status, weniger psychologischer Raffinesse oder weniger Bildung sowie Frauen unter 40 aus ländlichen Gebieten auf. Die Depression ist eine Erkrankung mit großer Komorbidität, obwohl sie in der Regel verborgen bleibt.

Die Symptone lassen in der Regel spontan innerhalb weniger Tage nach, mit oder ohne Behandlung. Die Behandlung beschleunigt aber natürlich den Prozess. Wenn die Person wieder mit einem Stressor konfrontiert wird, ist es sehr normal, dass die Symptomatik wieder auftritt. Daher können wir von einer chronischen Störung sprechen.

Frau mit Kopfschmerzen auf dem Sofa

Erläuterung der Konversion und Behandlung

Das DSM erklärt die Bedeutung des Symptoms einer Konversionsstörung rund um zwei Mechanismen: den primären Gewinn, d.h. einen Konflikt oder ein inneres Bedürfnis außerhalb des Bewusstseins zu halten, und den sekundären Gewinn bzw. Vermeidung einer Aktivität, die für die Person schädlich ist, oder Suche nach Hilfe, die sonst nicht möglich wäre.

Was den primären Gewinn betrifft, so ist diese Erkrankung oft mit traumatischen Erfahrungen, übermäßigem Stress oder sexuellem und körperlichem Missbrauch verbunden.

In den meisten Fällen scheint übermäßiger Stress das proximale Fällungsmittel zu sein, das die Störung auslöst. Manchmal sind die Beschwerden sehr eng mit dem Problem verbunden, dem sie ausgesetzt waren. Zum Beispiel gibt es Patienten mit Schmerzen in einem Körperteil, die gesehen haben, wie dieser in einem Unfall bei einer anderen Person verletzt wurde.

Über den sekundären Gewinn lässt sich sagen, dass – wie bei vielen anderen Erkrankungen – der Patient, wenn auch unbewusst, mit seinem Problem Aufmerksamkeit erhalten kann.

Die Aufmerksamkeit, Pflege oder die Aufgabe von Tätigkeiten (wie der Arbeit) kann bei manchen Menschen ein Gewinn sein, der das Problem allerdings verfestigt. Dies geschieht, weil sie unter anderen Umständen nicht diese Aufmerksamkeit erhalten hätten, sodass es nur eine andere Möglichkeit ist, zu Zuneigung zu kommen.

Behandlung

Was die Behandlung betrifft, so verschwinden die Symptome zwar, wie bereits erwähnt, in der Regel spontan, aber es ist trotzdem zu empfehlen, den Prozess mittels einer Psychotherapie zu beschleunigen. So versuchen wir, den Stressor aufzulösen, der das Problem verursacht hat.

Die Indikatoren für eine gute Prognose sind: erkennbarer Stressfaktor, gute prämorbide Funktionsfähigkeit, plötzlicher Ausbruch, Abwesenheit anderer psychischer oder körperlicher Störungen, Abwesenheit von rechtlichen Prozessen und kurze Dauer der Symptomatik.

Die kognitive Verhaltenstherapie nutzt das Training zur Verringerung der Angst und zur Bewältigung von Stress, unterstützt durch Techniken wie Hypnose oder Entspannung. Auch hier bietet die psychodynamische Therapie Verbesserungen und orientiert sich an der Lösung zugrundeliegender intrapsychischer Konflikte.


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  • Belloch, A., Sandín, B. y Ramos, F (2008). Manual de psicopatología. Volúmenes I y II. McGraw-Hill.Madrid
  • American Psychiatric Association (APA) (2014): Manual de Diagnóstico y Estadísitico de los Trastornos Mentales, DSM5. Editorial Médica Panamericana. Madrid.

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