Kinder ohne Grenzen erziehen? - Das werden die Eltern bereuen
Kinder ohne Grenzen erziehen? Diese Entscheidung werden alle Eltern früher oder später bereuen, denn gut gemeinte Taten werden langfristig oft mit Undankbarkeit bestraft.
Beim Thema Erziehung tun sich seit jeher viele Fragen auf, und unterschiedlichste Gefühle kommen auf, besonders wenn es darum geht, Grenzen zu setzen. Es kommt häufig vor, dass Eltern zweifeln und sich sogar als „schlechte Eltern“ fühlen, wenn sie Entscheidungen treffen, Regeln aufstellen und durchsetzen müssen.
Was die harte Arbeit, ein Kind zu erziehen, anbelangt, stellen wir uns viele Fragen: Mache ich das richtig? Ist das die richtige Entscheidung? Warum habe ich das Gefühl, dass ich mich falsch entscheide, wenn ich doch davon überzeugt bin, dass es die richtige Entscheidung ist?
Wenn wir uns auf die Suche nach Antworten machen, finden wir unzählige Artikel, Bücher und Ratschläge über die Erziehung von Kindern. Dafür müssen wir Google, die Bibliothekarin unseres Vertrauens oder unseren Freundeskreis befragen. Wir erhalten dann zahlreiche Vorschläge, die aber nicht immer kohärent und angemessen sind.
Was ist eine Grenze und was nicht?
Viele Menschen assoziieren mit dem Wort „Grenze“ etwas Negatives und denken, dass Grenzen zu setzen bedeuten würde, die Meinung des Kindes zu ignorieren. Doch das Konzept der Grenze bedeutet eben nicht, ein Kind zu ignorieren, sondern hat damit zu tun, seine Umwelt zu strukturieren, zu regeln und ihm etwas beizubringen. Eine Grenze setzen heißt nicht, die Stimme zu erheben oder zornig zu werden und zeugt auch nicht von fehlendem Respekt der anderen Person gegenüber.
Zu erziehen, bedeutet, zu Bitten, denen man nicht nachkommen kann oder sollte, nein zu sagen und dem Kind beizubringen, dass es ab und an warten muss, um das zu bekommen, was es möchte, und dass seine Wünsche auch nicht immer in Erfüllung gehen. Das schließt auch mit ein, auf Verhaltensweisen, die es zu korrigieren gilt, Konsequenzen folgen zu lassen und mit den getroffenen Entscheidungen konsequent zu verfahren.
Dafür ist es nicht notwendig, dass die Eltern die Stimme erheben, wütend werden oder ihre Kinder konstant tadeln. Was dem Kind vermittelt werden soll, können wir ruhig, deutlich und ohne zu viele Wiederholungen sagen. Es ist nicht angebracht, Drohungen auszusprechen, die dann doch niemals in die Tat umgesetzt werden.
„Papa, kaufst du mir den Peppa-Wutz-Kuchen?”
Stelle dir vor, du bist in einem Supermarkt und deine Tochter will, dass du ihr den Peppa-Wutz-Kuchen kaufst. Es ist weder der Moment noch die Gelegenheit dafür, diesen Kuchen zu kaufen, und deswegen verneinst du die Bitte. Wegen deiner Antwort nörgelt deine Tochter weiter, beginnt zu weinen und wie Rumpelstilzchen aufzustampfen. In diesem Moment kommt bei dir Scham auf, weil die Leute um dich herum dich anschauen. Du wirst immer verärgerter und damit der Wutanfall endet und du dich nicht weiter mit den Blicken der anderen Kunden auseinandersetzen musst, kaufst du deiner Tochter den Kuchen. Deine Kleine, die jetzt mit ihrem Kuchen glücklich ist, verstummt, du bist nicht mehr beschämt und der Einkauf kann weitergehen.
Diese Situation lässt sich folgendermaßen übersetzen: Eltern geben nach, damit Ruhe ist, dass Kind aufhört, zu weinen, und sie sich nicht mehr schämen müssen. So lernt das Kind, dass es seine Wutanfälle so einsetzen kann, dass es bekommt, was es will.
Auch wenn wir die den Augenblick, in dem sich die Situation ereignet, kontrollieren können, können solche Ausraster auf die Tagesordnung rücken, wenn das Kind so erreicht, was es will.
Patterson und die Falle der negativen Verstärkung
Die Nötigungstheorie von Patterson und seine Falle der negativen Verstärkung erklärt das zuvor gezeigte Beispiel sehr gut und auch, wie es für Eltern weniger anstrengend und kurzfristig einfacher ist, unangemessenen Bitten ihrer Kinder nachzukommen. Auf lange Sicht jedoch wird der Preis dafür wesentlich höher sein, da sich die unangemessenen Verhaltensweisen unerwartet oft wiederholen werden.
Wenn Eltern hinsichtlich eines ungewünschten Verhaltens nachgeben, wie es bei einem Wutanfall, Schlägen oder Drohungen der Fall ist, dann fühlen sich beide Seiten „gut“: Die Eltern schaffen es, dass das Kind Ruhe gibt und sie nicht weiter nervt, während es dem Kind gelingt, zu bekommen, was es möchte.
Die Falle der negativen Verstärkung von Patterson erklärt, wie Eltern im Angesicht eines Wutausbruchs nachgeben und sich dadurch Erleichterung verschaffen, weil der Wutanfall des Kindes aufhört. Auf diese Weise erhöht sich allerdings die Wahrscheinlichkeit, dass Wutausbrüche gezeigt werden.
Auf kurze Sicht scheint es, als würden beide Parteien gewinnen, doch langfristig können die Konsequenzen sehr unangenehm werden. Das Kind lernt, den Erwachsenen durch diese Verhaltensweisen zu manipulieren und wird sie daher öfter anwenden. Die Eltern hingegen werden das Benehmen ihres Kindes irgendwann nicht mehr kontrollieren können, es sei denn, sie geben ihm, was es will.
Die Konsequenzen einer Erziehung ohne Grenzen
Menschen, denen früher keine Grenzen gesetzt wurden, sind normalerweise schnell frustriert, können ihre Gefühle nur schwer kontrollieren und reagieren nicht angemessen auf Regeln und Verpflichtungen. Für gewöhnlich manipulieren sie andere und geben ihnen ein schlechtes Gefühl, damit sie an ihr Ziel kommen.
Ungehorsam, Forderungen stellen, fehlendes Durchhaltevermögen und sich nicht anstrengen wollen, fehlende Geduld, kein Sinn für Zusammenarbeit, Verhaltensprobleme, Aggressionen oder sogar die Zerstörung von Gegenständen sind nur einige der Probleme, die auftreten können, wenn keine Grenzen gesetzt werden.
Verhaltensstörungen wie dem Oppositionellen Trotzverhalten oder Verhaltensauffälligkeiten, die sich durch eine konstante Auflehnung und Regelverstöße auszeichnen, liegt oft eine grenzenlose Erziehung zugrunde, in der das Kind den Ton angibt, befiehlt und entscheidet.
Wenn du nicht erziehst, wer denn dann?
Die Psychologin Teresa Rosillo sagte vor Kurzem in einem Interview: „Wir haben vergessen, den Kindern zu sagen, dass die Eltern den Ton angeben.“ In vielen Haushalten hat das Kind das letzte Wort und es sind die Erwachsenen, die ihre Pläne und Routinen an die Forderungen und Launen des Kindes anpassen.
Es sind die Eltern, und nicht andere Einrichtungen oder Menschen, die die Pflicht haben, ihre Kinder zu erziehen. Das bedeutet, ihnen zuzuhören, ihnen zu zeigen, was richtig und falsch ist, und Dinge zu sagen wie: “Nein, darüber haben wir schon gesprochen,“ oder, „du musst kurz warten.“ Kinder müssen auch Frust kennenlernen und Eltern müssen ihren Kindern beibringen, mit diesem Gefühl umzugehen. Erziehung ist keine einfache Aufgabe, aber wenn die Eltern sich nicht darum kümmern, wer dann?