Kinder einer depressiven Mutter
Der Mensch ist zu einem großen Teil das Ergebnis von Umwelteinflüssen. Die Personen, die sich in den ersten Jahren unseres Lebens um uns kümmern, spielen eine entscheidende Rolle darin, wer wir später sein werden. Sie hinterlassen eine unauslöschliche Spur in uns. Daher gibt es bestimmte Merkmale, in denen sich die Kinder einer depressiven Mutter von anderen Menschen unterscheiden.
Einige Studien haben bewiesen, dass das Gehirn der Kinder von Müttern, die an einer psychischen Störung leiden, Unterschiede zu denen anderer Kinder aufweist. Ihre Amygdala ist größer, obwohl die neurophysiologische Ursache dafür noch nicht bekannt ist. Auch das Ausmaß der Folgen, die auftreten können, ist noch nicht hinreichend erforscht. Es wurde nur beobachtet, dass es sich um einen Zustand handelt, der bei Kindern mit affektiver Deprivation auftritt. Der Einfluss einer depressiven Mutter ist so groß, dass er darüber hinaus auch körperliche Spuren hinterlässt.
“Depressionen sind wie ein Gefängnis, in dem du sowohl der Gefangene als auch der grausame Gefängniswärter bist.”
Dorthy Rowe
Die depressive Mutter und ihre Umgebung
Obwohl es nicht üblich ist, ist es durchaus möglich, dass manche Mütter eine depressive Episode erfahren, nachdem sie ein Baby bekommen haben. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte postpartale Depression. Dies liegt zum Teil an den hormonellen Veränderungen, die mit der Mutterschaft verbunden sind. Doch auch eine Art Aktualisierung der Bindung, die die Mutter zu ihren Eltern hatte, spielt eine Rolle. Wenn diese nicht positiv war, verstärkt sich die Traurigkeit.
Üblicherweise verschwindet eine postpartale Depression nach relativ kurzer Zeit wieder. Wenn jedoch weitere Probleme dazukommen, kann sich die Traurigkeit ausbreiten und vertiefen. So entsteht das Phänomen der depressiven Mütter als Folge der Geburt des Kindes. Betroffene waren vielleicht bereits vor der Schwangerschaft depressiv, doch ist dies keine Voraussetzung für die Entwicklung einer postpartalen Depression.
Natürlich können Depressionen bei Müttern nicht nur dann auftreten, nachdem sie ein Kind bekommen. Dieser Zustand kann jederzeit im Laufe des Lebens erreicht werden. Entscheidende Auswirkungen auf das Wohlbefinden des Kindes hat er jedoch in kritischen Momenten, wie in den ersten Lebensjahren oder in der Pubertät.
Die Rolle des Kindes während der Depression
Zu manchen Gelegenheiten gibt die depressive Mutter ihren Kindern die Rolle eines “Balsams”. Das bedeutet, dass sie ihnen die Aufgabe zuweist, ein Trost für ihre Traurigkeit zu sein. Die Kinder werden zu einer Oase des Wohlbefindens, inmitten der Dürre der affektiven Welt der Mutter.
Es ist möglich, dass dies in der Tat von Vorteil für die depressive Mutter ist. Die Konsequenzen für das Kind können jedoch auf lange Sicht negativ sein. Unbewusst lernt das Kind, eine Rolle zu spielen, die eigentlich nicht seine ist. Es lernt, sich um seine Mutter zu kümmern statt umgekehrt. Mit anderen Worten, verinnerlicht es die Pflicht, die Bedürfnisse seiner Bezugsperson zu beachten und verzichtet dafür auf seinen eigenen Prozess der Individualisierung.
Zu anderen Gelegenheiten empfindet die depressive Mutter ihr Kind nicht als Trost, sondern als Last. Dies geschieht vor allem nach Schwangerschaften, die nicht aktiv gesucht wurden. Diese Frauen versuchen meist, ihre Präsenz im Leben des Kinder zu minimieren und ihren Ausdruck von Zuneigung einzuschränken. Sie weichen dem Baby aus und versuchen, seine Bedürfnisse zu ignorieren. Dies erzeugt bei dem Kind ein Gefühl der Fremdheit und große Schwierigkeiten, seiner eigenen Existenz Bedeutung zu geben.
Die depressive Mutter und Teenager
Die Pubertät ist eine weitere sensible Phase, in der die Anwesenheit einer depressiven Mutter nachteilige Auswirkungen haben kann. Es kommt häufig vor, dass die Depressionen der Mutter mit der des Kindes konkurrieren, was zu einer Kette von Fehlern und Schuld führt. Die Ergebnisse dieser Interaktion sind unvorhersehbar.
Einige Jugendliche verwandeln die Verbindung zu ihrer depressiven Mutter in ein Schlachtfeld. Dort gibt es meist keinen Platz für einen Waffenstillstand. Normalerweise ergibt sich daraus eine Folge von Verwundungen auf beiden Seiten. Es kommt häufig vor, dass diese dramatischen Szenarien, welche über viele Jahre andauern können, in übertriebener und unüberwindbarer Entfernung gipfeln.
Es gibt auch Fälle von Kindern, die aufgrund von Unsicherheit oder übermäßiger Abhängigkeit akzeptieren, von der depressiven Mutter beschuldigt zu werden. Sie entscheiden sich also, diesen unergründlichen Schmerz zu reparieren, den sie in ihrer Mutter wahrnehmen. So wird die Abhängigkeit zur Symbiose und verewigt sich mit der Zeit. Die Nabelschnur bleibt sozusagen bestehen, bis hin zum Tod.
Eine depressive Mutter kann psychologisch oft nicht verfügbar sein, um die emotionalen und manchmal auch körperlichen Bedürfnisse ihrer Kinder voll zu befriedigen. Also, eines der besten Dinge, die sie für sich selbst und ihre Kinder tun kann, ist, ihre Depression professionell behandeln zu lassen. Sonst wird es nicht nur für sie schwieriger, die Mutterschaft zu genießen, sondern sie läuft auch Gefahr, den Kindern langfristige Schäden zuzufügen.