Hürden als Chancen sehen
“Die Taube protestiert gegen die Luft, ohne sich darüber im Klaren zu sein,
dass nur allein die Luft ihr das Fliegen ermöglicht.”
Johann W. von Goethe
Um sich weiterzuentwickeln, muss man im Leben Hürden nehmen und Mauern bezwingen. Manchmal sind Umstände und Zeit dabei unsere größten Gegner und wir fühlen uns gezwungen, Hürden zu bezwingen, die uns an unsere Grenzen bringen. Doch kritische Situationen haben auch etwas Gutes an sich: Wenn es uns gelingt, ein Hindernis zu überwinden, dann wird uns bewusst, wozu wir tatsächlich in der Lage sind – und wir sind zu Vielem in der Lage – und so streben wir dann nach mehr.
Höher, besser, schwieriger, anstrengender, reizvoller, aufregender. Wir versuchen, über uns hinauszuwachsen, weil das Leben Großartiges für uns bereit hält.
Und was zu Beginn der reine Überlebenswille oder ein geplanter Weg ist, um ein Ziel zu erreichen, wird letztendlich zu einer Lebensart. Wir haben nur noch das Ziel vor Augen, ohne uns an den Mitteln und Maßnahmen zu erfreuen, die uns dort hin führen. Eine kilometerlange Strecke voller Opfer, die wir lassen, und voller Bemühungen, die Träume und Phantasien wahr werden lässt.
Doch am Ende hat all das zur Folge, dass wir das Erreichte nicht zu schätzen wissen, weil wir doch immer nach dem noch Besseren und Schwierigeren streben. Wir denken, dass nur das allein der einzige Ausweg für unsere Situation und der Weg zu unserem Glück sei.
Unsere Gesellschaft lebt uns immer noch vor, dass es positiv ist, eigenwillig zu sein, und es unser Ziel sein sollte, uns selbst stets zu verbessern. Im ständigen Wettstreit mit sich selbst zu sein, zu wachsen und sich zu weiterzuentwickeln ist für uns Menschen die normalste Motivation, die es gibt. Dieses Ziel verfolgen wir so lange, bis daraus, wie in der Metapher, ein Glas wird, das trotz dem Schweiß, den wir für dieses Erstreben vergießen, nicht voll werden will. Bis wir im Ziel angekommen sind, verspüren wir schon gar keine Emotionen mehr dafür, weil die ganzen “Aber” uns den Spaß an der Freude dabei nehmen.
Ist es also unmöglich, eigenwillig und gleichzeitig glücklich zu sein?
Sich ständig zu wünschen, dass die Dinge anders verlaufen, erschwert es wesentlich, sie so wahrzunehmen, wie sie uns passieren. Das führt dann dazu, dass wir uns immer stärker einen anderen Ausgang unserer Situationen wünschen. Wir befinden uns dann im einem Teufelskreis, in dem wir unaufhörlich Änderungen herbeisehnen, aber uns selbst keine Zeit nehmen, um uns darüber klar zu werden, was sie mit unserem Leben anrichten.
Wir steigen auf der Leiter der Unzufriedenheit immer weiter nach oben und ignorieren, was Schritt für Schritt mit uns geschieht. Wir möchten uns dabei selbst weismachen, dass wir uns nur so lange so fühlen werden, bis wir ein paar Meter mehr erklommen haben.
Doch wir behalten dabei nicht recht. Die Hürden am Ende bezwungen zu haben, macht uns nicht glücklicher. Aber zu akzeptieren und schätzen zu lernen, was wir haben oder was wir am Ende erreicht haben – das ist der Weg zum Glück.
Wir überzeugen uns selbst davon, dass das Glück gleich hinter der nächsten Hürde wartet, aber das Leben besteht aus Hindernissen und das Glück ist der Weg und nicht das Ergebnis.
Um eine Hürde als Chance anzusehen und um unser Glück zu finden, müssen wir nur unsere Einstellung und Sichtweise auf das Leben ändern. Wenn wir ganz am Anfang eines Weges stehen, dann müssen wir bis zum Ziel noch weit laufen. Aber wenn wir uns selber verrückt machen, weil wir nicht aufhören, daran zu denken, was wir eigentlich wollen, dann wird der Weg immer länger und länger.
Eines Tages blickst du auf diesen Lebensweg zurück und kannst stolz darauf sein, welche Hürden du in deinem Leben alle schon gemeistert hast. Doch du wirst dich nicht an die Schlaglöcher erinnern, über die du fahren musstest; an die Kraft, die du durch diese Hindernisse gewonnen hast oder an die Mittel und Wege, die du gefunden hast, um über diese Schlaglöcher hinwegzufahren.
Wir hangeln uns im Leben von einem Ziel zum nächsten und machen uns viel zu viele Sorgen darüber, welchen persönlichen Erfolg wir als nächstes erringen. Doch unsere Lebensaufgabe sollte es sein, unser Glück zu finden und festzuhalten.
Lenke deinen Blick auf das Wichtige im Leben und sei ehrgeizig; finde zu dir selbst und mach das Bestmögliche aus dir; aber denke immer daran, dass sich das leere Glas nicht durch Errungenschaften und Trophäen füllt, sondern durch Versuche, Emotionen, Niederlagen und die persönliche Zufriedenheit.
Beweis dir selbst etwas – aber das sollte nicht deine Lebensaufgabe sein. Und warte nicht auf die richtigen Umstände und den richtigen Zeitpunkt, denn so verschwendest du nur deine Zeit und wartest vielleicht vergebens auf sie.