Friedrich Nietzsche und der Wille zur Macht

Erfahre mehr über Friedrich Nietzsche und seine philosophischen Gedanken zum Thema der Wille zur Macht.
Friedrich Nietzsche und der Wille zur Macht
Laura Llorente

Geschrieben und geprüft von der Philosophin Laura Llorente.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Friedrich Nietzsche war neben Sigmund Freud und Karl Marx einer der bedeutendsten Philosophen des 19. Jahrhunderts. Oftmals werden diese Denker als “Philosophen des Misstrauens” bezeichnet, weil sie danach strebten, die Falschheit und Lügen aufzudecken, die sich hinter den aufgeklärten Werten der Vernunft und Wahrheit verbargen.

Insbesondere Nietzsche sprach über den Willen zur Macht. Mit seinen Gedanken zu diesem Thema wollen wir uns in unserem heutigen Artikel näher befassen.

Nach Nietzsche ist das Problem der westlichen Kultur ihr Bestreben, alle Aspekte des Lebens rational zu gestalten und zu erklären. Seit den Anfängen der westlichen Kultur in Griechenland verkörperte die Rationalität immer eine gewisse Dekadenz. Alles, was den Werten der instinktiven und biologischen Existenz der Menschen entgegensteht, ist dekadent.

Um Nietzsches Philosophie besser verstehen zu können, ist es wichtig zu wissen, dass er Platon sehr stark kritisiert hat, welcher die Welt der Ideen postulierte. Seine Philosophie lehnt diese metaphysischen Fallen ab: die rationale Welt, die moralische Welt und die religiöse Welt.

Das fundamentale Prinzip von Nietzsches Theorie ist das Konzept des Lebens. Damit wir besser verstehen können, was er unter dem Begriff “Leben” verstand, sollten wir uns stets an seine strikte Ablehnung der rationalen Welt Platons erinnern.

Nietzsche und das Konzept des Lebens

Für den deutschen Philosophen bestand das Leben aus zwei grundlegenden Prinzipien: dem Prinzip der Erhaltung und dem Prinzip des Wachstums.

Er stellte fest, dass es Leben nur gibt, wenn es sich selber erhält. Natürlich entsteht die Fähigkeit zum Erhalt durch fortlaufende Bewegung und das Bedürfnis nach Ausdehnung und Wachstum. Wenn das, was wir erhalten, keine Ausdehnung erfährt, dann wird es sterben.

Das Leben kann sich durch alles, was uns am Leben erhält, selber ausdehnen und erweitern. All dieser Lebensraum und seine Prinzipien sind das, was uns als Menschen ausmacht. Und genau das ist es auch, was unter dem Willen zur Macht verstanden wird.

Nietzsche - Foto

Der Wille zur Macht bei Nietzsche

Der Wille zur Macht bezieht sich auf die Entwicklung des Lebens. Letztendlich kann das Leben selbst als Wille zur Macht angesehen werden, da das Leben sich das erobert, wonach wir streben. Gleichzeitig unternimmt das Leben Anstrengungen dafür, damit wir das bekommen, was wir wollen und das beherrschen können, was wir besitzen.

Der Wille zur Macht ist Leben, dass sich zum Horizont hin ausweitet, wo wir all das finden und bekommen können, was wir begehren. Daher will das Leben all die Dinge ausdehnen und erweitern, die es bereits besitzt. Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass der Wille zur Macht sich selber lieben muss, bevor er etwas anderes anstrebt. Nur auf diese Weise will das Leben das, was es bereits hat, erweitern, um gleichzeitig das erhalten zu können, was es bereits besitzt.

Stelle dir vor, du möchtest dir ein Auto kaufen. Allerdings hast du momentan nicht genug Geld dafür. Die Aufrechterhaltung dieses Wunsches wird nur dann möglich, wenn du dich darum bemühst, deine Ersparnisse zu vergrößern, um damit dein neues Auto bezahlen zu können.

Wenn du allerdings nichts unternimmst, um dieses Ziel zu erreichen, dann wird dein Wunsch irgendwann verschwinden. Weder der Wunsch noch die Motivation, diesen zu erfüllen, wird dann Bestand haben.

Der Wille zur Macht will sich selber erhalten

Sobald der Wille zur Macht sich selber erhalten will, wird er automatisch verstehen, dass er das nicht nur dadurch erreichen kann, dass er alles, was er bereits besitzt, bewahrt. Vielmehr muss er sich neue Horizonte erschließen und neue Gebiete erobern, um sich wirklich selber erhalten zu können.

Der Wille zur Macht ist absichtsvoll und bezieht sich auf das ganze Leben, denn das ist der einzige Ort, an dem du das bekommen kannst, was du haben und erreichen willst. Die treibende Kraft ist hierbei die Bewegung; durch diese Bewegung gibt es keinen Stillstand, es besteht ein kontinuierlicher Drang nach Erweiterung.

Nach Nietzsches Auffassung werden wir sterben, wenn wir uns mit dem zufrieden geben, was wir im Moment haben und uns nicht weiter darum bemühen, es zu entwickeln und zu erweitern. Der Tod ist hier in einem metaphorischen Sinn zu verstehen und soll ausdrücken, dass unser Wille zur Macht in diesem Fall quasi zum Stillstand kommt.

Wo liegt denn dann die Wahrheit? Für diesen deutschen Philosophen ist das ganz klar. Die Wahrheit liegt in dem Willen zur Macht eines jeden Individuums. Er sieht eine sehr enge Verbindung zwischen Wahrheit und Macht.

Nietzsche - transparente Gehirne

Die wirkliche Wahrheit

Stelle dir vor, dass ein Medienunternehmen morgens eine Nachricht publiziert. Alle anderen Medienunternehmen werden sich dem anschließen und jede Gesellschaft wird über die Geschichte aus ihrer ideologischen Perspektive berichten. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass jeder Mensch das als “die Wahrheit” erachtet, was am besten mit seiner eigenen Vorstellung und Ideologie übereinstimmt.

Stelle dir weiterhin vor, dass durch die unterschiedlichen Versionen dieser Geschichte eine Kontroverse darüber entsteht, was denn nun die eigentliche Wahrheit sei. Daher kommen in der Nacht Vertreter der verschiedenen Medienunternehmen zusammen und beraten darüber, was tatsächlich geschehen ist.

Offensichtlich werden verschiedene Wahrheiten aufeinander treffen, da sie alle nur Interpretationen der Fakten darstellen. Genau jetzt können kritische Geister verstehen, dass die Wahrheit die Tochter der Macht ist.

Dadurch wird offensichtlich, dass die Macht stets die hegemoniale Wahrheit unterstützen wird. Der Grund hierfür ist der, dass diese Wahrheit ein machtvoller Ausdruck eines Willens ist, der sich erweitern will, um sich dadurch selber zu erhalten. Denke beispielsweise an totalitäre Regimes, deren Wahrheit die Wahrheit war.

Für Nietzsche war jeder Wille zur Macht, der nicht die Absicht hatte, sich auszuweiten, um sich dadurch selber zu erhalten, ein wertloses Leben: genau das verstehen wir unter Nihilismus (der Begriff Nihilismus kommt aus dem Lateinischen, ist ein undefiniertes Pronomen und bedeutet nichts).


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