Filialtherapie für ein besseres Familienklima

Die Filialtherapie stärkt die Bindung zwischen Kindern und Eltern und gibt den primären Bezugspersonen Ressourcen an die Hand, um Probleme zu lösen.
Filialtherapie für ein besseres Familienklima
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 14. Mai 2023

Die Filialtherapie gibt den Eltern Werkzeuge an die Hand, um die Beziehung zu ihrem Kind zu verbessern und als therapeutischer Facilitator mögliche Probleme zu lösen. Bei diesem Therapieansatz werden die nächsten Bezugspersonen angeleitet, um ihre Angehörigen zu therapieren und gleichzeitig als Vorbild für adäquates Verhalten zu dienen.

Die Filialtherapie geht davon aus, dass jedes Kind nach Selbstverwirklichung strebt. Sie ermöglicht es den Eltern, durch eine enge Beziehung, empathisches Verstehen und verschiedene Werkzeuge, die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes zu fördern und mögliche Konflikte zu lösen, ohne Psychologen oder Therapeuten im traditionellen Sinne zu benötigen.

Bernard und Louise Guerney entwickelten diesen Ansatz in den 1960er-Jahren. Das Psychologenpaar war führend auf dem Gebiet der Spieltherapie, auf welche die Filialtherapie aufbaut. Die Idee dahinter ist, die primären Bezugspersonen zu therapeutischen Akteuren zu machen. Mit den richtigen Ressourcen können sie ihre Kinder stärken und ihnen spielend helfen. Erfahre nachfolgend Interessantes über diese Methode.

Filialtherapie: Ressourcen für die primären Bezugspersonen

Das Spiel ist für Kinder ein Ausdrucks- und Kommunikationsmittel. Sie erkunden damit ihren natürlichen Lebensraum und treten mit ihrer Umwelt in Kontakt. Es bietet außerdem die perfekte Möglichkeit, Kinder besser kennenzulernen und ihnen Idee und Werte zu vermitteln.

Deshalb nutzen Fachkräfte, die mit Kindern arbeiten, das Spiel als Technik zur Beurteilung, Diagnose und Intervention. Schaefer (2012) bezieht sich auf VanFleet¹ und weist darauf hin, dass die Filialtherapie bestimmte Besonderheiten aufweist: 

  • Die primären Bezugspersonen sind die therapeutischen Akteure. Das heißt, Väter und Mütter leiten die Spielsitzung mit ihren Kindern.
  • Der Therapeut spielt die Rolle des Erziehers oder Trainers. Die Eltern erhalten Anweisungen und Ressourcen, um die Therapie selbst durchführen zu können.
  • Die Spielsitzungen finden zu Hause statt. Dabei wenden die Eltern alle erlernten Techniken an und übertragen sie auf andere Alltagssituationen.
  • Diese Spielsitzungen können auch nach dem Ende der Therapie fortgesetzt werden. Es ist ein Moment des Vergnügens und der Verbindung zwischen Kindern und Erwachsenen.
  • Die Atmosphäre, die während der Spielsitzungen entsteht, ist an sich schon therapeutisch. Mit anderen Worten: Der sichere Raum der Kommunikation, die Akzeptanz und das Einfühlungsvermögen haben einen Nutzen, der über die zu erreichenden konkreten Ziele hinausgeht.

Die Filialtherapie in der Praxis

Die Filialtherapie umfasst drei verschiedene Phasen, die wir anschließend kurz erklären.

Mutter und Tochter in der Filialtherapie
Die Eltern erhalten Ressourcen, um die Therapietechniken in ihrem täglichen Leben mit ihren Kindern anzuwenden. 

1. Schulung der primären Bezugsperson

In der ersten Phase treffen sich die Eltern mit dem Therapeuten oder der Therapeutin und stellen ihren Fall vor. Die Fachkraft beurteilt die Familiendynamik und die Art und Weise, wie die verschiedenen Familienmitglieder miteinander umgehen. Danach folgt die Psychoedukation. Dabei geht es darum, die Eltern über Erziehungsstile und die jeweilige Therapie zu informieren.

Die primären Bezugspersonen erhalten eine Schulung in grundlegenden Fähigkeiten und Techniken, die sie in den Spielsitzungen anwenden können. Außerdem führt die Fachkraft mit dem Kind eine Spielsitzung durch, die die Eltern beobachten können. Danach übernehmen die Eltern die Leitung der Sitzungen, während die Therapeutin oder der Therapeut die Sitzung beobachtet und beaufsichtigt.

Danach erhalten die primären Bezugspersonen Feedback, um sich verbessern zu können.

2. Spielsitzungen zu Hause

Sobald sich die Eltern sicher fühlen, die Therapie allein durchzuführen, beginnen sie mit den Spielsitzungen zu Hause. Diese werden jeweils mit einem Elternteil und einem Kind durchgeführt, sodass die Zuwendung persönlich und qualitativ hochwertig ist. Die Fachkraft verfolgt die Fortschritte in diesem Prozess.

3. Übertragung auf andere Kontexte

Die Fachkraft hilft den Eltern schließlich, das Gelernte auf andere Kontexte zu übertragen. Die grundlegenden Fähigkeiten, die in der Filialtherapie eingesetzt werden (u.a. emphatisches Zuhören, fantasievolles Spielen und Grenzen setzen), sind auch in anderen Situationen des Familienalltags nützlich.

Ein in der Fachzeitschrift Australian and New Zealand Journal of Family Therapy veröffentlichter Artikel betont, dass diese Art der Therapie den Eltern ein Gleichgewicht zwischen Akzeptanz und Grenzen ermöglicht.

In der letzten Phase haben die Eltern die Möglichkeit, sich mit anderen Eltern zu treffen, die ebenfalls die Filialtherapie praktizieren. Sie können Erfahrungen und Eindrücke austauschen und ihr Wissen vertiefen.

Die Vorteile der Filialtherapie

Die Filialtherapie ist für viele Familien perfekt, um in den Genuss der Vorteile zu kommen, die in einem Artikel des International Journal of Play Therapy (2015) wie folgt beschrieben werden:

  • Sie bietet Kindern einen sicheren Rahmen, um sich auszudrücken und mit ihren Eltern über ihre innere Welt, ihre Sehnsüchte, Ängste oder Wünsche zu sprechen.
  • Die Filialtherapie stärkt die Bindung zwischen Eltern und Kindern und verbessert die Zuhör- und Kommunikationsfähigkeiten.
  • Außerdem hilft sie dem Kind, sich umsorgt und berücksichtigt zu fühlen, was Selbstwertproblemen oder Verhaltensstörungen vorbeugen kann.
  • Generell hilft diese therapeutische Methode Erwachsenen und Kindern, verschiedene Lösungs- und Kommunikationsfähigkeiten zu üben und zu lernen, wie man mit frustrierenden Situationen umgeht.

Die Filialtherapie ist für alle Familien, die ihre Bindung stärken möchten, und auch für Risikogruppen geeignet, um Empathie und Kommunikation zu verbessern oder spezifische Probleme zu lösen. Eine von der American Psychological Association (2005) veröffentlichte Übersichtsarbeit berichtet, dass die Filialtherapie auch bei affektiven und Angststörungen, Verhaltensproblemen, Lernstörungen und Traumaerfahrungen erfolgreich zum Einsatz kommt.

Familie in der Filialtherapie
Dieser therapeutische Ansatz wird für Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren empfohlen.

Abschließende Empfehlungen

Wenn du das Gefühl hast, dass die Filialtherapie eine gute Option für dich und deine Familie sein könnte, gibt es ein paar Überlegungen, die du beachten solltest. Zunächst einmal handelt es sich um eine relativ kurze Methode, die in der Regel 15-20 Sitzungen in einem Zeitraum von 3 bis 6 Monaten erfordert.

Sie ist für Kinder im Alter von 3 bis 12 Jahren gedacht. Vor diesem Alter ist das Kind aufgrund seines Reifegrads noch nicht in der Lage, sich angemessen am fantasievollen Spiel zu beteiligen. Jenseits dieses Alters ist es besser, sich für konversationelle Interventionen zu entscheiden.

Die Filialtherapie fördert das freie Spiel. Das Kind gibt das Tempo vor und die Bezugsperson folgt ihm. So kann sich das Kind selbst ausdrücken, sich entwickeln, Kontakte knüpfen und Veränderungen bewirken. Wenn du an dieser Technik teilnehmen möchtest, wende dich an einen Therapeuten oder an eine Therapeutin, die auf Kinder spezialisiert ist und Erfahrung in der Spieltherapie hat.

▶ Lese-Tipp

  1. Child-Centered Play Therapy, Risë VanFleet, Andrea E. Sywulak, Cynthia Caparosa Sniscak, Guilford Pubn 2010
  2. Familien spielend helfen: Mit der Filialtherapie elterliche Ressourcen stärken, Herbert Goetze, Beltz Juvena 2013

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