Facial-Feedback-Hypothese: Wechselwirkung von Gesichtsausdruck und Emotionen
Die Embodiment-Forschung untersucht das Zusammenspiel von Körper und Geist. In diesem Kontext wird auch über die Facial-Feedback-Hypothese geforscht, die davon ausgeht, dass sich Gesichtsausdruck und Emotionen wechselseitig beeinflussen. Dass sich Emotionen in unserem Gesicht ausdrücken, ist offensichtlich. Doch diese Hypothese besagt, dass die Mimik auch unsere emotionalen Empfindungen verändern kann. Wenn du lächelst, fühlst du dich glücklicher.
Es gibt eine ganz einfache Übung, mit der du dich selbst davon überzeugen kannst: Nimm einen Bleistift quer zwischen die Zähne und schiebe dabei deine Mundwinkel nach oben. Du musst den Bleistift so weit nach hinten schieben, dass sich die Muskeln im Augenbereich anspannen, so als ob du auf natürliche Weise lächeln würdest. Mit dieser Übung kannst du dein Gehirn positiv stimmen. Du möchtest wissen, warum das so ist? Lies weiter, wir erklären dir Interessantes über dieses erstaunliche Phänomen.
Facial-Feedback-Hypothese: kurzer Rückblick in die Geschichte
Charles Darwin veröffentlichte 1873 sein Werk The Expression of the Emotions in Man and Animals¹, in dem er die adaptive Rolle der Emotionen betonte. Er war der Erste, der empirische Beobachtungen zur Untersuchung von Emotionen einsetzte und sich dabei auf wissenschaftliche Methoden stützte. Der britische Naturforscher war davon überzeugt, dass die Intensität der Gefühle durch das Verstärken oder Reduzieren des Gesichtsausdrucks reguliert wird.
Die Psychologen William James und Carl Georg Lange entwickelten fast zur gleichen Zeit die Idee, dass Gefühle nur Begleiterscheinungen körperlicher Vorgänge sind. Dementsprechend lösen körperliche Reaktionen bestimmte Emotionen. Heute ist diese Theorie als James-Lange-Theorie bekannt.
In den 1960er- und 1970er-Jahren widmeten sich Tomkins, Plutchik, Ekman und Izard der Erforschung der Wechselwirkung zwischen Emotionen und Gesichtsbewegungen. Sie versuchten, Darwins Theorien zu bestätigen und weiterzuentwickeln. Der US-amerikanische Philosoph und Psychologe Silvan Tomkins bezeichnete Emotionen als Muster körperlicher Reaktionen im Gesicht. Er stellte 1962 die Hypothese auf, dass die Mimik unsere eigenen Emotionen und die anderer steuern kann, da Gesichtsbewegungen eine direkte sensorische Rückmeldung an das Gehirn liefern.
Facial-Feedback-Hypothese: Wie wirkt sich die Mimik auf unsere Emotionen aus?
Wie bereits ausgeführt, bezieht sich die Facial-Feedback-Hypothese auf die Wechselwirkung zwischen Emotionen und Gesichtsausdruck. Tourangeau und Ellsworth (1979) schlugen vor, dass die emotionale Modulation durch Propriozeption vermittelt wird. Der Psychologe Carroll Izard² erklärte die Theorie des Facial-Feedback wie folgt: Jede Emotion ist ein bewusster Gefühlszustand, der durch seine neurobiologische Aktivität mit bestimmten Ausdrucksmustern (Gesichtsausdrücken) im Zusammenhang steht.
Das Stift-Experiment
Am Anfang des Artikels haben wir dich eingeladen, deine Stimmung mit der Stift-Übung zu verbessern. Fritz Strack führte 1988 gemeinsam mit Leonard Martin und Sabine Stepper an der Universität Mannheim ein Experiment durch, das belegt, dass diese Übung funktioniert. Alle Versuchsteilnehmer wurden aufgefordert, die Stift-Übung auszuführen, während ihnen Cartoons von Gary Larson gezeigt wurden.
Eine Gruppe (Zähne-Bedingung) erhielt die Anweisung, den Stift so mit den Zähnen zu halten, dass er die Lippen nicht berührte. Dies führt zur Kontraktion des Musculus zygomaticus major und des Musculus risorius, die beim Lächeln aktiv werden.
Eine andere Gruppe erhielt die Aufgabe, den Stift nur mit den Lippen zu halten (Lippen-Bedingung), was zur Kontraktion des Musculus orbicularis oris führt, der das Lächeln hemmt. Die Kontrollgruppe sollte den Stift verwenden, um Aufgaben mit der nicht dominanten Hand zu bearbeiten. Danach wurden alle Teilnehmer aufgefordert, einzuschätzen, wie lustig die Comics von Gary Larson sind.
Die Versuchspersonen aus der Gruppe der Zähne-Bedingung bewerteten die Cartoons als überdurchschnittlich lustig. Die Gruppe der Lippen-Bedingung erzielte jedoch schlechtere Resultate als die Kontrollgruppe. Mit diesem Experiment zeigten die Wissenschaftler nicht nur, dass ein unterdrücktes Lächeln schlechtere Laune macht, sie bestätigten die Facial-Feedback-Hypothese: Verstärkende oder inhibitorische Mechanismen (Gesichtsausdruck) beeinflussen unsere Emotionen.
Macht Botox glücklich?
Neuere Studien beschäftigen sich mit den Auswirkungen von Botox auf die Stimmung: Bei Depressionen ist der Musculus corrugator supercilii, den Charles Darwin als “Trauer-Muskel” bezeichnete, überaktiv. Dieser Muskel, der auch Stirnrunzler genannt wird, bewegt die Augenbrauen. Der Psychiater Marc Axel Wollmer stellte in seinen Forschungen fest, dass sich eine Botox-Behandlung zur Auffüllung der Stirnfalten positiv auf die Stimmung auswirken kann, da sie den Stirnrunzler lähmt. Gefühle wie Angst oder Traurigkeit sind nach der Behandlung weniger intensiv. Wäre es möglich, Depressionen einfach wegzuspritzen?
Im Bereich der Emotionen könnte Botox auch negative Auswirkungen haben, da die Lähmung bestimmter Gesichtsbereiche den Gefühlsausdruck hemmt und deshalb das Feedback nicht möglich ist. Außerdem wird dadurch die empathische Kommunikation erschwert. Weitere Forschungen sind auf jeden Fall nötig, um die genauen Auswirkungen abschätzen zu können.
Facial-Feedback-Hypothese: Fazit
In den vergangenen Jahren haben 17 Forscherteams das Experiment von Strack wiederholt, um es zu überprüfen. Sie konnten allerdings keinen deutlichen Unterschied in den verschiedenen Versuchsgruppen feststellen. Die Ergebnisse der Originalstudie konnten also nicht bestätigt werden.
Diese Forscherteams, wie beispielsweise der Psychologe und Mathematiker Eric-Jan Wagenmakers, zeichneten ihre Studie mit einer Kamera. Die Wissenschaftler Tom Noah, Yaacov Schul und Ruth Mayo wiederholten die Studie einmal mit und einmal ohne Kamera. Bei der Gruppe, die nicht gefilmt wurde, konnten sie das Facial Feedback bestätigen, bei der anderen Gruppe nicht. Sie gelangten dehalb zu dem Schluss, dass die Videokamera die Teilnehmer hemmt, da sie sich an externe Erwartungen anpassen. Dieses Wissenschaftlerteam argumentiert, dass die Ergebnisse der 17 Forscherteams von der Originalstudie abweichen, da alle Videokameras zur Aufzeichnung verwendeten.
Es handelt sich auf jeden Fall um ein faszinierendes Thema, das noch genauer erforscht werden muss.
Literaturempfehlung
- The Expression of the Emotions in Man and Animals, Charles Darwin, Harper Perennial 2009
- Die Emotionen des Menschen. Eine Einführung in die Grundlagen der Emotionspsychologie, Carroll Izard, Beltz PVU 1999
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Izard, Carroll E. (1979). The maximally discriminative facial movement coding system (MAX). Newar. Instructional Resources Center, University of Delaware.
- Tourangeau, R. & Ellsworth, P. (1979). The role of facial response in the experience of emotion. Journal of Personality and Social Psychology, 37 (9), 1519–1531. https://psycnet.apa.org/record/1981-00499-001
- Real Academia Española. Propiocepción. https://dle.rae.es/propiocepci%C3%B3n?m=form
- Strack, F., Martin, L. L., & Stepper, S. (1988). Inhibiting and facilitating conditions of the human smile: A nonobtrusive test of the facial feedback hypothesis. Journal of Personality and Social Psychology, 54(5), 768–777. https://psycnet.apa.org/doiLanding?doi=10.1037%2F0022-3514.54.5.768&utm_source=yxnews&utm_medium=desktop&utm_referrer=https:%2F%2Fyandex.com%2Fnews