Die versteckten Nachteile von Belohnungen

Die versteckten Nachteile von Belohnungen
Sara Clemente

Geschrieben und geprüft von der Psychologin und Journalistin Sara Clemente.

Letzte Aktualisierung: 24. April 2023

Wenn du jemanden bewusst belohnst, tust du dies mit der Absicht, bestimmte Verhaltensweisen oder Einstellungen zu verstärken. Dies gilt insbesondere für Kinder. Es gibt jedoch versteckte Nachteile von Belohnungen, derer wir uns bewusst sein sollten. Denn wenn du auf Belohnung basierte Motivation einsetzt, untergräbst du letztendlich die intrinsische Motivation, die dein Gegenüber für das gewünschten Verhalten aufbringt.

Dieser Beitrag versucht, zu erklären, warum Menschen kreativer sind, wenn sie aus reinem Vergnügen zeichnen oder schreiben, als wenn sie es für einen Preis oder materiellen Gewinn tun. Mit anderen Worten, wir haben es mit einem Paradox zu tun: Externe Belohnungen verringern langfristig das Verhalten, das verstärkt werden soll.

Intrinsische und extrinsische Motivation

Um die nachteiligen Auswirkungen von Belohnungen zu erklären, müssen wir den Unterschied zwischen beiden Arten der Motivation verstehen. Intrinsisch motiviertes Verhalten ist das, was wir spontan, aus Freude am Tun oder aus persönlichem Interesse zeigen. Es umfasst Aktivitäten, denen wir in Abwesenheit jeglicher Art von Belohnung, Anreiz oder externer Kontrolle nachgehen. Folglich sind diese Aktivitäten kein Mittel zum Zweck. Sie sind an und für sich wertvoll für uns.

Auf der anderen Seite beruht die extrinsische Motivation auf Anreizen oder angenehmen Konsequenzen seitens des äußeren Umfelds. Es rührt von einem Verhaltensvertrag her, der besagt “Tu dies und du wirst jenes bekommen”.

Auf den ersten Blick mag unser Verhalten sowohl intrinsisch als auch extrinsisch motiviert erscheinen, und oft sind beide Arten der Motivation an ihm beteiligt. Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden liegt jedoch in der primären Quelle, die das Verhalten anregt und steuert.

Eine Belohnung ist nicht immer ein Geschenk.

Interferenz beim Lernen

Menschen belohnen andere Menschen, weil sie davon ausgehen, dass dies deren Motivation und Verhalten steigern werde. Wenn du jedoch eine Belohnung gibst, stört diese den Lernprozess. Sie behindert auch die autonome Selbstregulierung. Dies ist einer der versteckten Nachteile von Belohnungen.

Stelle dir vor, Eltern würden ihre Kinder immer mit Geld belohnen, um gute Noten zu bekommen. Nachdem dies mehrmals geschehen ist, konzentriert sich der Nachwuchs nur noch auf jene Aufgaben, die mit guten Noten “vergütet” werden, um dann tatsächlich Geld zu bekommen. Darüber hinaus findet kein Lernen mehr statt. Mit anderen Worten, die Kinder fühlen sich nicht intrinsisch motiviert, ein konzeptuelles Verständnis des Lernstoffs zu erreichen. Stattdessen lernen sie, um dafür etwas Materielles zu bekommen.

Menschen sind kreativer, wenn sie in erster Linie durch Interesse, Freude, Zufriedenheit und die Herausforderung der Arbeit selbst motiviert sind, und nicht durch äußeren Druck.

Grundsätzlich führt das Erzwingen oder die Überflutung mit Anreizen zu einer Veränderung in der Gewichtung von Anlässen zur Ausführung der Aufgabe. Dies gilt vor allem dann, wenn die Belohnung sehr attraktiv ist (wie zum Beispiel Geld, öffentliche Anerkennung, große Geschenke). Die Motivation wird von einem Bezug zur Autonomie zu einem Bezug zur Umwelt verlagert.

Erwartete und spürbare Belohnungen

Erwartete Belohnungen unterminieren die intrinsische Motivation. Unerwartete Belohnungen jedoch nicht. Die versteckten Kosten für Belohnungen sind je nach Art der Verstärkung mehr oder weniger stark ausgeprägt.

Materielle Belohnungen üben eine Form der Kontrolle über das Verhalten aus. Beispiele hierfür sind Geld, Preise und Trophäen. Wir verwenden sie häufig in Kontexten wie Familie, Schule und Arbeit, um die Menschen zu ermutigen, Aufgaben zu erledigen, denen sie sonst nicht nachkommen würden.

Zahlreiche Studien belegen jedoch, dass unerwartete und nicht-kontingente Belohnungen die intrinsische Motivation nicht negativ beeinflussen. Diese erhöhen die intrinsische Motivation zwar auch nicht, sie reduzieren sie jedoch auch nicht. Denke daran, dass letztere jene Belohnungen sind, die eine Person unabhängig von ihrer Leistung erhält; es sind Belohnungen, die allein von der Teilnahme an einem Prozess abhängig sind, nicht jedoch vom Resultat.

Frau streckt die Arme gen Himmel

Wann hat externe Motivation positive Effekte?

Es gibt bestimmte Situationen, in denen die extrinsische Motivation besonders gut funktioniert. In diesen Fällen gibt es keine versteckten Nachteile. Mit anderen Worten, es gibt Ausnahmen, bei denen Anreize durch externe Belohnungen durchaus von Vorteil sind. Wir sprechen hier speziell über Aktivitäten, die an und für sich eine sehr geringe Attraktivität haben.

Beispiele für diese Art von Aufgaben sind Recycling, Maßnahmen zur Einsparung von Ressourcen, die Befolgung der Verkehrsregeln oder Einbeziehung schwächerer Menschen in Freizeitaktivitäten. In all diesen Beispielen ist es empfehlenswert, vorbildliches Verhalten zu belohnen. Wenn wir das nicht tun, werden sich nur wenige Menschen aktiv für diese Ziele einsetzen.

Wie du siehst, gibt es immer zwei Möglichkeiten, eine Aktivität zu genießen. Angenommen, du spielst ein Instrument, weil es dir Spaß macht. Du verbringst viel Zeit damit, weil du deine Fähigkeiten und Fertigkeiten weiterentwickeln möchtest. In diesem Fall übst du aus intrinsischen Gründen. Wenn du das Instrument jedoch spielst, weil du damit Geld verdienen möchtest, Preise oder Trophäen gewinnen oder andere Menschen beeindrucken willst, kommt deine Motivation von außen. Mit welcher Motivation identifizierst du dich? Der einen, der anderen oder mit beiden?


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.