Die Sophisten, Meister der Überzeugung

Die Sophisten waren Meister der Überzeugung, die im antiken Griechenland dafür bezahlt wurden, ihre Lehren und ihr Wissen an junge Menschen weiterzugeben.
Die Sophisten, Meister der Überzeugung

Letzte Aktualisierung: 13. September 2023

Überzeugungsarbeit und effektive Kommunikation sind in der heutigen Welt unerlässlich. Aber wusstest du, dass ihre Ursprünge in der griechischen Antike liegen? Dort traten einige sehr kontroverse, aber für die damalige Zeit notwendige Persönlichkeiten auf: die Sophisten, Meister der Rethorik und Überzeugung.

Prominente Namen sind Protagoras, Gorgias, Hippias, Thrasymachos und Kritias. In diesem Artikel analysieren wir ihre Arbeit in den griechischen Städten sowie ihre Bedeutung und ihren Einfluss auf unsere heutige Zeit.

Wer waren die Sophisten?

Die Sophisten waren Meister, die für ihre Lehren bezahlt wurden. Sie waren im 5. und 4. Jahrhundert v. Chr. tätig, der klassischen Periode des antiken Griechenlands. Es ist kein Zufall, dass sie in dieser Phase auftraten, denn Griechenland durchlebte eine intellektuelle, kulturelle, wirtschaftliche und politische Blütezeit.

Während dieser Epoche entfaltete sich die athenische Demokratie als eine maßgebliche Organisationsform. Infolgedessen erlangte die Ausbildung der Bürgerinnen und Bürger in der Kunst der öffentlichen Debatte große Bedeutung. Die Aufgabe, diese essenzielle Fertigkeit zu vermitteln, lag in den Händen der Sophisten. Sie waren verantwortlich für die Schulung junger Menschen in Rhetorik und Allgemeinbildung.

Die Sophisten erhielten den Titel “Lehrer der Tugend“, da sie die Überzeugung vertraten, dass Tugend durch die Anwendung von Vernunft und geschickten Überzeugungstechniken gelehrt werden kann. Auf diese Weise bereiteten sie die Bevölkerung auf eine aktive Teilhabe am öffentlichen Leben vor.

Die Sophisten und die Rhetorik

Wie bereits erwähnt, zählte die Rhetorik in den praxisorientierten Lehren der Sophisten zu den grundlegenden Säulen. Mit bestimmten Strategien ist es einfacher, eine Gruppe von Menschen von (politischen) Ideen zu überzeugen. Folgende Elemente spielen in der Redekunst eine wichtige Rolle: Rethor (Meister der Redekunst), Zuhörer, Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft.

Die Rhetorik hält jedoch nicht an der Wahrheit fest und konzentriert sich nicht auf die Rechtfertigung der Aussagen. Es geht darum, die Zuhörer auf emotionaler Ebene zu fesseln, um sie überzeugen zu können. Dadurch bleibt die soziale Realität erhalten.

Lehren und Techniken der Sophisten

Die Sophisten hatten die Aufgabe, überzeugende Reden zu verfassen und ihre Lehren an junge Menschen weiterzugeben. Zu diesem Zweck bedienten sie sich einer Vielzahl von Techniken, um effektive Überzeugungskraft zu vermitteln und ihre Schüler in der Kunst der Debatte und Kontroverse zu schulen.

Das Bildungsprogramm der Sophisten basierte auf dem Wissensschatz der damaligen Zeit. Darüber hinaus führten die Meister der Redekunst verschiedene Begriffe der Grammatik, Rhetorik und Poetik ein. Letztere sind in epischen Erzählungen zu finden, die bewusst für Bildungszwecke geschrieben wurden. Geschichte bildete einen integralen Bestandteil der Lehrinhalte der Sophisten.

Zusätzlich verfassten sie Handbücher und Abhandlungen über die Kunst der Diskussion. Der Unterricht der Sophisten zeichnete sich durch eine vorwiegend expositionelle, mündliche und stark praxisorientierte Ausrichtung aus.

Kritik an den Sophisten

Platon zählte zu den stärksten Kritikern der Sophisten. Er drückte dies nicht nur in verschiedenen Dialogen, sondern auch in seinen Werken Gorgias¹ und Sophistes² aus. Der griechische Philosoph bezeichnete die Meister der Redekunst als “Architekten der Überzeugung” und “Jäger reicher junger Männer” und hielt ihnen Geldgier vor.

Platon argumentierte, dass die sophistischen Reden und Lehren fehlbar und weit von der Wahrheit entfernt waren. Ihr einziges Ziel war, Profit aus ihren scheinbaren Weisheiten zu ziehen. Sie gaben nur vor, Wissen zu vermitteln, deshalb war der Philosoph gegen diese Praxis.

Aristoteles gegen Protagoras

In seinem Werk Metaphysik³ widerspricht Aristoteles dem Sophisten Protagoras, der mit dem Konzept homo mensura davon ausgeht, dass der Mensch das Maß aller Dinge ist. Was bedeutet das? Es gibt keine absolute, einzige Wahrheit, sondern nur relative Wahrnehmungen des Einzelnen.

Dies widerspricht dem Satz vom Widerspruch, den Aristoteles prägte. Dieser Satz besagt, dass etwas zur selben Zeit nicht sein und nicht sein kann. Deshalb kann zum Beispiel die Annahme “Das ist ein Buch” und “Das ist kein Buch” nicht gleichzeitig richtig sein. Dieser Satz entscheidet unter anderem in der Logik, ob eine Aussage wahr oder unwahr ist.

Protagoras hingegen argumentiert, dass alle Urteile und Aussagen wahr sind. Ihm zufolge können also zwei widersprüchliche Überzeugungen zur gleichen Zeit zutreffen.

Die Kunst der Überzeugung in der Gegenwart

Im Informations- und Technologiezeitalter lassen wir uns über virtuelle Netzwerke stark beeinflussen. Die Überzeugungsarbeit nimmt deshalb neue Dimensionen an und wir müssen die Glaubwürdigkeit der Inhalte, die wir lesen, kontinuierlich überprüfen. Dies führt häufig zu Unsicherheit, denn in der virtuellen Welt ist es schwierig, zwischen Wahrheit und Fake-News zu unterscheiden.

Die Sophisten waren die ersten Meister, die für ihre Lehren Geld erhielten – wir können sie heute als Bildungsexperten bezeichnen. Ihre Werkzeuge und Strategien der Rhetorik sind auch in unserer modernen Welt nützlich und kommen in vielen Bereichen zum Einsatz. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass die Rhetorik keine Wahrheitsfindung bezweckt, in dieser Hinsicht hat sich nichts verändert.

▶ Lese-Tipps

  1. Gorgias – Griechisch/Deutsch, Platon (Autor) Michael Erler (Hrsg., Übersetzer), Theo Kobusch (Hrsg.), Reclam 2011
  2. Sophistes, Platon (Autor), Volker Braumann (Erzähler), GD Publishing 2023
  3. Aristoteles’ Metaphysik, Aristoteles (Autor), Horst Seidl (Hrsg., Übersetzer), Hermann Bonitz (Übersetzer), Meiner 1989

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