Die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen

Essstörungen sind eines der großen Probleme einer Gesellschaft, die Dünnsein mythologisiert und Heranwachsende mit unerreichbaren Schönheitsstandards bestraft. In einem Umfeld mit derart perversen Einflüssen spielen die Eltern bei der Prävention von Essstörungen eine wesentliche Rolle.
Die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen

Letzte Aktualisierung: 16. März 2021

Der Ursprung einiger Störungen ist nach wie vor unbekannt. Bei anderen hingegen sind die auslösenden Faktoren zumindest teilweise bekannt. Im Fall von Essstörungen scheint die klare und harte Realität folgende zu sein: Sie werden durch einen kulturellen Kontext motiviert und ausgelöst. Welche Rolle spielen die Eltern bei der Prävention von Essstörungen?

Dies impliziert, dass Essstörungen wie Anorexie, Bulimie und auch Adipositas eine Reaktion auf Werte und Lebensstile sind, die im jeweiligen Umfeld vorherrschen. Daher lohnt es sich, den Einfluss der Gesellschaft, ihren Einfluss auf die Peer-Gruppe und die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen ihrer Kinder genauer zu beleuchten.

Bei vielen psychischen Störungen spielt das Alter eine wichtige Rolle. Bei einigen (wie beispielsweise Persönlichkeitsstörungen) beginnen sich spezifische Veränderungen im frühen Erwachsenenalter zu manifestieren.

Andere Störungen hingegen betreffen überwiegend einen bestimmten Teil der Bevölkerung. Zum Beispiel Angststörungen und Depressionen bei Frauen (obwohl man bei diesem Thema auch von einer Überdiagnose bei Frauen und einer unterdurchschnittlich ausgeprägten Quote von Männern sprechen könnte, die sich in diesen Fällen Hilfe suchen).

Die Daten sind alarmierend: Jedes fünfte Kind in Deutschland weist Symptome einer Essstörungen auf.

Einige Daten zu Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Darüber hinaus sind 90 % dieser Kinder und Jugendlichen weiblich. Diese Daten sind nicht überraschend. Denn bereits in jungen Jahren sind es insbesondere die Mädchen, die unter den gesellschaftlichen Idealbildern leiden. Ihnen wird eine bestimmtes Schönheitsideal vorgegaukelt, welches alles andere in den Hintergrund zu drängen scheint.

Die Forscher Piñedos, Molano und López de Mesa (2010) fanden heraus, dass einer der Hauptgründe, warum das sozioökonomische Niveau bei der Entstehung einer Essstörung nicht relevant ist, darin liegt, dass die Stereotypen von Schönheit und Schlankheit inzwischen auch Kontexte erreichen, in denen sie bisher weniger stark verbreitet waren: ländliche Gebiete.

Laut der spanischen Vereinigung für Kinder- und Jugendpsychiatrie (AEPNYA) liegt das durchschnittliche Alter für den Beginn einer Essstörung zwischen 16 und 17 Jahren. Die meisten Fälle treten auf, bevor der Heranwachsende 20 Jahre alt ist. In Deutschland ist unter den 11-jährigen bereits jedes fünfte Kind auffällig im Essverhalten.

Das Risikoalter liegt bei jungen Frauen zwischen 13 und 24 Jahren. In der Regel leben die Mädchen in dieser Zeit noch im Elternhaus. Hieraus wird ersichtlich, wie entscheidend die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen ist. Daher wollen wir uns in unserem heutigen Artikel genauer ansehen, was Eltern konkret unternehmen können.

Prävention von Essstörungen - Waage

Die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen

Bevor wir auf die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen eingehen und erläutern, was die Entstehung dieser Erkrankung möglicherweise begünstigt haben könnte, wollen wir darauf hinweisen, dass eine Essstörung mit zahlreichen Faktoren im Zusammenhang steht. Wenn also bestimmte Merkmale in einer Familie vorliegen, die damit zusammenhängen könnten, bedeutet dies nicht automatisch, dass die Familie die Schuld an der Entstehung dieser Störung trägt.

Martinez und Martinez (2017), die in Bogota den Zusammenhang zwischen Essstörungen, Familie und Geschlecht untersuchten, fanden heraus, dass es Muster in den Familien der Betroffenen gibt. Infolgedessen kamen sie zu dem Schluss, dass die Dysfunktion in der Funktionsweise der Familie proportional zum Auftreten einer Essstörung ist. Dabei gibt es zwei Kernelemente: fehlender familiärer Zusammenhalt und die geringe Frustrationstoleranz dieser Jugendlichen.

Darüber hinaus erwähnten beide Forscher jene Eltern, die sich gegenüber ihren heranwachsenden Töchtern zu kontrollierend, überbehütend und autoritär verhalten und die Unabhängigkeit der Tochter nicht fördern. Dieses Verhalten kann dazu führen, dass die Tochter glaubt, sie hätte keine Kontrolle über ihr Leben und ihr Umfeld. Und dies in einem Alter, in dem sie eigentlich Verantwortung und Macht über ihr Leben erlangen sollte.

Besteht die Lösung in einem permissiven Erziehungsstil?

Die Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen ihrer Töchter besteht nicht darin, permissiv oder vernachlässigend zu sein. In derselben Studie wurde festgestellt, dass mangelnde Zuneigung und Aufsicht mit einem geringen Selbstwertgefühl zusammenhängen. Mangelndes Selbstwertgefühl ist eines der Hauptmerkmale aller Essstörungen.

Tatsächlich wird auch über einen bestimmten Familientyp diskutiert, in dem eine Essstörung mit größerer Wahrscheinlichkeit auftritt. In Ermangelung eines Konsenses sind die Erkenntnisse aufschlussreich, die Espina, Pumar, García und Ayerbe (1995) in ihrer Meta-Analyse über Essstörungen und familiäre Interaktion gewonnen haben:

  • Bulimie tritt in der Regel in problematischeren und pathologischeren Familien auf. In ihnen gibt es Feindseligkeit, Ernährungsdefizite, Distanziertheit, Impulsivität und mangelnde Unterstützung durch die Eltern. Ehekonflikte treten normalerweise nicht auf.
  • In vielen Fällen scheint sich eine restriktive Anorexie in Familien zu entwickeln, in denen die Eltern zwar positiv sind, aber dennoch häufig große Probleme in der Ehe und im Zusammenleben haben.
  • Auch in Familien, in denen junge Mädchen an Purging-Anorexie leiden, bestehen häufig Eheprobleme. Feindseligkeit und fehlende elterliche Unterstützung werden oft eher abgemildert.

Prävention von Essstörungen: Was können die Eltern unternehmen?

Wenn man sich bewusst macht, welchen enormen Einfluss ein Elternteil oder beide Eltern auf das Auftreten und die Entwicklung einer Essstörung haben können, stellt sich die Frage, was sie unternehmen können.

Martínez, Navarro, Perote und Sánchez (2010) stellen in ihrem Handbuch: Gesund erziehen und aufwachsen: Die Rolle von Eltern und Erziehern bei der Prävention von Essstörungen einige nützliche Werkzeuge vor.

Prävention von Essstörungen: Keine abschätzigen oder abwertenden Kommentare über den Körperbau deiner Tochter

Der Körper eines Teenagers verändert sich und nicht nur das heranwachsende Mädchen bemerkt dies. Auch ihr Umfeld spricht über ihre Figur. Daher solltest du dir darüber bewusst sein, dass einige dieser Kommentare einen großen Einfluss auf die Entwicklung eines gesunden Selbstwertgefühls des Mädchens haben können.

Viele Erwachsene, die an Essstörungen gelitten haben, erinnern sich an Kommentare wie beispielsweise: “Iss nicht so viel, sonst wirst du zu dick”, “Du hast immer noch Pausbacken”, “Du siehst wirklich nicht hübsch aus, wenn du deine Haare so trägst”, “Deine Cousine hat wirklich eine tolle Figur”.

Aufklärung und Unterstützung, um die Unsicherheiten während der Pubertät zu reduzieren

Die Adoleszenz ist eine Herausforderung, für die viele Teenager noch gar nicht wirklich bereit sind. Daher glauben einige, dass sie ihre Beschwerden durch die Kontrolle ihres Essverhaltens reduzieren können. Denn dadurch erhalten sie wieder die Kontrolle über ihren Körper (der ja schon die Ursache ständiger Beschwerden ist) und über das Essen an sich.

Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass du deine Kinder aufklärst. Du solltest ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, sie für Frustrationen sensibilisieren und ihnen beibringen, wie sie mit diesen Herausforderungen umgehen können. Wenn du sie ausreichend und umfassend informierst, kannst du verhindern, dass sie die Adoleszenz als eine verwirrende Phase erleben.

Darüber hinaus solltest du mit ihnen auch über Essstörungen sprechen. Erkläre ihnen, welche Warnzeichen es gibt und welche Gedanken damit verbunden sein könnten. In diesem Zusammenhang empfiehlt es sich auch, die Problematik in Bezug auf die gängigen Schönheitsideale zu thematisieren. Das ist wichtig, da die Kinder über andere Kanäle häufig vollkommen andere Informationen darüber erhalten.

Höchst wahrscheinlich werden weder die Freunde deines Kindes noch die Gesellschaft diese Rolle übernehmen. Denn die Gesellschaft und auch die Medien leben größtenteils von der Existenz dieser Ideale und der damit verbundenen Probleme. Daher ist es deine Aufgabe, deiner Tochter zu erklären, dass Dünnsein nicht gleichbedeutend mit Schönheit ist. Andernfalls wird sie mit der Vorstellung heranwachsen, dass extreme Schlankheit das einzig erstrebenswerte Ziel ist. Obwohl dieses Ziel bei all den körperlichen Veränderungen in der Pubertät häufig sowieso unerreichbar ist.

Prävention von Essstörungen - Mädchen vor dem Spiegel

Grenzen sind notwendig, auch wenn sie nicht immer einfach durchzusetzen sind

Der sich in den vergangenen Jahren zunehmend verbreitende permissive Erziehungsstil hat dazu geführt, dass viele Eltern zwar gerne Regeln aufstellen würden, aber nicht wissen, wie sie dies tun sollen. Zur Prävention von Essstörungen ist es aber sehr wichtig, dass du deinem Kind gewisse Grenzen setzt. Natürlich sollten diese auf Zuneigung und Akzeptanz beruhen und die Bedürfnisse deines Kindes nicht vernachlässigen.

Ein Teil der Rolle der Eltern bei der Prävention von Essstörungen besteht darin, den Kindern angemessene Grenzen zu setzen. Obwohl dies kurzfristig gesehen möglicherweise eine der undankbarsten Aufgaben ist, sind die mittel- und langfristigen Vorteile unbestritten.

Aber warum? Wenn Kinder nicht bereits in jungen Jahren lernen, auf gesunde Art und Weise mit Grenzen zu leben, werden sie diese auch später im Leben ignorieren. Selbst wenn sie diese bräuchten, wie beispielsweise im Fall von Essstörungen im Teenageralter. Tatsächlich sagen Experten, dass zur Prävention von Essstörungen nur zwei “Zutaten” erforderlich sind: Zuneigung und Kontrolle.


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  • Martínez, J., Navarro, S., Perote, A. y Sánchez, M. (2010). Educar y crecer en salud. El papel de padres y educadores en la prevención de los trastornos de alimentación. Ed: Instituto Tomás Pascual Sanza para la nutrición y la salud. Madrid, España.
  • Piñeros, S., Molano, J. y López de Mesa, C. (2010). Factores de riesgo de los trastornos de la conducta alimentaria en jóvenes escolarizados en Cundinamarca (Colombia). Revista Colombiana de Psiquiatría, 39(2), 313-328.
  • AEPNYA. Trastornos de la conducta alimentaria (TCA). Procolocos 2.008.
  • Ochoa de Alda, I., Espina, A. y Ortego, M. (2006) Un estudio sobre personalidad, ansiedad y depresión en padres de pacientes con un trastorno alimentario. Clínica y Salud, 17(2), 1-20.
  • Martínez, D. y Martínez, S. (2017). Relación entre tratornos de la conducta alimentaria y género y familia en adolescentes escolarizados, Suba (Bogotá). Carta Comunitaria, 25(143), 29-33.

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