Die Macht der Worte: "Ich muss es richtig machen"

Wie sprichst du mit dir selbst über die Ziele, die du erreichen möchtest, und wie hältst du sie in deiner mentalen Agenda fest? In diesem Artikel schauen wir uns an, wie du dich anhand von Worten unter Druck setzen oder befähigen kannst.
Die Macht der Worte: "Ich muss es richtig machen"
Sharon Laura Capeluto

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Sharon Laura Capeluto.

Letzte Aktualisierung: 17. Januar 2023

Das tägliche Leben ist von äußeren, aber auch von selbst auferlegten Anforderungen geprägt: Im Laufe des Tages wiederholen wir die Worte “Ich sollte” oder “Ich muss” immer wieder. Unsere Vorsätze sind oft übertrieben und die Umsetzung deshalb kompliziert. Wenn wir alles richtig machen möchten und Perfektionismus anstreben, setzen wir uns selbst unter Druck. Wäre es nicht sinnvoll, vorsichtiger mit diesen Worten umzugehen, die unseren inneren Dialog beeinflussen?

Frau denkt über die Macht der Worte nach
Mit dem Gedanken “Ich muss alles richtig machen” setzt du dich selbst unter Druck.

Die Macht der Worte

Worte können unser Leben retten: Wenn du “Hilfe!rufst, kann ein Fremder in einer gefährlichen Situation zu Hilfe eilen und dich retten. Der Satz “Pass auf!”  kann einen Unfall verhindern. Zwar können Worte auch “mit dem Winde verweht werden”, doch trotzdem erzielen sie meistens ihre Wirkung, bevor sie sich in Luft auflösen. Vielleicht erinnerst du dich an Worte, die dich besonders bewegt haben, die dein Herz erwärmt oder dir Sorgen bereitet haben.

Worte sind so mächtig, dass sie ein wertvolles Werkzeug in jedem psychotherapeutischen Prozess darstellen. Sie können positive Veränderungen in der psychischen Gesundheit erzielen, indem sie die selbstbewusste Kommunikation mit anderen verbessern und gleichzeitig das Selbstwertgefühl stärken. Außerdem sind sie in der Lage, ein Gefühl tiefer Freiheit zu fördern, wenn es darum geht, intime Offenbarungen zu äußern.

“Worte können wie Röntgenstrahlen sein, wenn man sie richtig einsetzt: Sie gehen durch alles hindurch.”

Aldous Huxley

Vom “Ich muss” zum “Ich will”: ein langer Weg

Die Worte “Ich muss” oder “Ich sollte”, die wir so oft verwenden, können problematisch sein, wenn wir uns damit selbst unter Druck setzen. Der koreanische Philosoph Byung-Chul Han erklärt in seinen neuesten Büchern, dass wir uns heute selbst unter Druck setzen, übermäßig produktiv zu sein, um mehr Geld zu verdienen und damit glücklicher zu sein. Aus seinen Überlegungen verstehen wir, warum das Burn-out-Syndrom in der heutigen Gesellschaft keine Seltenheit ist.

Menschen, die sich mit Verpflichtungen überladen und der Maxime folgen, dass jede Aufgabe weit vor dem Abgabetermin erledigt sein muss, sind mit einem Perfektionismus belastet, der schwer zu ertragen ist.

Die Personen um sie herum sehen es vielleicht nicht oder verstehen nicht, woher diese Selbstverpflichtung kommt. Es ist nicht verwunderlich, dass sie eines Tages zusammenbrechen, weil sie es nicht mehr aushalten. Die Stimme, die wir nicht sehen, sie selbst jedoch hören, wirkt wie Tropfen, die im Laufe der Jahre auf den Felsen fallen und ein tiefes Loch entstehen lassen.

“Jetzt beutet man sich selbst aus und denkt, man würde sich selbst erfüllen.”

Byung-Chul Han

Frau denkt über die Macht der Worte nach
Ein überfordernder innerer Dialog bei der Arbeit kann die Leistung und Produktivität beeinträchtigen.

Worte, die dich unterstützen

Wie bereits erwähnt, sind Worte mächtig: Sie können dich zerstören oder schützen, befähigen oder einschränken. “Ich sollte” oder “Ich muss” lassen keine Ausnahme zu und berücksichtigen keine Variablen, die sich deiner Kontrolle entziehen.

Wie wäre es, “Ich muss” durch “Ich möchte” zu ersetzen? Dies bedeutet, von der Starrheit zur Flexibilität überzugehen, vom Zwang zur Wahl. Übertragen wir diese Idee auf einige Beispiele:

  • “Ich muss mich gesund ernähren.” ➜ “Ich möchte mich gerne gesund ernähren.”
  • “Ich muss einen Job finden, mit dem ich viel verdiene.” ➜ “Ich möchte einen Job, bei dem ich viel Geld verdiene”.
  • “Ich muss so schnell wie möglich meinen Abschluss machen.” ➜ “Ich möchte so schnell wie möglich meinen Abschluss machen”.
  • “Ich muss reisen.” ➜ “Ich habe Lust zu reisen.”

Die Situation ändert sich, wenn wir offenere und weniger anspruchsvolle Konstruktionen in unseren Wortschatz aufnehmen. Was im Laufe des Lebens passiert, bedeutet nicht mehr, sich selbst zu bestrafen. Deshalb ist es wichtig, die Worte und den Ton der Sätze, die wir unserer inneren Stimme erlauben, bewusst zu wählen.


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  • Antony, Martin M. Swinson, Richard P. (2004) Cuando lo perfecto no es suficiente. Estrategias para hacer frente al perfeccionismo. 
  • Han, B. C. (2017). La sociedad del cansancio: Segunda edición ampliada. Herder Editorial.

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