Die hedonistische Adaptation: die Glücksfalle, die uns unzufrieden macht
Die hedonistische Adaptation – auch hedonistische Tretmühle genannt – beschreibt das Phänomen, dass wir uns nach positiven oder negativen Ereignissen immer wieder schnell auf unserem ursprünglichen Glücksniveau einpendeln. Das hängt direkt mit unserer Zufriedenheit zusammen und wirkt sich auch auf unsere Reaktionen auf bestimmte Lebensereignisse oder die Organisation unseres Terminkalenders aus.
Die hedonistische Adaptation ist auch dafür verantwortlich, dass du deine Lieblingsspeise nach übermäßigem Verzehr nicht mehr sehen kannst. Oder dass die Freude über eine Gehaltserhöhung – insbesondere im Vergleich mit der Wartezeit – nur von kurzer Dauer ist.
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Die hedonistische Adaptation: Was ist das?
Dieses psychologische Phänomen bewirkt, dass wir uns schnell an positive oder negative Ereignisse anpassen und dadurch aufhören, Freude oder Schmerz zu empfinden. Das heißt, dass wir immer wieder zu unserem normalen Ausgangspunkt des Glücks zurückkehren.
Die hedonistische Tretmühle führt dazu, dass wir relativ rasch von der überschwenglichen Freude zurück zur Zufriedenheit zurückkehren oder von starken Schmerzen zu leichtem Unbehagen.
Es gibt verschiedene Theorien, warum die hedonistische Adaptation stattfindet. Eine der populärsten ist, dass es sich um eine evolutionäre Anpassung handelt, die uns hilft, mit schwierigen Lebensereignissen fertig zu werden. Denn wenn wir uns nicht an positive oder negative Lebensereignisse anpassen würden, wären wir auf Dauer wahrscheinlich so überwältigt, dass wir nicht mehr in der Lage wären, zu funktionieren.
Dieses Phänomen hilft uns bei Trauer oder Verlusten, verhindert jedoch auch länger währendes Glück. Ein einfaches Beispiel dafür ist ein Lottogewinn: Gewinner freuen sich anfangs natürlich riesig über das Geld. Sie passen sich jedoch mit der Zeit an die neue Situation an und die Freude verflüchtigt sich. Die meisten sind nach einem Jahr nicht glücklicher als zuvor, auch wenn sich ihre finanzielle Lage verbessert hat.
Unzufriedenheit als treibende Kraft im Leben
Die Unzufriedenheit kommt schnell zurück, ihre Wurzeln sind kaum auszurotten. Wir haben eine Art Programm in unserem Kopf installiert, das für ein Ablauf der Zufriedenheit sorgt, sobald ein geplantes Ziel erreicht wurde. Denn dann möchten wir gleich mehr oder andere Ziele. Die Folge: Wir kommen nie zur Ruhe.
Um der Tretmühle zu entkommen, kannst du deine Umgebung oder deine Perspektiven verändern. Wenn du beispielsweise einen Lottogewinn länger genießen möchtest, erfüllst du am besten nicht sofort alle deine materiellen Bedürfnisse.
Ein gutes Beispiel ist auch der veränderte Serienkonsum: Binge-Watching ist ein neues Phänomen, das durch Streaming-Plattformen möglich wird, da wir Serien jederzeit abrufen können. Dies mag bequem und attraktiv sein, ist jedoch für unsere geistige Gesundheit keinesfalls vorteilhaft. Früher mussten wir eine Woche oder zumindest bis zum nächsten Tag warten, um die nächste Folge zu sehen. Dadurch war auch das Vergnügen länger und wir hatten Zeit, das Gesehene zu verarbeiten.
Die hedonistische Adaptation als Glücksfalle
Die Idee des relativen Glücks gab es bereits 1978, als Brickman et al. begannen, das hedonistische Phänomen im Rahmen der Theorie des Adaptationsniveaus von H. Helson zu verstehen. Diese Theorie besagt, dass die Wahrnehmung von Reizen vom Vergleich mit früheren Reizen abhängt. Das bedeutet: Ob du ein Ereignis oder einen Gegenstand magst oder nicht, hat viel mit dem zu tun, was vorher war.
Die Idee “je mehr von dem, was wir mögen, desto besser” funktioniert daher nicht. Wenn du dein Lieblingsgericht zu oft isst, wird es dir irgendwann nicht mehr so gut schmecken. Große Köche wissen sogar, dass es Gerichte gibt, die in einer bestimmten Reihenfolge besser schmecken. Die Freude, die ein Reiz auslöst, hängt also sehr stark davon ab, was davor passiert ist.
Jeder hat seinen eigenen Referenzpunkt für Glück
In ihrem Artikel Beyond the Hedonic Treadmill, Revising the Adaptation Theory of Well-Being kommen Diener, Lucas & Scollon (2006) zu dem Schluss, dass wir nicht hedonistisch neutral sind. Schon Brickman und Campbell argumentierten in ihrem Artikel Hedonic Relativism and Planning the Good Society (1971), dass der Mensch einen Referenzpunkt für Glück hat.
Der Referenzpunkt für unser Glück hängt von der Genetik und der Umwelt ab. Diese Baseline-Theorie wurde durch spätere Forschungen gestützt, die ergaben, dass sich Menschen im Laufe der Zeit an positive und negative Veränderungen im Leben anpassen.
Immer wieder zurück zur Baseline
Wir sprechen von einer Baseline, zu der wir alle zurückkehren, egal, was passiert. Dies bedeutet, dass es Menschen gibt, die mit ihrem Leben eher zufrieden sind und andere, denen es schwerfällt, dieses Gefühl zu genießen. Wir können uns mit einer Sprungfeder vergleichen, die durch die Kräfte verschiedener Lebensereignisse gedehnt oder zusammengedrückt wird und danach wieder ihre ursprüngliche Form annimmt.
Doch die Frage ist komplexer: denn es kann auch mehrere Referenzpunkte geben, wenn wir beispielsweise die allgemeine Lebenszufriedenheit oder die aktuelle Zufriedenheit betrachten.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Diener E, Lucas RE, Scollon CN. Beyond the hedonic treadmill: revising the adaptation theory of well-being. Am Psychol. 2006 May-Jun;61(4):305-14. doi: 10.1037/0003-066X.61.4.305. PMID: 16719675.
- Brickman, P., & Campbell, D. T. (1971). Hedonic relativism and planning the good society. In M. H. Appley (Ed.), Adaptation-level theory (pp. 287-305). New York: Academic Press.