Die gelungene Balance zwischen Naivität und Misstrauen

Du bist oft zu offen und vertraulich und wirst deshalb immer wieder ausgenutzt? Oder misstraust du den Absichten anderer ständig? Der goldene Mittelweg ist wie (fast) immer hilfreich.
Die gelungene Balance zwischen Naivität und Misstrauen

Geschrieben von Redaktionsteam

Letzte Aktualisierung: 11. Juli 2021

Naivität und Misstrauen sind zwei angeborene Tendenzen, die besonders in Sachen Beziehungen zur Geltung kommen. Wenn kein Ausgleich gegeben ist, das heißt, wenn eine Person zu naiv oder zu misstrauisch ist, kann es im sozialen Umgang zu Schwierigkeiten kommen.

Einige dieser Probleme sind leicht zu erkennen: zwischenmenschliche Konflikte, Isolation und im Extremfall sogar Missbrauch. Wenn du nachdenkst, kennst du sicher eine sehr zuversichtliche Person, die ausgenutzt wird, oder einen misstrauischen Menschen, dem es durch diese Eigenschaft an Freundschaften mangelt.

Die Balance zwischen diesen beiden Eigenarten scheint einer der Schlüssel für den gesunden Umgang mit anderen zu sein. Wir laden dich ein, mit uns über dieses Thema nachzudenken.

Was bedeuten diese beiden Eigenschaften?

Naivität und Misstrauen sind als Persönlichkeitsmerkmale gegensätzlich. Sie kommen vielfach in der Beurteilung des Verhaltens anderer ins Spiel und provozieren bestimmte Verhaltensmuster.

  • Naive Menschen neigen dazu, in anderen Freundlichkeit und positive Eigenschaften zu sehen. Sie sehen selten schlechte Absichten, werden deshalb jedoch oft ausgenutzt.
  • Misstrauische Menschen hingegen unterstellen anderen oft böswillige Absichten und lehnen Gefälligkeiten und schöne Worte ab. Dies führt oft zu Einsamkeit und einer pessimistischen Einstellung.
Die gelungene Balance zwischen Naivität und Misstrauen

Die meisten Experten auf dem Gebiet der Persönlichkeitspsychologie bestätigen, dass Vertraulichkeit oder Misstrauen tendenziell bereits von Geburt an vorhanden sind. Silvan Tomkins unterschied beispielsweise zwischen zwei angeborenen Archetypen von Menschen:

  • Humanistische Menschen: Sie gehen davon aus, dass andere dieselben Denkweisen und Ziele haben und glauben deshalb nicht, dass sie getäuscht oder ausgenutzt werden könnten.
  • Normative Menschen: Sie neigen zum anderen Extrem und betrachten andere Personen als potenzielle Feinde. Meist sind sie sich nicht darüber bewusst, dass andere denselben Weg beschreiten möchten. Sie warten an der Ziellinie, um den Preis entgegenzunehmen.

Die Neigung zu Misstrauen oder Naivität ist zwar in einem gewissen Ausmaß angeboren, hängt jedoch nicht von Faktoren wie Geschlecht, Alter oder kognitiven Fähigkeiten ab. Außerdem handelt es sich nicht um starre Charaktereigenschaften, denn sie können durch Erfahrung verändert werden.

Wie finde ich die Balance zwischen Naivität und Misstrauen?

Um eine Polarisierung von Naivität und Misstrauen zu vermeiden, ist eine Verhaltensmodulation nötig. Du musst lernen, soziale Situationen in einem breiteren Rahmen wahrzunehmen. Du darfst nicht vergessen, dass deine Mitmenschen in der Lage sind zu erkennen, ob jemand misstrauisch oder nativ ist und entsprechend reagieren. Je nach Charakter können sie diese Situation beispielsweise ausnutzen, weggehen oder sich verteidigen.

Schwierige Situationen entstehen, wenn du den Umgang mit anderen nicht richtig gelernt hast, es geht nicht nur um eine angeborene individuelle Neigung zu Vertraulichkeit oder Misstrauen.

Das alles zu ändern ist ein Langstreckenrennen, aber es ist möglich. Wenn du eine Balance zwischen Naivität und Misstrauen finden möchtest, empfehlen wir folgende Schritte:

  • Frage andere, um mehr über deine eigene Vertraulichkeit oder dein misstrauisches Verhalten zu erfahren: Wie bereits erwähnt, spielt die Wahrnehmung anderer eine grundlegende Rolle in der Dynamik, die unangenehme Situationen erzeugt. Bitte Vertrauenspersonen um ihre Meinung, denn so kannst du dein Selbstverständnis verbessern und dir eine klare Vorstellung davon machen, was du verändern musst.
  • Analysiere die Situation: Halte inne und nimm dir Zeit, um die Situationen zu analysieren, in denen du dich schlecht fühlst. Versuche, diese so objektiv wie möglich zu interpretieren, damit deine Erwartungen dein Urteilsvermögen nicht trüben. Du benötigst klare und objektive Informationen über die Ursachen, die zu diesen unangenehmen Situationen führen.
  • Nutze deine Erfahrung: Lerne aus der Vergangenheit, um zukünftige Fehler zu vermeiden. Wenn du zum Beispiel zu übermäßiger Vertraulichkeit neigst, kannst du bei anderen Personen Verhaltensmuster erkennen, die dir selbst helfen. Du wirst sehen, wann dich jemand ausnutzen möchte.
  • Sei offen: Du solltest bereit sein, deine eigene Wahrnehmung zu verändern, auch wenn dies schwierig ist, da es sich meistens um unbewusste Muster handelt. Analysiere erlebte Ereignisse, um zukünftig Lösungen zu finden, denn dies ist wichtiger, als immer recht zu haben.
  • Vermeide extreme Gedanken: Nichts ist schwarz oder weiß, niemand ist von Grund auf gut oder schlecht. Es ist sinnvoller, in Beziehungen zu anderen Menschen Grenzen zu setzen, als diese zu kategorisieren. Dies macht dich in deinem Verhalten und deinen Urteilen flexibler.
Die gelungene Balance zwischen Naivität und Misstrauen

Balance ist in vielen Fällen ein guter Ratgeber. Fehler und Enttäuschungen lassen sich nie ganz vermeiden, wenn du jedoch in deiner Umgebung sicher auftrittst und dir selbst treu bleibst, kannst du sie minimieren. Pragmatismus ist dein wichtigster Verbündeter.


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  • Moreno, J. B., María, P. G. A., Antonio, R. C. J., Pilar, S. S., & Beatriz, R. L. (2012). Psicología de la personalidad. Editorial UNED.
  • Higueras Esteban, C. (febrero, 2020). La teoría del afecto de Silvan Tomkins para el psicoanálisis y la psicoterapia. Reformulando lo esencial [Demos, V., 2019]. Aperturas Psicoanalíticas (63). Recuperado de http://aperturas.org/articulo.php?articulo=0001107

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