Die emotionale Entfremdung des Selbst
Die emotionale Entfremdung ist ein Schutzmechanismus, den viele unbewusst aktivieren, wenn ihre Gefühle und emotionalen Bedürfnisse keine Befriedigung erfahren. Sie sind emotional überfordert oder erschöpft und haben keine anderen Strategien zur Hand, um mit dieser Situation umzugehen.
“Glück kommt von der Fähigkeit, tief zu fühlen, einfach zu genießen, frei zu denken, das Leben zu riskieren und gebraucht zu werden.”
Sturm Jameson
Anzeichen für emotionale Entfremdung
Besonders auffallend ist, dass sich Betroffene isolieren. Wir sprechen jedoch nicht unbedingt von einem sozialen Rückzug, denn viele sind trotz der emotionalen Entfremdung sehr aktiv. Ihre Strategie ist, viele Kontakte zu pflegen, jedoch emotionale Nähe zu vermeiden. Sie isolieren sich emotional, indem sie Zuneigung und Bindungen ablehnen. Gleichzeitig entfremden sie sich von ihrem Selbst: Betroffene ersticken ihre Emotionen, geben ihnen keinen Raum, spielen sie herunter oder blockieren sie.
Die emotionale Entfremdung zeigt sich unter anderem durch folgende Verhaltensweisen:
- Betroffene vermeiden es, über Gefühle zu sprechen, insbesondere wenn dies zu Verletzlichkeit führen könnte.
- Sie sind unfähig, emotionale Intensität zu erleben. Die Entfremdung führt dazu, dass diese Menschen intensive Emotionen ablehnen, und zwar sowohl bei sich selbst als auch bei anderen.
- Empathie ist nicht ihre Stärke. Diese Menschen zeigen kein Interesse für die Emotionen anderer.
- Betroffene halten an extremer Rationalität fest. Sie konzentrieren sich auf die Vernunft.
- Außerdem tun sie sich mit Beziehungen schwer und messen diesen keine Bedeutung bei.
- Ihre Selbstwahrnehmung ist verwirrend. Die Betroffenen sind nicht in der Lage, ihre eigenen Gefühle wahrzunehmen und empfinden innere Leere.
Emotionale Entfremdung als Abwehrmechanismus
In den meisten Fällen ist die emotionale Entfremdung auf negative oder traumatische Erfahrungen zurückzuführen, die verdrängt werden. Betroffene lassen ihre Gefühle nicht zu, verleugnen oder blockieren sie. Es handelt sich um einen Abwehr- und Schutzmechanismus, da diese Personen neue schmerzliche Erfahrungen fürchten. Sie möchten mit ihrem Verhalten Leid verhindern.
Der große Widerspruch ist, dass die Vermeidung oder Verdrängung der Gefühle zusätzliches Leid verursacht. Es handelt sich in den meisten Fällen um unbewusste Verhaltensweisen, die Vertrautheit verhindern. Damit stehen Betroffene ihrem Glück selbst im Weg: Sie weigern sich, zu fühlen und erleben vielfach tiefe Leere und versteckte Einsamkeit.
In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Emotionen stark machen, nicht schwach. Sie sind grundlegend für die Identität und den Ausdruck einer Person. Emotionen zu kennen und zu managen, ist ein wesentlicher Prozess auf dem Weg zur Selbsterkenntnis. Wer Emotionen leugnet, hemmt oder verdrängt, schadet sich tiefgreifend. Die Folgen sind Angst, das Gefühl der Bedrohung und Frustration.
Was tun?
Der erste Schritt besteht darin, die Ursachen für die emotionale Entfremdung herauszufinden. Diese kann im Rahmen einer psychischen Erkrankung entstehen, durch eine Depression, eine posttraumatische Belastungsstörung oder eine Persönlichkeitsstörung. Fachärztliche Diagnose und Behandlung sind in diesem Fall grundlegend. Mögliche Interventionen sind eine Psychotherapie sowie eine pharmakologische Behandlung. In der Regel wird eine kognitive Verhaltenstherapie oder eine Akzeptanz- und Commitment-Therapie eingeleitet.
- Die kognitive Verhaltenstherapie analysiert die zugrundeliegenden negativen Überzeugungen und Verhaltensweisen und gibt den Patienten Bewältigungsstrategien mit auf den Weg, um emotionale Fähigkeiten zu entwickeln und Probleme zu überwinden.
- Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie umfasst Techniken, um den Patienten zu helfen, sich über Emotionen bewusst zu werden und diese besser zu kontrollieren.
Zusätzlich können folgende Empfehlungen helfen:
- Achtsamkeit: Diese Technik hilft dir, dich auf den gegenwärtigen Moment zu konzentrieren, einschließlich deiner körperlichen Umgebung und deiner emotionalen Reaktionen. Es fällt dir so leichter, deine Gefühle zu akzeptieren und Selbstbewusstsein zu entwickeln.
- Beziehungen: Du musst lernen, Beziehungen zu anderen zu stärken, um auf deinem Weg voranzukommen. Versuche, andere Menschen zu verstehen und auch deine eigenen Bedürfnisse zu entdecken. Arbeite schrittweise an deinen emotionalen Erfahrungen und versuche, gesunde Bindungen zu anderen aufzubauen.
Die emotionale Entfremdung ist nicht der Stoff, aus dem ein glückliches Leben gemacht ist. Sie führt oft zu Verwirrung und Gleichgültigkeit gegenüber allem. Dies ist ein fruchtbarer Boden, auf dem die Langeweile wächst und der Lebenswille schwindet. Wenn du damit konfrontiert bist, ist es deshalb am effektivsten, professionelle Hilfe zu suchen.
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