Die einfältige Liebe nach Robert J. Sternberg
Die einfältige Liebe, wie sie der Psychologe Robert J. Sternberg in seiner Dreieckstheorie der Liebe definiert, erklärt, warum manche Beziehungen scheitern. In der Welt der emotionalen Bindungen ist nichts einfach – und immer wieder tappen wir in die aufregende Falle des Verlangens, der Leidenschaft und des Dopamins, das diese Dynamik nährt. Bindungen, die allein auf körperlicher Anziehung beruhen, sind jedoch nicht von langer Dauer.
Der lateinische Begriff “fatuus” bedeutet so viel wie albern, töricht oder einfältig. Sternberg beschreit damit Beziehungen, die auf Engagement und Leidenschaft setzen, jedoch keine Vertrautheit aufbauen. Ihnen fehlt es an einer soliden Basis, auf der Komplizenschaft, Offenheit und Vertrauen fruchten können, um Hindernisse gemeinsam zu überwinden und eine reifere, authentischere Verbindung zu konstruieren.
Erfahre nachfolgend mehr über die Dreieckstheorie der Liebe von Sternberg und über die einfältige Liebe.
“Leidenschaft entwickelt sich am schnellsten und vergeht am schnellsten. Vertrautheit entwickelt sich langsamer und Bindung noch allmählicher.”
Robert J. Sternberg
Wer ist Robert J. Sternberg und warum interessierte er sich für die Liebe?
Wir können die zeitgenössische Psychologie nicht ohne Robert J. Sternberg verstehen. Er zeichnet sich durch seinen Abschluss an der Yale University aus und kann dreizehn Ehrendoktortitel von weltweit führenden Forschungszentren sowie eine Professur an der Universität Heidelberg in Deutschland vorweisen.
Obwohl er vorwiegend für seine Dreieckstheorie der Liebe bekannt ist, hat er auch viele andere Bereiche erforscht und entwickelte unter anderem die triarchische Intelligenztheorie und die Investmenttheorie der Kreativität¹. Er schrieb mehr als 100 Bücher² und unzählige Artikel.
Der prominente kognitive Psychologe interessierte sich für die Liebe und die affektiven Beziehungen, da sie das Wesen des Menschen bestimmen. Dieses Kernelement zu verstehen, ermöglicht ein tieferes Verständnis von uns selbst. Sein Buch Love Is a Story: A New Theory of Relationship³ ist ein sensationelles Werkzeug, um uns selbst durch unsere Beziehungen zu entdecken.
Ist seine berühmte Dreieckstheorie der Liebe aus den 1980er-Jahren, als er sie zum ersten Mal formulierte, immer noch gültig? Die Antwort ist ja. Eine in der Fachzeitschrift Journal of Sex Research veröffentlichte Studie sowie andere Forschungen belegen die Universalität dieses interessanten Modells empirisch.
Die einfältige Liebe nach Sternberg: Was ist das?
Die unreife, einfältige Liebe entsteht durch Leidenschaft und körperliche Anziehung. Wir erleben diese Form von Liebe alle irgendwann, in der Regel in der Jugend. Es handelt sich um Bindungen, denen es an Vertrautheit mangelt, die aber von jenem Überschwang an Begehren, Sexualität und blinder Zuneigung beherrscht werden, die das Urteilsvermögen trüben.
Das Konzept der einfältigen Liebe ist in die Dreieckstheorie der Liebe integriert und geht zunächst von ihren drei Grundkomponenten aus:
- Leidenschaft: die körperliche, sexuelle und emotionale Anziehung, die die romantische Liebe ausmacht
- Intimität: die emotionale Nähe, Bindung, das Vertrauen und die tiefe Verbindung zwischen dem Paar
- Verbundenheit: die Entscheidung des Paares, eine langfristige Bindung durch Loyalität, Verantwortung, Problemlösung usw. zu pflegen
Aus der Kombination dieser drei Dimensionen ergeben sich wiederum die folgenden Arten von Liebe:
- Verliebtheit: Die Leidenschaft steht an erster Stelle.
- Nicht-Liebe: Keine der drei oben genannten Elemente ist vorhanden. Es handelt sich um eine oberflächliche, kalte Beziehung.
- Mögen: Vertrautheit und Verbundenheit sind vorhanden, es handelt sich jedoch in der Regel um kurze Beziehungen und Freundschaften.
- Leere Liebe: Leidenschaft und Intimität können in langfristigen Beziehungen nachlassen, doch die Verbundenheit bleibt vorhanden.
- Romantische Liebe: Leidenschaft und Intimität prägen diese Art der Liebe, es fehlt jedoch noch an tiefer Verbundenheit.
- Kameradschaftliche Liebe: Vertrautheit und Verbundenheit sind die Säulen dieser Beziehung, allerdings ist keine Leidenschaft vorhanden. Es handelt sich vielfach um Geschwisterliebe oder Freundschaften.
- Vollkommene Liebe: Es ist jener ideale Zustand, den wir alle anstreben, denn alle drei Komponenten (Leidenschaft, Intimität und Verbundenheit) ermöglichen eine ausgeglichene Beziehung. Die Leidenschaft hält jedoch nicht für immer.
- Einfältige Liebe: Mit dieser Art von Liebe befassen wir uns heute etwas ausführlicher.
In Beziehungen, die auf einfältiger oder törichter Liebe beruhen, ist die Zeit immer ein Feind: Sie halten in der Regel nicht länger als zwei Jahre.
Die einfältige Liebe und ihre Merkmale
Die einfältige Liebe ist durch Leidenschaft und Verbundenheit geprägt. Diese Liebe verlangt, dass alle Bedürfnisse befriedigt werden. Die Anziehungskraft ist intensiv, doch die einfältig liebende Person hat Angst, verlassen oder nicht geliebt zu werden.
Die Sri Ramachandra Universität betont, dass sexuelles Verlangen durch Testosteron und Östrogen und körperliche Anziehung durch Dopamin, die Stress- und Belohnungshormone vermittelt wird. In einfältigen Beziehungen ist die Ausschüttung von Hormonen und Neurotransmittern konstant, und zwar so sehr, dass sie süchtig machen können.
Weitere Merkmale der einfältigen Liebe sind:
- Häufige Trennungen, Streit und Versöhnungen
- Angst, verraten oder verlassen zu werden
- Ängstlicher Bindung
- Schädliche Dynamiken wie Eifersucht und das Bedürfnis nach Kontrolle
- Co-Abhängigkeit
- Die Paare isolieren sich oft und leben nur füreinander. Sie reduzieren Kontakte zu Familie und Freunden.
- Da es ihnen an Intimität, emotionaler Reife und Vertrauen fehlt, sind sie nicht in der Lage, mit Problemen und Meinungsverschiedenheiten umzugehen.
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Wie lange halten diese Arten von Beziehungen?
Die einfältige Liebe ist nach Sternbergs Dreieckstheorie der Liebe besonders kurzlebig: Sie kann zwischen 6 Monaten und 2 Jahren dauern. Diese Art der Liebe ist zum Scheitern verurteilt, da es an Intimität und Vertrautheit fehlt – der Klebstoff, der jede Beziehung zusammenhält.
Eine in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie betont, dass es nicht möglich ist, festzustellen, ob Leidenschaft von sich aus zu Intimität führt oder umgekehrt. Was wir wissen, ist, dass die Zeit immer ein Feind der einfältigen Liebe ist. In Beziehungen, in denen Verbundenheit, Intimität und Leidenschaft vorhanden sind, stärken sich diese Grundsäulen mit der Zeit.
Einfältige Liebe: Was tun?
Wenn du dich in einer einfältigen Beziehung befindest, weißt du, dass sie ein Ablaufdatum hat. Manche Erfahrungen lohnen sich jedoch, auch wenn sie von kurzer Dauer sind. Du musst jedoch versuchen, am Ende möglichst unbeschadet aus der Beziehung hervorzugehen.
Du solltest dir darüber bewusst sein, welche Art von Beziehung du führst: Beruht sie auf körperlicher Anziehungskraft ohne Vertrautheit? Sobald die Leidenschaft erlischt, bleibt nichts mehr übrig, das die Beziehung nähren könnte. Du solltest versuchen, von der einfältigen Liebe zur vollkommenen Liebe überzugehen. Dabei ist es hilfreich, an folgenden Aspekten zu arbeiten:
- Legt gemeinsame kurz- und langfristige Ziele fest.
- Arbeitet daran, euch gegenseitig die beste Unterstützung zu sein.
- Versucht, von einer ängstlichen Bindung zu einer sicheren Bindung überzugehen.
- Lernt, Probleme und Meinungsverschiedenheiten zu lösen.
- Drückt eure Emotionen und Gefühle ohne Angst aus.
- Entwickelt gegenseitigen Respekt, Verständnis und Fürsorge.
- Baut eine gute Kommunikation auf, die auf Zuhören, Durchsetzungsvermögen und Respekt basiert.
- Setzt euch für Verbundenheit ein und zeigt Neugierde für die Interessen des anderen, um seine Träume und Wünsche zu verstehen.
Schließlich ist Sternbergs Dreieckstheorie der Liebe ein hervorragendes Modell, um zu verstehen, wie Beziehungen aufgebaut sind. Dies ist ein sehr komplexes Universum, in dem wir oft scheitern. Trotzdem solltest du nicht aufgeben, denn es gibt Menschen, die es wert sind.
▶ Lese-Tipps
- Love is a story: A new theory of relationships, Robert J. Sternberg, Oxford University Press 1999
- Handbook of creativity, Robert J. Sternberg, Cambridge University Press 2011
- The new psychology of love, Robert J. Sternberg, Oxford University Press 2018
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Aykutoğlu, B., & Uysal, A. (2017). The relationship between intimacy change and passion: A dyadic diary study. Frontiers in Psychology, 8, 2257. https://doi.org/10.3389/fpsyg.2017.02257https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5744063/
- Seshadri, K. G. (2016). The neuroendocrinology of love. Indian Journal of Endocrinology and Metabolism, 20(4), 558–563. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4911849/
- Sternberg, Robert (1989) El triángulo del amor: intimidad, pasión y compromiso. Paidós.
- Sternber, Robert (1999) Love Is a Story: A New Theory of Relationships. Oxford University Press. https://books.google.es/books/about/Love_Is_a_Story.html?id=E89Iq94UYpYC&redir_esc=y
- Sternberg, Robert. (1998) Cupid’s Arrow. The Course of Love through Time. Cambridge University Press.
- Sorokowski, P., Sorokowska, A., Karwowski, M., Groyecka, A., Aavik, T., Akello, G., Alm, C., Amjad, N., Anjum, A., Asao, K., Atama, C. S., Atamtürk Duyar, D., Ayebare, R., Batres, C., Bendixen, M., Bensafia, A., Bizumic, B., Boussena, M., Buss, D. M., … Sternberg, R. J. (2021). Universality of the Triangular Theory of love: Adaptation and psychometric properties of the triangular love scale in 25 countries. Journal of Sex Research, 58(1), 106–115. https://www.researchgate.net/publication/343617761_Universality_of_the_Triangular_Theory_of_Love_Adaptation_and_Psychometric_Properties_of_the_Triangular_Love_Scale_in_25_Countries