Der Venus-Effekt: Was ist das?

Wen betrachtet die Venus in den Werken von Velázquez oder Veronés im Spiegel? Sich selbst, den Betrachter oder den Maler? Erfahre mehr darüber!
Der Venus-Effekt: Was ist das?
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Estefania Grijota Duran

Letzte Aktualisierung: 28. Juni 2023

Wenn du dich jemals gefragt hast, warum viele Künstler Spiegel in ihren Gemälden verwenden, solltest du wissen, dass das kein Zufall ist. Künstler verwenden in ihren Werken gerne optische Effekte zur Gestaltung. Damit versuchen sie, die Sinne der Betrachter zu stimulieren, sie zum Nachdenken und zum Staunen zu bringen und in ihre Werke eintauchen zu lassen. Eine dieser Techniken nennt sich Venus-Effekt.

Es handelt sich um ein technisches Hilfsmittel, das nicht einfach nur einen bestimmten Eindruck erzeugen möchte, sondern Teil der Wahrnehmungspsychologie ist. Künstler haben damit die Möglichkeit, die Betrachter ihrer Werke zu manipulieren, um eine falsche Wahrnehmung zu erzeugen.

Das im Spiegel reflektierte Bild ist nicht immer das, was es zu sein scheint oder was wir erwarten. Erfahre heute mehr über den Venus-Effekt.

Ich weiß, dass Spiegel uns ein falsches Gefühl von Selbstvertrauen geben. Ich fuhr fort. Das Spiegelbild, das wir jeden Tag sehen, hat nichts damit zu tun, wie andere uns sehen. Das Glas lügt.

Rasmenia Massoud

Was sehen wir in einem Spiegel?

Der Venus-Effekt: Was ist das?

Ein Spiegel ist ein ganz besonders Objekt, inspirierend und mysteriös. Jeden Tag sehen wir uns und unsere Umgebung darin. Das reflektierte Spiegelbild ist rätselhaft und regt die Phantasie an, auch wenn es sich um einen alltäglichen Gegenstand handelt.

Letztendlich ist unser Verständnis seiner Physik und seiner Funktionsweise in der Regel mangelhaft, oder zumindest wird dies in einer im European Journal of Cognitive Psychology veröffentlichten Studie mit dem Titel “The tendency to overestimate what is visible in a planar mirror amongst adults and children” behauptet. Darin geht es um die Tendenz bei Erwachsenen und Kindern, zu überschätzen, was in einem planaren Spiegel sichtbar ist.

Wir scheinen unser Spiegelbild zu antizipieren, noch bevor wir vor dem Spiegel stehen. Das heißt, wir können in einem bestimmten Winkel zum Spiegel stehen (nicht davor) und erwarten uns, unser Spiegelbild zu sehen. Wir entwickeln Hypothesen und Wahrnehmungen darüber, was wir sehen oder nicht sehen.

Aus der genannten Studie geht hervor, dass dieser Irrtum schon sehr lange bekannt ist. Anstatt die Bedeutung des Blickwinkels zu verstehen, neigen wir dazu zu glauben, dass der Spiegel nur den Teil des Raumes reflektieren kann, der der Breite des Spiegels entspricht. Ein etwas zweideutiger Begriff, der sich auf die Größe dessen bezieht, was ein Spiegel projiziert.

Es gibt mehrere Untersuchungen über dieses Phänomen. Eine davon wurde in der NLM (National Library of Medicine) veröffentlicht und besagt, dass Künstler Bilder absichtlich manipulieren, um denselben Eindruck zu erwecken, den wir beim Blick in den Spiegel haben.

Einige Forscher zeigen auf, dass der Kopf der Venus, den wir in verschiedenen Gemälden sehen, im Spiegel im Verhältnis zum Gesicht zu groß ist. Dies wäre unmöglich, wenn der Beobachter relativ nahe vor ihr stünde. Die Venus müsste mindestens halb so groß wie der Spiegel sein.

Wir sehen nur, was wir sehen wollen. Wir hören nur, was wir hören wollen. Unser Glaubenssystem ist wie ein Spiegel, der uns nur zeigt, was wir glauben.

Don Miguel Ruiz

Der Venus-Effekt: Wen beobachtet die Venus?

Venus von Tizian - Venus-Effekt
Venus vor dem Spiegel – Tizian

Der Venus-Effekt ist eine visuelle Darstellung eines Spiegels, der auf den Betrachter gerichtet ist, anstatt auf den Protagonisten des Gemäldes. Dieser merkwürdige Effekt wurde von Künstlern wie Velázquez und Tizian in ihren Gemälden Venus vor dem Spiegel und von Veronese in seinem Werk Venus mit dem Spiegel verwendet.

Unser Verständnis der Spiegelbilder in Gemälden ist falsch. Letztlich bezieht sich der Venus-Effekt auf die Egozentrik der Annahme, dass die gemalte Figur im Spiegel dasselbe sieht, wie der Betrachter selbst.

Die meisten Personen, die vor dem Bild stehen, denken, dass die gemalte Venus ihr eigenes Spiegelbild betrachtet. Manche glauben, dass sie selbst von der Venus betrachtet werden. Doch beide Annahmen sind falsch. In Wirklichkeit betrachtet die Venus das Spiegelbild des Malers.

In der genannten Studie kommen die Wissenschaftler deshalb zu dem Schluss, dass die Wirkung weniger realistisch gewesen wäre, wenn die Künstler diese Bilder tatsächlich so gemalt hätten, wie sie sie gesehen haben.

Zweifellos ein überraschender Effekt, der ebenfalls in anderen Künsten wie Film und Fernsehen zum Einsatz kommt. Er erzeugt nicht nur falsche Wahrnehmungen, sondern auch Emotionen und bringt die Betrachter zum Nachdenken.


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  • Bertamini M, Latto R, Spooner A. The Venus effect: people’s understanding of mirror reflections in paintings. Perception. 2003;32(5):593-9. doi: 10.1068/p3418. PMID: 12854645.

  • Marco Bertamini, Lauren A. Wynne (Nov 2009): The tendency to overestimate what is visible in a planar mirror amongst adults and children


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