Der molekulare Fußabdruck von Stress
Die Epigenetik ist eine Disziplin, die Veränderungen im Genom untersucht, welche durch Umwelt- und Erbfaktoren hervorgerufen werden. Aufgrund dieser Forschungen sind wir uns heute darüber bewusst, das bestimmte einschneidende Lebenserfahrungen den genetischen Code des Menschen verändern. Der molekulare Fußabdruck von Stress ist einer der Faktoren, die momentan genauer untersucht werden. Dies liegt daran, dass dadurch die Informationen verändert werden, die Menschen für bestimmte Krankheiten prädisponieren.
Stress ist ein Gefühl körperlicher und mentaler Anspannung, das unter gewissen Umständen deiner Gesundheit schaden kann. Obwohl er im Körper auch eine sehr wichtige adaptive Rolle spielt, weil er deinen Körper in einen Alarmzustand versetzt. Wenn du unter Stress bist, steigt dein Adrenalin- und dein Cortisolspiegel stark an. Es ist ein Zustand der Überreizung und Überexposition, der deine Immunantworten, dein Verdauungssystem und andere Wachstumsprozesse verändert.
Daher untersuchen Wissenschaftler auf der ganzen Welt, ob diese Veränderungen auch in irgendeiner Art und Weise die genetische Information betreffen. Vielleicht werden diese Modifikationen an die Kinder vererbt und somit auch an nachfolgende Generationen weitergegeben. Das wird als der molekulare Fußabdruck von Stress bezeichnet.
“Mache dir keinen Stress darüber, was hätte sein können; wenn es hätte sein sollen, dann wäre es so gekommen.”
-Unbekannt-
Der molekulare Fußabdruck von Stress
Um den molekularen Fußabdruck von Stress zu untersuchen, hat ein Team von Wissenschaftlern an der Tufts University School of Medicine analysiert, was in einer Generationenlinie geschieht. Dabei fanden sie heraus, dass sowohl die Kinder als auch die Enkelkinder Symptome aufwiesen, die im Zusammenhang mit dem Stress standen, unter dem ihre Vorfahren gelitten hatten.
In ähnlicher Weise untersuchten sie auch die Auswirkungen von posttraumatischem Stress, insbesondere bei schwangeren Frauen und deren Kindern. In diesem Zusammenhang scheint es so zu sein, dass jede Form der Gewalt, die die Frau während der Schwangerschaft erlebt hatte, zu einer veränderten Genomaktivität in der DNA der Babys führt. Dieser Vorgang wird als Methylierung bezeichnet. Er besteht darin, dass das Genom auf die Umwelt reagiert, indem einige Gene entweder ein- oder ausgeschaltet werden.
Es handelt sich um einen evolutionären Mechanismus, der die Anpassung an die Umwelt erleichtert. Daher kann man diesen Vorgang so interpretieren, dass sich die genetische Information eines Nachkommen als adaptive Reaktion verändert. Darüber hinaus könnte dies dazu führen, dass die Kinder ängstlicher oder aggressiver werden.
Genetisches Erbe
Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass Gene und die Umwelt bidirektional interagieren. Daher kann ein genetischer Faktor vor widrigen Umwelteinflüssen schützen, während ein Umweltfaktor ein genetisches Merkmal beeinflussen kann, das für Krankheiten disponiert.
Wie wir bereits erwähnt haben, hat die Forschung herausgefunden, dass Stress die Funktion des Genoms verändern und sogar von Generation zu Generation übertragen kann. Unter den Faktoren, die Stress über das Genom beeinflussen kann, finden sich beispielsweise die Lebenserwartung und das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.
Lebenserwartung
In einer Studie, die an der Indiana University School of Medicine und dem Scripps Research Institute durchgeführt wurde, identifizierten Forscher eine Anzahl von Genen, die die Antwort auf Stress und die Auswirkungen auf die Stimmung verändern können.
Mit anderen Worten, sie fanden heraus, dass Menschen, die kurz zuvor unter erheblichem Stress oder Stimmungsschwankungen gelitten hatten, eine Veränderung der Expressionsniveaus des ANK3-Gens aufwiesen. Dies steht im Zusammenhang mit vorzeitiger Alterung und verringerter Lebenserwartung.
Der molekulare Fußabdruck von Stress und kardiovaskuläre Erkrankungen
Eine andere von der Duke University durchgeführte Studie analysierte die Interaktion von Genen mit der Umgebung in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Forscher identifizierten eine genetische Variante, die die Anfälligkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie für Diabetes und Übergewicht bei den Menschen erhöht, die diese Variante aufweisen.
Interessanterweise hängt Stress mit diesen Erkrankungen zusammen. Darüber hinaus könnte aber laut dieser Studie die Prädisposition dafür genetisch bedingt sein. Ein höheres Risiko besteht insbesondere bei Menschen, die bestimmte Polymorphismen im EBF1-Gen haben. Denn dieses Gen spielt eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des Immunsystems.
Kurz gesagt, der molekulare Fingerabdruck von Stress kann nicht nur das Risiko zukünftiger Krankheiten bestimmen. Darüber hinaus ist er auch übertragbar und vererbbar. Daher kann er die Anfälligkeit deiner Nachkommen für derartige Erkrankungen ebenfalls beeinflussen. Aus diesen Gründen und um die kurzfristigen Auswirkungen von Stress zu lindern, solltest du verschiedene Techniken und Instrumente kennen und verinnerlichen, mit denen du Stress besser bewältigen kannst.