Der innere Friede: Übe dich in Geduld!
Geduld ist eine fragwürdige Tugend, die manche dazu bringt, Widrigkeiten ohne Widerstand zu ertragen. Diese Interpretation des Wortes ist jedoch ungenau, denn sie geht davon aus, dass Geduld passiv ist. In Wahrheit handelt es sich um eine Kompetenz, die viele emotionale Ressourcen erfordert. Sich in Geduld zu üben bedeutet nicht innezuhalten oder durchzuhalten, sondern ruhig zu bleiben.
Impulsivität und Geduld
In jedem von uns steckt immer noch ein Säugetier, das mehr oder weniger räuberisch ist. Wenn wir unseren Charakter nicht kultivieren, neigen wir zu Impulsivität. Wir reagieren schnell, um anzugreifen oder uns zu verteidigen, ohne uns darüber im Klaren zu sein, was wir erreichen wollen und mit welcher Strategie. Manchmal können wir nicht einmal genau definieren, welche Bedrohung diese Reaktion auslöst.
Geduld ist das Gegenteil von Impulsivität. Es ist kein Zustand der Passivität, sondern eine Reaktion, die auf Weisheit basiert und nicht darauf, was unser Bauchgefühl uns zuruft.
Der innere Frieden ermöglicht es dir, dich in Geduld zu üben. Dazu gehört ein gewisses Maß an Ausgeglichenheit, um die ursprünglichen Impulse zu zügeln und sie durch einen Prozess der langsamen Analyse zu ersetzen. Für diesen inneren Frieden musst du einen verständnisvollen, einfühlsamen und geduldigen Geist kultivieren. Du musst wissen, wie du ruhig bleibst, auch wenn Chaos herrscht.
Während Geduld dich dazu bringt, durchsetzungsfähig zu sein, führt Impulsivität zu Mehrdeutigkeit. Am Ende verschlimmert sich das Problem, das nicht schwerwiegend war, du schaffst Distanz, wo Nähe sein sollte, und sprichst Worte aus, die andern schaden, anstatt für alle gute Lösungen zu finden.
Deshalb gehört Geduld zu den großen universellen Tugenden, die selbst die kühnsten Krieger im Laufe der Geschichte kultiviert haben.
Übe dich in Geduld!
Niemand kommt mit dieser Tugend zur Welt. Ganz im Gegenteil. Ein Baby will, was es braucht, und es will es sofort. Es hat kein Gespür für das Warten und auch keine intellektuellen oder emotionalen Werkzeuge, die es ihm ermöglichen, einen Wunsch aufzuschieben. Geduld ist ein Lernprozess.
Du musst in der Lage sein, Reaktionen sofort zu unterbinden. Manchmal machen ein paar Sekunden den Unterschied zwischen unberechenbarem oder intelligentem Verhalten aus. Wir zitieren in diesem Zusammenhang den weisen Shantideva: “Wenn ich also sehe, dass ein Freund oder Feind etwas Falsches tut, werde ich mich daran erinnern, dass es aufgrund der Umstände geschieht und ruhig bleiben”. Shantideva führt uns vor Augen, dass das Verstehen der Umstände einer Situation unsere Geduld unterstützen kann.
Je mehr du dich in Geduld übst, desto besser wirst du. Nimm dir einen Moment Zeit, bevor du reagierst oder handelst, damit du dein Gehirn zum Nachdenken zwingen kannst.
Die Atmung hilft dir, dich zu beruhigen. Tiefes Atmen ist immer eine einfache Ressource, die immer zur Hand ist. Aber es hilft auch, wenn du Geduld kultivierst und in deinem Kopf und Herzen die Vorstellung verankerst, dass du für dich selbst verantwortlich bist. Dass alles, was du tust oder nicht tust, allein in deiner Verantwortung liegt. Dass alles, was passiert, davon abhängt, wie du handelst.
Schlussbetrachtung
Mit dieser Überzeugung und einer Prise Hoffnung kannst du es schaffen. Denke daran, dass alles im Leben einen Anfang und ein Ende hat. Genauso wie Glücksmomente geboren werden und vergehen, halten auch Widrigkeiten oder undankbare Momente nicht ewig an. Geduld trägt dazu bei, dass jedes Problem überschaubarer wird, kürzer dauert und dass die Folgen besser kontrollierbar sind.
Wenn du damit beginnst, deine Emotionen zu kontrollieren, wirst du Geduld erreichen. Anstatt anderen, die dich nerven, die Macht zu geben, wirst du selbst entscheiden, ob du ruhig bleibst, oder ob es sich lohnt, dich aufzuregen. Sobald du dir über deine Kraft bewusst bist, hast du den wichtigsten Schritt erreicht. Du bist auf dem Weg eines ruhigen, friedvollen Lebens.