Der Geist in der buddhistischen Lehre
Der Buddhismus ist eine Erfahrungsreligion, die auf philosophisch-logische Lehren aufbaut. In buddhistischen Schriften wird der Körper mit einem Gasthaus verglichen, der Geist mit einem Gast, der darin verweilt. Das faszinierende Konzept des Geistes und seiner Beziehung zum Selbst soll in der buddhistischen Lehre dazu beitragen, das Bewusstsein besser zu verstehen. Es geht um die Frage, wer wir wirklich sind.
Der Geist in der buddhistischen Lehre
Der Buddhismus verbindet die Realität geistiger Zustände nicht mit einem substanziellen, unabhängigen und dauerhaften Selbst. Stattdessen wird das Selbst als eine sich ständig verändernde Gesamtheit verschiedener Elemente verstanden, aus denen sich der Mensch zusammensetzt. Diese Sichtweise ist ein zentraler Gedanke der buddhistischen Philosophie und wird als Lehre vom “Nicht-Selbst” oder “Nicht-Ich” (Anatta) bezeichnet.
Sowohl der Körper als auch der Geist sind Teil dieser Prinzipien und bilden die Bewusstseinsströme, die wir im Alltag als “Personen” bezeichnen. Jeder Augenblick unserer Erfahrung umfasst zahlreiche Variablen, die anhand der fünf Aggregatfaktoren klassifiziert werden können. Die fünf Aggregate machen unsere Erfahrung aus und helfen uns, sie zu verstehen und die Ursachen für unsere Probleme zu analysieren. Sie sind grundlegend für das Verständnis der buddhistischen Lehre.
Die fünf Aggregate in der buddhistischen Lehre
Die frühesten buddhistischen Texte sind in Pali verfasst, einer dem Sanskrit nahestehenden Sprache, die in den Regionen gesprochen wurde, in denen Siddhartha Gautama, der historische Buddha, lebte. In Pali werden die Aggregate als “Khandas” bezeichnet. Sie weisen folgende Eigenschaften auf:
- Körperlichkeit (rūpa): Dieses Aggregat bezieht sich auf die gesamte materielle Struktur. Es umfasst sowohl unseren Körper als auch die physischen Objekte, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen.
- Gefühle (vedanā): Dieses Aggregat bezieht sich auf jede Empfindungen, die in unserem Körper entstehen, wenn wir ein äußeres Objekt wahrnehmen oder mit einem bestimmten Gedanken in Berührung kommen.
- Wahrnehmung (saññā): Wenn wir etwas erleben, erkennen wir es und benennen es. So wie wir Objekte wahrnehmen und ihnen einen Namen geben, beurteilen wir Empfindungen als angenehm, unangenehm oder neutral.
- Geistesformation (sankhāra): Sobald wir eine Empfindung als angenehm, unangenehm oder neutral identifizieren, neigt der Geist dazu, eine Reaktion der Anhaftung oder Abneigung auf diesen Reiz zu erzeugen. Hier entstehen Sehnsüchte, Bedürfnisse und Wünsche, die unser handeln steuern.
- Bewusstsein (viññāna): Dieser Aspekt bezieht sich auf das reine Bewusstsein oder die Fähigkeit, sich etwas bewusst zu machen. Es gibt 6 Arten von viññāna, eine für jeden Sinn (Tasten, Schmecken, Hören, Sehen, Riechen) und den Geist.
Achtsamkeit in der buddhistischen Lehre
Um die Natur des Bewusstseins zu erforschen, berufen sich buddhistische Traditionen auf subjektive Erfahrungen. Die Konzentration auf die Art und Weise, wie verschiedene geistige Phänomene entstehen und verschwinden, setzt jedoch einen ruhigen Geist voraus.
Ein in Sage Open veröffentlichter Artikel weist darauf hin, dass das buddhistische Modell des Geistes die Praxis von Meditation und Achtsamkeit erleichtert, indem es die verschiedenen Phänomene, die im Bewusstsein auftreten, identifiziert. Ein ruhiger Geist ist in der Lage, die Dynamik der genannten geistigen Aggregate klar zu erfassen.
Das erklärt die Bedeutung der Achtsamkeit für den Buddhismus. Sowohl die Theorie des Geistes als auch die Praxis bedingen sich gegenseitig. Die Zeitschrift Journal of Psychosomatic Research weist darauf hin, dass es umfangreiche Untersuchungen darüber gibt, wie diese Übungen dazu beitragen, die Gedanken zu beruhigen, die Konzentration zu steigern und die Angst zu reduzieren.
Achtsamkeit – beobachten und loslassen
Es ist wichtig zu wissen, dass die fünf Aggregate als vergänglich und voneinander abhängig gelten. Sie verändern sich also ständig und beeinflussen sich gegenseitig.
Eine der grundlegenden Lehren des Buddhismus besagt, dass Leiden dadurch entsteht, dass man an diesen Aggregaten festhält, als wären sie dauerhaft oder als würden sie ein festes, unabhängiges “Ich” darstellen.
Ein wichtiger Teil der buddhistischen Praxis besteht daher darin zu lernen, diese fünf Aggregate klar zu sehen und zu verstehen, um sich von Anhaftung und Leid zu befreien. Das ist das Hauptziel der Achtsamkeitspraxis.
Der Geist in der buddhistischen lehre und in der westlichen Philosophie
Es gibt einen Punkt, an dem sich der Buddhismus und bestimmte Denker in der westlichen Philosophie hinsichtlich der Vorstellung eines vergänglichen Selbst annähern. Einige Philosophen wie David Hume und Derek Parfit stellen die Vorstellung einer konstanten persönlichen Identität infrage und argumentieren, dass das Selbst aus sich ständig verändernden Elementen besteht.
Diese Denker vertreten ähnliche Ideen wie die buddhistische Lehre vom “Nicht-Selbst”, denn sie gehen davon aus, dass die persönliche Identität keine feste und dauerhafte Einheit ist, sondern ein fließendes und sich veränderndes Konstrukt. Diese Überschneidungen zeigen, wie verschiedene philosophische Traditionen zu ähnlichen Ansichten über die Natur des Geistes und der Identität gelangen.
Der Buddhismus über den Geist und den Begriff des Selbst
Wie wir gesehen haben, vertritt der Buddhismus ein ganz anderes Konzept des Geistes, als wir es kennen. Dies stellt unsere alltäglichen Intuitionen über den Begriff des Selbst infrage.
Der Vorschlag dieses komplexen Modells des Geistes wird durch die Aufforderung ergänzt, Achtsamkeit zu praktizieren, um die Entstehung der Bewusstseinsphänomene und ihre gegenseitige Abhängigkeit mit Klarheit zu beobachten.
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