Der Dobby-Effekt und Schuldgefühle

Hast du ständig Schuldgefühle? Bestrafst du dich vielleicht sogar selber? Dann leidest du eventuell an einem als "Dobby-Effekt" bezeichneten Phänomen.
Der Dobby-Effekt und Schuldgefühle
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Raquel Lemos Rodríguez

Letzte Aktualisierung: 17. Februar 2023

Selbstbestrafung gehört für viele Menschen zur täglichen Realität. Daher wollen wir uns heute näher mit dem Dobby-Effekt beschäftigen.

Wenn du die Harry Potter Bücher kennst, dann ist dir sicherlich auch der Name Dobby ein Begriff. Dobby ist ein Hauself, der sich jedes Mal selber bestraft und verletzt, sobald er nicht die Erwartungen seines Herren erfüllt.

Dieser Charakter soll den Leser eigentlich belustigen. Allerdings ist jeder, der Zeuge von Dobbys selbst bestrafendem Handeln wird, zutiefst darüber irritiert. Warum würde sich jemand selber verletzen wollen?

Der sogenannte Dobby-Effekt bezeichnet ein destruktives Verhalten sich selbst gegenüber, wie es auch der liebenswerte Elf zeigt. Bis zu einem gewissen Grad ist es normal, dass wir Schuldgefühle empfinden, wenn wir etwas tun, das gegen unsere Wertvorstellungen verstößt.

Auch, wenn wir Dinge tun, die wir als unethisch oder unmoralisch ansehen, können wir uns dafür schuldig fühlen. Allerdings wird dieses Gefühl zu einem ernsthaften Problem, wenn du dich permanent selber dafür bestrafst, weil du dich für alles schuldig fühlst. Dadurch lädst du dir zu viel Verantwortung auf deine Schultern und das kann dich dauerhaft belasten.

Der Dobby-Effekt: übermäßige Schuldgefühle

Dobby-Effekt - Frau

In unserer heutigen Gesellschaft kann es leicht passieren, dass du dich schuldig oder unzulänglich fühlst, ohne dass es dafür einen realen Grund gibt. Oftmals entstehen Schuldgefühle dadurch, dass wir meinen, den Erwartungen anderer Menschen oder der Gesellschaft nicht zu entsprechen. Damit du ein bisschen besser verstehst, was genau wir damit meinen, geben wir dir zwei Beispiele:

  • Eine schlechte Mutter sein. Viele Frauen leiden unter einer postpartalen Depression. Diese führt dazu, dass sich die betroffenen Mütter extrem schuldig, ängstlich und unglücklich fühlen. Dem gegenüber steht nun die in der Literatur und auch in der Gesellschaft weit verbreitete Ansicht, dass eine Mutterschaft das Beste sei, was eine Frau in ihrem Leben erfahren kann. Daher sollte jede Mutter natürlich absolut glücklich und zutiefst zufrieden und erfüllt sein. Wenn du nun aber an einer postpartalen Depression leidest, dann kannst du diese gesellschaftliche Erwartung nicht erfüllen. Und dies wird deine Schuldgefühle möglicherweise noch verstärken.
  • Du wolltest es nicht anders. Viele missbrauchte Menschen rechtfertigen den Missbrauch und Gewalt durch ihren Partner damit, dass sie diesen durch ihr eigenes Fehlverhalten dazu veranlasst hätten. Sie geben sich also selber die Schuld dafür. Aufgrund dieser Schuldgefühle können sie den Partner dann auch nicht verlassen, denn sie sind ja selber für diese Gewalt und den Missbrauch verantwortlich. Deutlich wird dieses Phänomen in der Studie Selbstbeschuldigung von Frauen, die von ihren Partnern misshandelt wurden. Implizierte Faktoren.

Es gibt viele weitere Szenarios, in denen ein Mensch unter dem Dobby-Effekt leiden kann. Wenn eine Frau beispielsweise an einer postpartalen Depression leidet, dann verstärkt sie diese noch durch die auftretenden Schuldgefühle. Genauso wie eine misshandelte Person den Täter dadurch entschuldigt, dass sie sich selber die Schuld für den Missbrauch gibt.

Es ist eine Art der indirekten Selbstbestrafung. Dabei verletzt sich der Betroffene nicht selber, lässt aber die Verletzung durch jemand anderen zu.

Die Bedeutung von Verantwortung beim Dobby-Effekt

Dobby-Effekt - Mann

Ein Schuldgefühl muss sich nicht zwangsläufig in schädlichem Verhalten äußern. Allerdings können Schuldgefühle dann für dich schädlich werden, wenn du sie nur aus dem Grund hast, um dich ihretwegen selber zu bestrafen und dadurch zu leiden.

Dann werden sie zu einer perversen Selbstbestrafung, bei der du dich nicht mehr genügend selber behaupten kannst und dadurch zulässt, dass andere dir Schaden zufügen. Genau das hat Dobby getan.

Es kann sein, dass du dieses übergroße Verantwortungsgefühl bereits seit deiner Kindheit empfindest. Vielleicht haben deine Eltern all ihre Sorgen und Frustrationen auf dich übertragen. Möglicherweise hast du bereits als Kind immer wieder gehört, dass du nicht liebenswert oder nicht gut genug bist. Oder auch, dass du für alles, was passiert, die Verantwortung trägst.

Diese Glaubenssätze, die du früh in deinem Leben erlernt hast, begleiten dich dein ganzes Leben. Dadurch hast du gelernt, dass “Alles deine Schuld ist” oder dass “Du ein schlechter Mensch bist”. Und daher glaubst du auch, dass du dafür eine Bestrafung verdienst.

Dennoch gibt es Hoffnung für dich, denn du kannst dich vom Dobby-Effekt befreien. Allerdings musst du daran arbeiten, dass du dein Selbstwertgefühl stärkst. Tue möglichst viele Dinge, die dich dabei unterstützen.

Sobald du damit beginnst, dein Selbstkonzept zu verbessern, kannst du langsam auch liebevoller und nachsichtiger mit dir umgehen. So wirst du auch auf Fehler, die dir unterlaufen, gelassener und flexibler reagieren können. Der wichtigste Effekt, den diese Arbeit an dir haben wird, ist der, dass du nach und nach lernst, nicht mehr für alles die Verantwortung zu übernehmen.

Abschließende Gedanken

Wenn du das Gefühl hast, dass du am Dobby-Effekt leidest, dann solltest du nicht länger abwarten. Suche dir auf jeden Fall einen professionellen Therapeuten, der dich auf deinem Weg begleiten kann.

Dadurch wird sich nicht nur dein innerer Dialog verbessern, sondern auch die Art und Weise, wie du selber mit dir umgehst. So kannst du dich dann letztendlich auch vor diesem schädlichen Phänomen schützen.


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