Depression bei Patienten mit einer Funktionsstörung der Schilddrüse

Depression bei Patienten mit einer Funktionsstörung der Schilddrüse
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Obwohl es eigenständige Krankheiten sind, ist der Zusammenhang zwischen einer Funktionsstörung der Schilddrüse und dem Risiko, an einer Depression zu erkranken, seit einiger Zeit bekannt. Es ist im Allgemeinen so, dass Patienten mit einer Schilddrüsenunterfunktion eine gewisse Niedergeschlagenheit, Lustlosigkeit und Apathie empfinden, was sogar zu einem depressiven Zustand führen kann. Und das aufgrund dieser hormonellen Störung, die in der Bevölkerung so weit verbreitet ist.

Vor einigen Jahren warnte ein interessanter Artikel in der Zeitschrift Psychology Today  vor der Tatsache, dass hinter vielen psychischen Problemen ein einfaches Schilddrüsenproblem stecken könnte. Dr. Amir A. Afkhami, Professor für Psychiatrie an der George Washington University (DC, USA), wies darauf hin und bringt uns so vielleicht dazu, doch einmal gut über dieses Thema nachzudenken.

Manchmal übersehen Ärzte, dass sich hinter psychischen Problemen Funktionsstörungen der Schilddrüse verbergen.

Es ist schon eigenartig, wie dieses gerade einmal 20 Gramm schwere Organ in Form eines Schmetterlings unseren Stoffwechsel, unser inneres Gleichgewicht und Wohlbefinden so enorm beeinflusst. Jede noch so kleine Veränderung in der Aktivität der Schilddrüse führt zu einer mehr oder weniger deutlichen körperlichen Symptomatik. Es ist in diesem Zusammenhang auch bekannt, dass es Patienten mit psychotischen Störungen gibt, bei deren Entstehung eine Schilddrüsenunterfunktion eine wesentliche Rolle spielt.

All das bringt uns zur Schlussfolgerung, dass es für die Diagnose von psychischen Problemen notwendig ist, auf Veränderungen in der Schilddrüsefunktion zu untersuchen. Dr. Afkhami machte darauf aufmerksam, dass es aufgrund von Nachlässigkeit, was die Suche nach dem Ursprung einer psychischen Erkrankung anbelangt, zu sehr tragischen Situationen kommen kann, in denen Patienten eine Odyssee von Behandlungen und Therapien über sich ergehen lassen müssen, bis schließlich der wahre Auslöser ausfindig gemacht wird: eine Funktionsstörung der Schilddrüse.

Schilddrüse

Funktionsstörungen der Schilddrüse: ein weitverbreitetes Problem

Laut einer Studie zur Prävalenz von Schilddrüsenerkrankungen, die 2010 in den USA durchgeführt wurde, hatten fast 10 % der Bevölkerung eine Funktionsstörung der Schilddrüse, die noch nicht diagnostiziert worden war. Oft handelte es sich dabei um subklinische Funktionsstörungen. An einer subklinischen Schilddrüsenunterfunktion leiden der Studie zufolge hauptsächlich Frauen, vor allem Frauen, bei denen die Menopause bevorsteht.

Bei einer subklinischen Hypothyreose, wie die Schilddrüsenunterfunktion im medizinischen Sprachgebrauch bezeichnet wird, sind die körperlichen Symptome nur sehr schwach ausgeprägt. Aber das heißt nicht, dass die Auswirkungen der Erkrankung auf die Psyche nicht bestünden, denn bei einem Großteil der Betroffenen ließen sich Hinweise auf eine depressive Störung finden. Besteht also ein Zusammenhang zwischen einer Funktionsstörung der Schilddrüse und Depression?

Ja, so seltsam es uns auch erscheinen mag, es gibt Patienten, die sich einer Behandlung gegen Depressionen unterziehen, ohne eine Verbesserung oder irgendeine Veränderung zu erfahren, weil sie niemals die richtige Diagnose erhalten haben. Hierbei sollten wir nicht ungesagt lassen, dass sich im Rahmen einer Schilddrüsenerkrankung neben depressiven Symptomen auch eine ausgeprägte Angststörung entwickeln kann.

Seltsamerweise ist diese Realität seit 1825 bekannt, als sie noch als „nervöse Affektiertheit“ beschrieben wurde. Auch diese Information ist beachtenswert, da, wie im Journal Thyroid Research  erklärt wird, fast 40 % der Menschen, die eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse haben, Gefahr laufen würden, irgendwann an einer Depressionen zu erkranken.

Erschöpfte Frau lehnt sich an Wand

Schauen wir uns nachfolgend die Symptome an, die häufig mit einer Schilddrüsenunterfunktion einhergehen:

  • Müdigkeit und das Gefühl, überlastet zu sein
  • Lustlosigkeit
  • Gedächtnis- und Konzentrationsschwierigkeiten
  • Schwierigkeiten bei der Bewältigung der einfachsten Aufgaben
  • Häufige Wutanfälle und oft schlechte Laune
  • Hilflosigkeit, negative Gedanken
  • Selbst im Sommer ist Patienten kalt
  • Verstopfung
  • Gewichtszunahme
  • Fruchtbarkeitsprobleme
  • Trockene Haut
  • Haarausfall

Wie wird eine Schilddrüsenunterfunktion behandelt?

Wie wir bereits wissen, besteht ein Zusammenhang zwischen einer Funktionsstörung der Schilddrüse und unserer Gemütsverfassung. Wir wissen nun, dass die Depression als Symptom von klinischen und subklinischen Schilddrüsenerkrankungen genannt werden sollte. Da stellt sich doch die Frage, ob es für diesen Zustand, für all diese Symptome, eine wirksame Behandlung gibt.

Die Antwort ist ja, es gibt eine wirksame Therapie und die Patienten sprechen für gewöhnlich sehr gut auf sie an. Eine an der Universität von Anhui (China) durchgeführten Studie belegt, dass nach einer sechsmonatigen Behandlung mit Levothyroxin (einer Variante des Schilddrüsenhormons) die Patienten eine eindeutige Besserung aufweisen.

  • Ihre kognitiven Prozesse verbessern sich, sie können sich wieder auf ihre Aufgaben konzentrieren, sie bekommen ihr Erinnerungsvermögen zurück und fühlen sich motiviert, um sich zu organisieren und sich Ziele zu setzen.
  • Ein weiterer wichtiger Aspekt, den wir bedenken sollten, ist der folgende: Wenn jemand an einer subklinischen Schilddrüsenerkrankung und darüber hinaus an einer mit ihr verbundenen depressiven Störung leidet, würden ihm Antidepressiva keinerlei Linderung verschaffen.
Arzt untersucht die Schilddrüse einer Frau

Experten warnen, dass Antidepressiva in diesen Fällen nicht nur unbrauchbar seien, sondern dazu noch Nebenwirkungen haben: Schlaflosigkeit, weitere Gewichtszunahme und ein problematischer und negativer emotionaler Zustand. Wie wir zu Beginn bereits erwähnt haben, heißt das, dass es notwendig ist, dass jeder Arzt, der vor sich einen Patienten mit einer Depression hat, zuerst abklären muss, ob diese Depression mit einer hormonellen Dysbalance verbunden ist oder nicht. Falls diese Analyse nicht durchgeführt wird, kann es sein, dass der Patient eine falsche Behandlung erhält, was seine Probleme weiter verschlimmert. Abschließend können wir sagen, dass Levothyroxin Abhilfe schafft, dass es wirksam ist und in jeglicher Hinsicht eine Verbesserung schilddrüsen-assoziierter psychischer Leiden ersichtlich wird.

Wir sollten unsere hormonelle Gesundheit daher nicht vernachlässigen, wenn wir unser Psyche pflegen wollen. Auch wenn wir manchmal sagen: „Wir Menschen sind das Produkt unserer Gedanken und Gefühle“,  sollten wir dennoch eine Kleinigkeit hinzufügen: Wir sind auch das Produkt unserer Hormone, und wenn sie im Gleichgewicht sind, sind auch wir ausgeglichen.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.