Das SSRI-Entzugssyndrom

Das SSRI-Entzugssyndrom
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind derzeit die am häufigsten verschriebenen Arzneimittel zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen. Das SSRI-Entzugssyndrom tritt auf, wenn man ein entsprechendes Medikament abrupt absetzt, nachdem man es eine bestimmte Zeit lang eingenommen hat. Es kann jedoch auch sein, dass die im Folgenden beschriebenen Entzugserscheinungen auftreten, wenn die Dosis des Arzneimittels reduziert wird. Der Organismus kann sich nicht so schnell an die plötzliche Abnahme des Serotonins im synaptischen Spalt anpassen und so treten Symptome wie Übelkeit, Zittern, Kopfschmerzen und Schlafstörungen auf.

Zunächst muss gesagt werden, dass diese Art von Zustand eher selten ist. Experten im Gesundheitswesen verschreiben diese Medikamente normalerweise nach einer Reihe sehr präziser Richtlinien, um genau diese Art von Nebenwirkungen zu vermeiden. Und neben den körperlichen Beschwerden bedeutet das SSRI-Entzugssyndrom eine psychische Belastung: Wenn eine Person eine solche Situation erlebt, glaubt sie oft, sie würde einen Rückfall erleben. Daher bittet sie ihre Ärzte erneut darum, mit Antidepressiva behandelt zu werden.

Darum ist es so wichtig, alle Wirkungen dieser Psychopharmaka zu kennen und zu verstehen, welche Folgen es haben kann, die Empfehlungen der Experten nicht zu befolgen. Wir wollen im Folgenden weitere Informationen dazu betrachten

Verschiedene Tabletten

Warum tritt das SSRI-Entzugssyndrom auf?

Bevor wir uns näher mit diesem Syndrom befassen, welches mit den genannten Antidepressiva in Verbindung steht, wollen wir uns erinnern, was diese SSRI überhaupt sind. Diese Abkürzung bezeichnet Inhibitoren der Wiederaufnahme von Serotonin, welche zu den meistgenutzten Medikamenten zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen zählen.

Wenn diese also so häufig verschrieben werden, muss das auch daran liegen, dass ihre Nebenwirkungen eher mild und vorübergehend sind. Die unerwünschten Symptome, die im Rahmen einer Therapie mit Fluvoxamin, Fluoxetin, Sertralin oder Paroxetin auftreten, sind im Vergleich zu denen trizyklischer Antidepressiva, die mit kardiovaskulären und anticholinergen Symptome einhergehen, weniger belastend.

Da wir zudem wissen, dass SSRI sehr wirksam sind, können wir nur sagen, dass wir froh sein sollten, sie zu haben – vorausgesetzt, wir verabreichen es entsprechend der ärztlichen Empfehlung und setzen es so auch ab. Wer ein Psychopharmakon absetzt, sollte dies nach und nach und niemals auf abrupte Art und Weise tun. Das abrupte Absetzen von SSRI ist der häufigste Trigger des SSRI-Entzugssyndroms.

Das SSRI-Entzugssyndrom – Was genau ist das?

Das Serotonin ist ein multifunktionaler Neurotransmitter, der nicht nur die Kommunikation zwischen den Gehirnzellen erleichtert, sondern auch unser Wohlbefinden, unsere Motivation, unser soziales Verhalten, unser Gedächtnis usw. beeinflusst. Wenn nun eine Person an Depressionen leidet, ist die Serotoninkonzentration im synaptischen Spalt vermindert.

Es ist so, als würde sich das Gehirn in Bezug auf diese Substanz im Winterschlaf befinden. Das nur sehr spärlich vorhandene Serotonin wird zügig aus dem synaptischen Spalt resorbiert, und zwar von den Neuronen, die diese Synapse bilden.  SSRI hingegen blockieren diese Wiederaufnahme und fördern die Akkumulation von Serotonin im synaptischen Spalt. 

  • Nach einer mehrwöchigen Behandlung mit SSRI vermindert sich die Anzahl der Serotoninrezeptoren, als Reaktion auf die nun erhöhte Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt.
  • Wenn wir diese Art von Medikament nun abrupt absetzen, geben wir dem Gehirn keine Chance, sich anzupassen, sondern zwingen es, dies von heute auf morgen zu tun. Wir schaffen eine Situation, in der wenig Serotonin auf wenige Rezeptoren trifft.
  • Dieser Umstand gleicht dem funktionalen Serotoninmangel, der die Erkrankung überhaupt erst eingeleitet hat. So erleben wir einen Rückfall und sogar eine Intensivierung hinsichtlich der depressiven Symptomatik.
Frau, die an Angstzuständen leidet

Symptome im Zusammenhang mit dem SSRI-Entzugssyndrom

Beschwerden stellen sich typischerweise zwischen einem und zehn Tagen nach Beendigung der Therapie ein. Die Symptomatologie, die mit dem SSRI-Entzugssyndrom einhergeht, variiert von Patient zu Patient, und kann folgende Symptome umfassen:

  • Schwindel
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Müdigkeit
  • Reizbarkeit
  • Kopfschmerzen
  • Schlaflosigkeit
  • Muskelschmerzen
  • Schwierigkeiten beim Laufen
  • Bauchschmerzen
  • Durchfall
  • Parästhesien (Brennen, Jucken oder Kribbeln der Haut)
  • Visuelle Halluzinationen
  • Konzentrationsprobleme
  • Depersonalisierung
  • Negative Gedanken

Schlussendlich kann es in ernsteren Fällen sogar zu psychotischen Episoden oder zur Katatonie kommen, wobei die Person aufhört, auf ihre Umgebung zu reagieren. Wie wir zu Beginn jedoch angedeutet haben, tritt diese Art von Syndrom nicht sehr häufig auf. 

Frau, die besorgt mit einer Ärztin spricht

Prävention und Behandlung

Die Symptome des SSRI-Entzugssyndroms können gelindert werden, indem die ursprüngliche SSRI-Dosis wieder eingestellt und dann über einen längeren Zeitraum angemessen verringert wird. Das ist jedoch etwas, das die behandelnden Ärzte entscheiden müssen, da das Ausschleichen in jedem Fall anders aussehen kann.

All dies zwingt uns zweifellos, uns noch einmal daran zu erinnern, wie wichtig es ist, vorzubeugen. Obwohl diese Kondition nicht zu häufig auftritt, sollten wir beachten, dass wir niemals willkürliche Entscheidungen bezüglich der Verabreichung oder Absetzung eines Medikaments treffen sollten, das uns verschrieben wurde.

Ganz generell kann man sagen, dass, wenn die Behandlung mit einem SSRI zwischen vier und acht Wochen gedauert hat, es am besten ist, die Dosis über eine oder zwei Wochen langsam zu reduzieren. Falls die Behandlung über Monate andauerte, sollte das Ausschleichen noch langsamer erfolgen. Wenn wir von einem auf den anderen Tag damit aufhören, diese Tabletten zu nehmen, ruft dies höchstwahrscheinlich einen sehr unangenehmen Zustand hervor, von dem wir in keiner Weise profitieren.


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