Das Objekt klein a in Lacans Theorie
Wenn Menschen an Psychoanalyse denken, verbinden sie diese meistens direkt mit Sigmund Freud, dem Begründer dieser Disziplin. Dennoch gibt es einige Autoren, die sein Vermächtnis fortgeführt haben. Einer von ihnen war Jacques Lacan, der Anerkennung für seine Theorien wie dem Objekt klein a erhalten hat. Manche bezeichnen es auch als “Grund des Begehrens”.
In unserem heutigen Artikel werden wir uns damit beschäftigen, wie diese Theorie entwickelt wurde. Außerdem werden wir dir die Hauptmerkmale nennen, die das Objekt klein a charakterisieren. Darüber hinaus werden wir auch einige weitere, in diesem Zusammenhang relevante Aspekte von Lacans Theorien betrachten.
Wer war Jacques Lacan?
Jacques Lacan war ein französischer Psychoanalytiker, der innovative Elemente in die Psychoanalyse eingeführt hat. Zunächst studierte er Medizin und spezialisierte sich später auf die Psychiatrie. Darüber hinaus begann er im Jahr 1938 mit seiner Analyse, einem wesentlichen Prozess für jeden Psychoanalytiker.
Lacan ist bestens bekannt für seinen ersten Essay über das Konzept des Spiegelstadiums. In Bezug auf dieses und andere Werke erkannte der Autor, dass seine Theorien aus Freuds Theorien entstammten. Anschließend integrierte er auch Elemente anderer Disziplinen wie beispielsweise:
- Linguistik
- Philosophie
- Mathematik
Darüber hinaus war er auch sehr aktiv in der Welt der Kunst. So hatte er gute Beziehungen zu Luis Buñuel, Salvador Dalí, Pablo Picasso und André Breton. Außerdem interessierte er sich für den Surrealismus. Er besuchte die öffentliche Lesung von James Joyces Ulysses und schätzte die Arbeiten von Heidegger und Hegel.
Zu dieser Zeit gab uns seine Herangehensweise an die Psychoanalyse eine andere Perspektive auf die Beziehung zwischen Kunst, dem Unterbewussten und der Leere. Dies lag vor allem daran, dass er der Meinung war, dass die Post-Freudianer Freuds Werk falsch interpretiert hatten. Daher erweiterte er dessen Werk mit neuen Begriffen und Anwendungen.
Er legte so viel Wert auf dieses Thema, dass es ihn seine Mitgliedschaft in der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung kostete, nachdem er ihnen seine Ideen geschickt hatte. Daraufhin gründete er die Französische Psychoanalytische Vereinigung und außerdem eine eigene Schule in Paris.
Objekt klein a: Was ist das?
Objekt klein a ist eine Weiterentwicklung des Objektkonzeptes der psychoanalytischen Theorie. Es entstand aus der Notwendigkeit, das ursprüngliche Objekt der psychoanalytischen Theorie zu spezifizieren. Lacan nutzte Freuds “verlorenes Objekt des Begehrens” als Referenz. Außerdem berücksichtigte er Donald Winnicotts “Übergangsobjekt” und Melanie Kleins “Teilobjekt”.
Diesbezüglich stimmte Lacan mit Freuds Hypothese überein, die das “verlorene Objekt des Begehrens” als etwas ansieht, das unaufhörlich gesucht und nie gefunden wird. Es wird als unerfülltes asymptotisches Verlangen definiert, das es dem Individuum jedoch erlaubt, zu lernen, indem es sich in Kontakt mit der Realität befindet.
Zunächst einmal besteht Lacans Objekt klein a aus dem mangelnden Verlangen eines Menschen, ein Verlangen zu erfüllen. Dies liegt daran, dass sich die Person immer wieder einem anderen Objekt des Begehrens zuwendet, sobald ein Objekt des Begehrens erfüllt ist.
Obwohl dieses Konzept darüber hinaus geht, ist das Objekt klein a grundsätzlich der Anfangsbuchstabe des französischen Wortes autre, was auf Deutsch “anderes” bedeutet. Es bezog sich also auf “etwas anderes” oder “ein anderes” Objekt des Begehrens.
Lacan nutzte den Buchstaben a als logischen Wert, basierend auf Algebra. Es ist ein Konzept, das er nutze, um der Idee des Verlustes eine Metapher zuzuschreiben. Er betrachtete die Person, die eine Mischung aus ihrer Begierde, ihrer “anderen” Begierde, Freude, Liebe und Angst erlebte.
Dabei beziehen wir uns nicht auf etwas, das du verloren hast, sondern auf das permanente Gefühl, dass irgendetwas in deinem Leben fehlt. Mit anderen Worten, das Objekt klein a wäre eine Möglichkeit, all das zu verbergen, was in deinem Leben fehlt.
Objekt klein a und seine Merkmale
Lacan gab dem Objekt klein a verschiedene Namen: extimo, libra de carne, töricht, Aleph der Angst oder abscheulich. Er benutzte diese Namen, um zu erklären, worum es in dieser und seinen anderen Theorien geht. Wir wollen nun beleuchten, mit welchen Konzepten das Objekt klein a zusammenhängt:
- Freude. Das Objekt klein a ist verbunden mit der Funktion der Freude und mit der Ursache des Begehrens. Daher beantwortet es die Frage: Wie erlangt eine Person Freude? Sie erreicht dies durch die Befriedigung des Begehrens. Einerseits ist dies Freude, es ist aber auch mit Leiden verbunden. Es ist das, was jenseits des Prinzips des Vergnügens geschieht.
- Angst. Wenn kein Verlust vorliegt, dann entsteht laut Lacan Angst. Das Objekt klein a hängt damit zusammen, denn das ist es, was seine Realität erschaffen wird.
- Absenz/Mangel. In diesem Fall ist das Objekt klein a das Bild, das ein wenig von dem enthüllt, was einem Menschen wirklich fehlt. Es ist eine Art Fenster, das aufzeigt, was in seinem Leben fehlt.
- Fantasie. Dies bezieht sich sowohl auf die Fantasie als auch auf andere Dinge, die der Realität widersprechen. Es hat eine symbolische, abschweifende und bedeutsame Struktur. Der Zusammenhang zum Objekt klein a besteht hier darin, dass die Person den Versuch unternehmen kann, es zu erreichen, um sich selber zu repositionieren.
Lacansche Theorie
Wie du siehst, ist die Lacansche Theorie sehr umfassend und verwirrend, so dass du Zeit benötigst, um darüber nachzudenken und sie zu verstehen. Dies liegt hauptsächlich an der Sprache und den Konzepten, die aus dem Strukturalismus und der Mathematik stammen. Daher empfehlen wir dir, dich zunächst mit den Theorien von Freud zu befassen. Danach solltest du Schritt für Schritt die einzelnen Ideen von Lacan durcharbeiten, da sie alle miteinander verbunden sind.
Kurz gesagt ist das Objekt klein a eine “Erfindung” von Lacan, die auf den Gedanken und Theorien von Freud und seinen Zeitgenossen basiert oder von ihnen beeinflusst ist. Es ist ein Objekt, das auf das Unerreichbare deutet; ein Mehr an Freude, das mit Leiden, Mangel, Fantasie, Begehren und unseren “anderen” Verlangen verbunden ist. Es ist das Objekt, das den Grund des Begehrens oder das Fenster, das dessen Absenz aufzeigt.
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Lacan, J. (1956/1996). El seminario. Libro 4. La relación de objeto, Buenos Aires: Paidós.
Lacan, J. (1966/1975). El objeto del psicoanálisis.