Bestimmt die Genetik unsere Leidenschaft für das Lesen?
Die Lektüre fördert die Konzentration und die Kreativität, verbessert die Kommunikation, bildet und macht Spaß. Ein gutes Buch lädt uns auf eine Reise in andere Welten ein und ermöglicht es uns, Erfahrungen anderer Menschen zu erleben. Manche Kinder verschlingen Bücher buchstäblich, andere sind kaum an der Lektüre interessiert. Was hat die Genetik damit zu tun? Die Leidenschaft für das Lesen wird zumindest teilweise von unseren Genen bestimmt.
Die Anreize, die Kinder zum Lesen erhalten, sind zweifelsohne wichtig, doch wir dürfen die genetische Komponente nicht vergessen.
Die Leidenschaft für das Lesen ist eine Frage der Genetik
Genetik oder Umweltfaktoren? Wir fragen uns in fast allen Bereichen, wie diese beiden Dimensionen unsere Persönlichkeit beeinflussen. Studien mit Zwillingen sind ausgezeichnet, um Antworten zu finden. Ein Forscherteam der Vrije Universiteit in Amsterdam hat in einer Studie analysiert, inwieweit die Genetik die Leidenschaft für das Lesen bestimmt. Die Frage lautet: Warum lesen manche Kinder lieber und öfter als andere? Die Ergebnisse sind verblüffend.
Beim Vergleich von eineiigen und zweieiigen Zwillingen wurde festgestellt, dass zweieiige Zwillinge unterschiedliche Lesetendenzen haben. Eineiige Zwillinge haben allerdings ähnliche Veranlagungen, was auf genetische Faktoren zurückzuführen ist. Der Schlüssel scheint in der Lesefähigkeit zu liegen.
Kinder, die am meisten Bücher verschlingen, sind in der Regel auch diejenigen, die am besten lesen. Übung macht schließlich den Meister. Doch auch jene Kinder, die über eine bessere Lesefähigkeit verfügen, lesen mehr, da ihnen diese Beschäftigung mehr Spaß bereitet. Und die Lesefähigkeit ist in hohem Maße vererbbar.
Kinder mit Leseschwierigkeiten haben logischerweise keine Freude daran. Für sie bedeutet Lesen Arbeit und Anstrengung. Dies wird beispielsweise bei Kindern mit Legasthenie oder ADHS deutlich.
Wie Umweltfaktoren die Lesefähigkeit beeinflussen
Die zitierte Studie weist also darauf hin, wie wichtig die Genetik für die Lesefreude ist. Doch wie schaut es mit den Umweltfaktoren aus? Vorbilder, Anregungen und die Qualität des Unterrichts sind ebenfalls entscheidend. Es hat sich gezeigt, dass die Lehrkräfte einen Beitrag zum Leseerfolg ihrer Schüler leisten, doch nur bis zu einem gewissen Grad.
Wenn Kinder keine guten Lehrkräfte haben, entfalten sie ihr Potenzial nicht. Erhalten sie von ihren Lehrern Anregung und Motivation, bestimmt jedoch die Genetik, wie weit sie ihre Lesefähigkeit entwickeln. Und die Genetik kann bekanntlich nicht verändert werden. Das bedeutet jedoch nicht, dass Kinder mit schlechteren genetischen Voraussetzungen nichts machen können, um ihre Lesefähigkeit zu verbessern.
Es gibt viele Strategien, um Kindern zu helfen, Leidenschaft für das Lesen zu entwickeln:
- Gute Unterrichtsmethoden sind grundlegend. Wie bereits erwähnt, ist die Qualität der Lehrkräfte und der Schulbildung von großer Bedeutung, um das natürliche Potenzial eines jeden Kindes zu entfalten.
- Liebevolle Leseförderung zu Hause. Umweltfaktoren beeinflussen die Freude am Lesen ebenfalls. Eltern sollten mit gutem Beispiel vorangehen, sich Zeit nehmen, um mit ihren Kindern zu lesen und sie dazu anregen.
- Gelegenheiten zum Üben. Kinder sollten das Lesen möglichst oft praktizieren, denn je besser sie die Technik beherrschen, desto besser können sie sich auf die spannenden Inhalte konzentrieren.
Die Forschung hat gezeigt, dass die Freude am Lesen nicht nur davon abhängt, wie viel ein Kind liest, sondern auch von den Lesefähigkeiten und -fertigkeiten, die genetisch bedingt sind. Der positive Einfluss der Eltern und des Umfelds kann jedoch helfen, Leidenschaft für das Lesen zu entwickeln und sich in dieser Kompetenz zu verbessern.
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