Bedeutende Philosophinnen des 20. Jahrhunderts
Wir porträtieren heute in einem kurzen Überblick einige bedeutende Philosophinnen des 20. Jahrhunderts. Diese herausragenden Frauen prägen unser heutiges Denkgebäude und regen uns zur Reflexion an. Ihre Werke wurden unter anderem von wichtigen Philosophen des 19. Jahrhunderts wie Nietzsche, Kierkegaard, Marx oder Hegel geprägt. Wir laden unsere Leserschaft dazu ein, diese großen Denkerinnen kennenzulernen und sich danach in ihre Erkenntnisse zu vertiefen.
Bedeutende Philosophinnen des 20. Jahrhunderts
1. María Zambrano (1904-1991)
Die spanische Religionsphilosophin und Lyrikerin war eine Schülerin von José Ortega y Gasset, der ihr Werk maßgeblich beeinflusste. Sie ist für ihre Rationalismuskritik (razón poética) bekannt. In der Philosophie sah sie ein Werkzeug zur Lösung existenzieller und moralischer Dilemmata. Sie vertiefte sich in die Spiritualität, um Antworten auf existenzielle Fragen zu finden.
2. Hannah Arendt (1906-1975)
Die deutsch-jüdische Historikerin und politische Philosophin betrachtete die Politik als einen Ort, an dem Menschen gemeinsam handeln können, um Ziele zu erreichen. Sie analysierte und kommentierte wachsam alle politischen Ereignisse und wurde dadurch häufig zur Zielscheibe von Kritik. Sie wurde maßgeblich von Martin Heidegger beeinflusst, zu dem sie auch eine geheime Liebesbeziehung unterhielt.
Hanna Arendt betrachtet die natürliche Geburt als Neubeginn, dem eine zweite Geburt folgt: Der Eintritt in die soziale Welt durch das eigene Handeln. Sie war eine Rebellin, die sich für die Befreiung von totalitären Systemen einsetzte. An der Frauenbewegung hatte sie jedoch wenig Interesse, so verlief zum Beispiel eine Begegnung mit Simone de Beauvoir distanziert.
“Lügen erscheinen dem Verstand häufig viel einleuchtender und anziehender als die Wahrheit, weil der Lügner den großen Vorteil hat, im voraus zu wissen, was das Publikum zu hören wünscht.”
Hanna Arendt
3. Simone de Beauvoir (1908-1986)
Die französische Schriftstellerin und Philosophin gilt als Begründerin des modernen Feminismus. In ihrem Werk Das andere Geschlecht¹ spricht sie über die Ursachen der Unterdrückung von Frauen und über die Wege der Emanzipation.
Simone de Beauvoir verstand die Weiblichkeit als soziales Konstrukt, das durch Geschlechterrollen und Stereotypen festgelegt wird. Dadurch wird die Frau als minderwertig betrachtet und der Männlichkeit untergeordnet. Die weibliche Emanzipation erfordert deshalb die Beseitigung sozialer und kultureller Barrieren.
Manche Autoren betrachten Simone de Beauvoir, die eine intensive Beziehung mit Jean-Paul Sartre führte, als eigentliche Schöpferin des Existenzialismus.
4. Simone Weil (1909-1943)
Die französische Mathematikerin und Philosophin Simone Weil war unkonventionell und provokant. Sie beschäftigte sich mit Ethik, Religion und sozialer Gerechtigkeit, setzte sich für Arbeitslose ein und nahm an Protestmärschen teil. Obwohl sie Pazifistin war, nahm sie auf den Seiten der Republikaner am spanischen Bürgerkrieg teil und unterstützte auch die französische Résistance nach dem Einmarsch der Deutschen in Frankreich.
5. Elizabeth Anscombe (1919-2001)
Die irische Philosophin Elizabeth Anscombe beschäftigte sich intensiv mit Sprache und Ethik. In diesem Zusammenhang argumentierte sie, dass wir die Absichten, die sich hinter den Handlungen verbergen, verstehen müssen, um die Moral zu begreifen. Sie wurde stark von Wittgenstein beeinflusst, entwickelte jedoch auch ihre eigenen Überzeugungen. Besonders wichtig war für sie die Wahrheit als philosophisches Ideal.
6. Victoria Camps (1941)
Die spanische Philosophin, Professorin für Ethik und einflussreiche Autorin setzt sich für Moral und ein gerechtes politisches Gemeinwesen ein. Sie beschäftigt sich außerdem mit der Ausgrenzung von Frauen, denn nur mit Gleichheit und Freiheit können wir eine egalitäre Gesellschaft anstreben.
“Sich mit der Realität abzufinden, hat nichts mit Glück zu tun.”
Victoria Camps
7. Patricia Churchland (1943)
Die kanadische Philosophin konzentriert sich auf die Erforschung des Geistes und der Gehirnaktivität. Sie wurde als Vertreterin des eliminativen Materialismus bekannt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass es keine mentalen Zustände gibt. Patricia Churchland argumentiert, dass die Alltagspsychologie viele Phänomene nicht erklären kann, die jedoch neurowissenschaftlich analysiert und argumentiert werden können. Dazu gehören unter anderem Lernprozesse oder mentale Krankheiten.
8. Judith Butler (1956)
Die US-amerianische Philosophin Judith Butler gilt als Pionierin der Queer-Theorie, welche die traditionellen Normen und Identitätskonzepte infrage stellt. Ihr Ziel ist es, das Konstrukt von Heterosexualität und Homosexualität, die sich gegenseitig bedingen, zu zerstören. Sie versteht die universelle Heterosexualität als Ausdruck einer Gesellschaftsordnung und einer Machtposition. Zu ihren bekanntesten Werken zählt Das Unbehagen der Geschlechter².
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Fazit
Natürlich gibt es viele andere Philosophinnen, die das 20. Jahrhundert prägten, unter anderem Rosa Luxemburg, Edith Stein oder Julia Kristeva. Diese Liste ist nur eine kleine Auswahl. Wir werden in anderen Beiträgen weitere herausragende Frauen vorstellen, die uns Denkanstöße geben können und unsere Perspektive bereichern.
▶ Lese-Tipp
- Das andere Geschlecht: Sitte und Sexus der Frau, Simone de Beauvoir, RoRoRo 2000
- Das Unbehagen der Geschlechter, Judith Butler, Suhrkamp 1991