Autonepiophilie - Wenn Erwachsene sich wie Babys verhalten
Das Spektrum der Paraphilien ist erstaunlich vielfältig. Forscher haben mehr als 549 verschiedene Arten identifiziert. Einige davon sind bekannter, wie beispielsweise Exhibitionismus, Voyeurismus oder Fetischismus. Über andere Formen, wie unser heutiges Thema Autonepiophilie, wird hingegen nur selten gesprochen, obwohl diese aus psychologischer Sicht sehr interessant sind. Lies weiter und erfahre mehr über Autonepiophilie.
Eine Paraphilie ist ein Muster sexuellen Verhaltens, bei dem man sich von ungewöhnlichen Situationen, Personen oder Objekten erregt fühlt und daraus sexuelles Vergnügen zieht. Es könnte bedeuten, sexuelles Vergnügen durch nicht-menschliche Objekte zu erlangen oder durch das Erleben von Schmerzen oder Demütigung der eigenen Person oder des Partners. Darüber hinaus fühlen sich manche Menschen auch durch Kinder oder Erwachsene erregt, die nicht in diese Handlungen eingewilligt haben.
Was ist Autonepiophilie oder adultes Babysyndrom?
Autonepiophilie oder paraphiler Infantilismus besteht darin, dass sich der Betroffene sexuell erregt fühlt durch das Tragen von Babywindeln, die Nutzung anderer Babyartikel und indem er sich wie ein Baby verhält und auch so behandelt wird. Tatsächlich haben einige Menschen, die an dieser Paraphilie leiden, einen eigenen Babysitter oder gehen in eine darauf spezialisierte Kindertagesstätte. Diese Störung wird auch als adultes Babysyndrom bezeichnet.
Allerdings geht es nicht nur darum, eine Windel zu tragen und an einem Schnuller zu saugen. Autonepiophilie ist weitaus mehr. Menschen, die an diesem Syndrom leiden, geben oft beträchtliche Summen aus, um ihr Haus in eine Kindertagesstätte zu verwandeln.
Darüber hinaus kaufen sie sich Windeln und Babynahrung. Möglicherweise wünschen sie sich, dass auch ihr Partner in diese Fantasie eingebunden ist. Daher bitten sie diesen dann darum, sie im Arm zu halten, sie zu “stillen”, mit Babynahrung zu füttern, ihre Windeln zu wechseln oder mit ihnen zu spielen.
Dieses Syndrom unterscheidet sich von einem Windelfetisch. Wenn ein Mensch einen Windelfetisch hat, besteht sein Vergnügen einfach nur darin, eine Windel zu tragen. Windelliebhaber (WLs) verhalten sich nicht wie Babys und wollen auch nicht als solche behandelt werden. Allerdings sind Adult Babys (auf Deutsch: erwachsene Babys) häufig auch Windelliebhaber (AB/WL).
Darüber hinaus muss man noch eine weitere wichtige Unterscheidung treffen. Autonepiophilie hat nichts mit Pädophilie zu tun. Adult Babys fühlen sich weder zu Kindern hingezogen, noch wollen sie sexuelle Handlungen mit ihnen vornehmen.
Erwachsene mit Autonepiophilie werden dadurch erregt, dass sie wie Babys behandelt werden. Oder sie erfahren sexuelles Vergnügen durch das Tragen einer Windel, wenn diese gewechselt wird, wenn sie die nasse Windel auf ihrer Haut spüren, durch die Demütigung, eine Windel tragen zu müssen (im Fall eines Windelfetischs) usw.
Wie viele “Adult Babys” gibt es weltweit?
Einigen Schätzungen zufolge fühlt sich 1 von 1.000 Menschen gut dabei, sich wie ein Baby zu fühlen. Tatsächlich berichtet die britische Dokumentation 15-Stone-Babies, dass es alleine in Großbritannien 200.000 bis 500.000 Adult Babys gibt! Allerdings ist es sehr schwer, die genaue Anzahl zu schätzen, weil sich Autonepiophilie auf viele verschiedene Arten manifestieren kann.
Es gibt Adult Babys, die sich sozusagen “geoutet” haben. Neben den offensichtlichen körperlichen Unterschieden, schon alleine durch ihr Verhalten, wäre es schwer, sie von echten Babys zu unterscheiden. Andere Adult Babys hingegen verbergen ihre Störung und handeln nur dann so, wie sie sich verhalten möchten, wenn sie sich sicher fühlen oder mit jemanden intim sind. Daher ist es sehr schwer, diese Menschen zu identifizieren.
Unabhängig von der exakten Anzahl ist klar, dass es mehr Adult Babys gibt, als die meisten Menschen vermuten würden. Sie haben Selbsthilfegruppen und es gibt häufige Treffen, bei denen Menschen Erfahrungen, Wissen, Ideen, Material usw. miteinander teilen und austauschen können.
Darüber hinaus gibt es sogar Geschäfte, die sich auf Produkte für Adult Babys und Windelliebhaber spezialisiert haben. Erstaunlicherweise ist die Nachfrage nach derartigen Produkten hoch. Adult Babys sind in der Regel heterosexuelle Männer, dennoch tritt das Syndrom auch bei Frauen auf. Untersuchungen zeigen, dass die meisten von ihnen eine Familie haben, gut gebildet sind und einer geregelten Beschäftigung nachgehen.
Die Ursachen für adultes Babysyndrom
Einige Psychiater sehen einen Zusammenhang zum Peter-Pan-Syndrom. Menschen, die an diesem Syndrom leiden, wollen nicht erwachsen werden oder Verantwortung übernehmen. Stattdessen verhalten sie sich auch im Erwachsenenalter weiterhin wie Kinder.
Allerdings steht dies in krassem Gegensatz zu dem, was wir eben über Adult Babys gesagt haben, die Familien und sichere Jobs haben. Da es jedoch schwierig ist, alle Fälle von Autonepiophilie zu identifizieren, ist es ebenso schwer, diese beiden Zustände in Zusammenhang zu bringen. Das einzige, was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass es mehr als nur eine Ursache dafür geben muss.
Vielleicht ist die Antwort, dass diese Menschen einfach nach einer Möglichkeit suchen, um ein wenig Stress abzubauen. Der beste Weg, dies zu tun, ist leider ein Rückschritt in die Kindheit oder das Babyalter. Das Gehirn ist und bleibt letztendlich ist ein großes Rätsel.
Autonepiophilie in den Medien
Obwohl du im Internet verschiedene Artikel über paraphilen Infantilismus finden kannst, sind diese meistens wenig hilfreich, da über diese Störung nicht viel geforscht wird. Wenn du etwas intensiver recherchierst, wirst du möglicherweise ein Interview mit einem anonymen “Adult Baby” finden, in dem dieser Mensch über seine merkwürdige Lebensweise spricht. Die verfügbarste Ressource über Autonepiophilie sind Dokumentationen.
Der britische Fernsehsender Channel 4 produzierte eine Dokumentation mit dem Titel 15 Stone-Babies und National Geographic drehte eine über einen Mann, der wie ein Baby lebt. Auch in Spanien hat der Fernsehsender Cuatro eine Folge von Conexion Samanta unter dem Titel “Adult Babys” ausgestrahlt, in der Menschen mit dieser Paraphilie interviewt wurden. Und natürlich findest du auf YouTube unzählige Videos zu diesem Thema.
Einige Denkanstöße
In der Regel suchen Menschen mit Autonepiophilie keine professionelle Hilfe. Stattdessen finden sie Wege, wie sie diese Störung in ihr normales Leben integrieren können. Wenn die Störung allerdings mit ihrem alltäglichen Leben kollidiert, dann entsteht ein Problem. Für diese Menschen kann es zum Beispiel sehr schwer sein, einen Partner zu finden, weil sie vielmehr auf der Suche nach einer “Mutter” als nach einem echten Partner sind. Es gibt Menschen, die bereit sind, sich auf ein derartiges Rollenspiel einzulassen. Allerdings sind das nur wenige.
Viele Adult Babys glauben nicht, dass die Gesellschaft ihr Verhalten als Paraphilie bezeichnen sollte. Für sie ist es vielmehr schlichtweg eine Lebenseinstellung. Andere haben sexuelles Vergnügen daran, sich wie Babys zu benehmen, sodass sie möglicherweise professionelle Sexarbeiter/innen engagieren müssen.
Wenn ein Mensch mit Autonepiophilie nicht dazu in der Lage ist, Sex zu haben, wenn er sich nicht als Baby verhalten kann, wird er nur schwer sexuelle Beziehungen führen können. Letztendlich ist Sex mit jemandem zu haben, der sich wie ein Baby kleidet, sozial nicht akzeptabel.
Eine weitere Frage, die man sich stellen könnte, ist folgende: Menschen mit dieser Störung fühlen sich nicht von Kindern angezogen, aber gilt das auch für diejenigen, die mit “Adult Babys” sexuelle Beziehungen eingehen?
Dies ist eine kontroverse Fragestellung. Letztendlich könnte die Anziehung sehr spezifisch sein: Jemand fühlt sich von einem Erwachsenen, der wie ein Baby gekleidet ist, erregt, aber nicht von einem echten Baby. Allerdings ist dies eine sehr feine Linie und es ist sehr einfach zu argumentieren, dass dieses Verhalten unangemessen oder sogar pathologisch ist. Was denkst du darüber?