Agamie: Eine neue Art, Beziehungen zu leben

Agamie: Eine neue Art, Beziehungen zu leben
Sergio De Dios González

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Letzte Aktualisierung: 07. April 2019

Zur Zeit überschwemmen Informationen zu neuen Arten von Beziehungen die sozialen Netzwerk. Polyamorie, offene Beziehungen und Beziehungsanarchie sind nur einige der innovativsten Konzepte. In dieser Hinsicht ist ein neuer Begriff aufgetaucht, über den wir heute nachdenken wollen und der die gerade erwähnten Typen überholt. Der Begriff lautet “Agamie”.

Dieses Konzept wurde im Jahr 2014 geprägt. Es verzichtet auf die Idee von Hierogamie, also irgendeiner Form von Vereinigung oder Ehe, und konzentriert sich auf ein neues Sozial- und Beziehungsmodell. Diejenigen, denen diese Idee gefällt, plädieren für etwas, das über die freie Liebe hinausgeht, ohne ein ausschließliches und kastrierendes Bedürfnis.

Agamie verteidigt das Nicht-Errichten von Beziehungsmodellen grundsätzlich. Es heißt, dass das Modell der Liebe, das in unserer Gesellschaft herrsche, ein ideologisches Subsystem sei, das patriarchalischen Interessen diene. Das bedeutet, dass das System uns dieses Gefühl als eine Form der Entfremdung auferlege, um uns unter Kontrolle zu halten. Es werde erwartet, dass wir alle dasselbe wollen. Das System möchte uns denken lassen, dass bestimmte Definitionen logisch erscheinen, auch wenn sie uns versklaven und unglücklich machen.

Ein rotes Herz ist von vielen Pfeilen umgeben.

Die meisten Menschen, die die Agamie praktizieren, tun dies aus Ernüchterung. Einige von ihnen verlassen Beziehungen aufgrund bestimmter Toxizitätsgrade, mit denen sie nicht länger umgehen können und wollen. Eifersucht, Besitz, Missbrauch und eine erstickende Abhängigkeit sind oft gefährliche Anzeichen dafür, dass die Beziehung nicht auf wirklicher Liebe beruht.

Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die es genießen, völlig autonom und frei zu sein. Es ist wahr, dass manche Menschen ihre Sexualität so leben, wie sie wollen. Kritiker sagen, dass das die Kontinuität der traditionellen Liebe in Gefahr bringe. Die Analyse der Grundprinzipien von Agamie soll uns nun dabei helfen, dieses Sozialmodell besser zu verstehen.

Sexualität durch Erotik ersetzen

Agamie betrachtet Sex nicht als etwas Heiliges, das ausschließlich für Beziehungen gelten würde, ganz gleich, ob diese monogam oder polyamourös gestaltet werden. Er wird als etwas Natürliches und Gesundes begriffen, das jeder einzelne Mensch erfahren dürfen sollte. Er sollte sich als eine Form der Freiheit und der Selbstliebe erheben.

Agamie ersetzt Sexualität durch Erotik, da sie die Schaffung neuer Arten unspezifischer Beziehungen duldet, die die Heterosexualität überschreiten. Es ist allerdings wichtig, anzumerken, dass wir niemals etwas tun sollten, das wir nicht tun möchten, geschweige denn es als Verpflichtung ansehen.

Verzicht auf die Liebe und die damit verbundene Unterdrückung

Aus dieser Perspektive sind romantische Liebe und ihre Idealisierung eine Illusion. Eifersucht, Besitz und Besessenheit haben keinen Platz in vernünftigen Menschen. Diese negativen Gefühle gefährden und mindern unser Wohlbefinden. Agamie ist damit einverstanden, sich vom Gefühl der Exklusivität zu lösen – im Austausch für eine harmonische Geselligkeit.

Dennoch dürfen wir Liebe niemals mit Unterdrückung verbinden. Der Grund dafür ist, dass unsere Weisheit und natürlichen Impulse über alarmierende Emotionen und das entsprechende Drama herrschen.

Freunde liegen Kopf an Kopf auf dem Boden.

Alternativen zu einer traditionellen Familie

Dieses Modell schlägt eine Neudefinition der Familienidee vor. Agamie betrachtet die Familie als Bestätigung einer Gruppe von Individuen mit einvernehmlichen erotischen Beziehungen, Begleitung und einem Zusammenfluss von Interessen. Weiterhin ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Erziehung aus Sicht dieses Modells mehr ist, als nur ein Kind zu haben. Liebe, Respekt und Fürsorge sollten die einzigen Dinge sein, die bei der Beurteilung elterlicher Fähigkeiten einer Person berücksichtigt werden.

Anhänger dieser Philosophie weichen von gesellschaftlichen Konventionen ab. Stattdessen entscheiden sie sich, eine Familie ganz nach ihren eigenen Bedürfnissen zu gründen.

Agamie ist nicht Polyamorie

Die Polyamorie verteidigt die Idee, zwei oder mehr Partner oder Beziehungen zu haben. Agamie stimmt dem Konzept des “Partners” aber von Grund auf nicht zu, da es für leer und unrealistisch gehalten wird. Sie hat also nichts mit Polyamorie, gelegentlichem Sex oder sporadischen Beziehungen zu tun. Tatsächlich ist sie viel komplexer.

Unsere Beziehungen zu den Menschen, die wir kennen, gewinnen erst mit der Zeit an Bedeutung. Diese Philosophie ermöglicht es uns, jegliche Art von Verbindung zu den Menschen um uns herum herzustellen, ohne diese Bindungen von Vornherein benennen oder definieren zu müssen.

Agamie ist mehr als nur eine Ideologie oder eine Lebensweise. Tatsächlich aktualisiert sie ein wiederkehrendes Thema: die Art und Weise, wie wir Beziehungen leben. In dieser Hinsicht impliziert jede Art von Kontakt mit anderen den Aufbau einer Beziehung. Wenn wir das ablehnen, wird es nicht automatisch verschwinden. Wir sollten respektieren, wie sich andere definieren und mit anderen Menschen verbinden.

 


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.