Aaron Beck und seine neue Integrative Theorie zur Depression

Aaron Beck und seine neue Integrative Theorie zur Depression

Letzte Aktualisierung: 11. Januar 2017

Der berühmte Psychologe der kognitiven Verhaltenstherapie Aaron Beck, der für seine Arbeit zur Theorie über Depressionen und ihre Behandlungsmethoden bekannt ist, veröffentlichte vor Kurzem einen Artikel mit dem Titel A Unified Model of Depression: Integrating Clinical, Cognitive, Biological, and Evolutionary Perspectives  in der Zeitschrift Clinical Psychological Science,  in welchem über neue Erkenntnisse und die Integrative Theorie der Depression aus klinischer, kognitiver, biologischer und evolutionsbedingter Sicht sprach.

In dieser neuen Integrativen Theorie haben Beck und sein Kollege Keith Bredemeier, beide Professoren an der University of Pennsylvania (Pennsylvania, USA), versucht, die Erkenntnisse verschiedener Disziplinen zu integrieren, um mithilfe dieses Modells eine umfassenderere und kohärentere Erklärung bezüglich der Depression zu liefern.

Mit all diesen Aspekten haben sie einen neuen Rahmen geschaffen, der die Symptomatik und den natürlichen Verlauf der Depression umfasst, aber vor allem die natürliche Veranlagung von Menschen in Hinsicht auf die Heilungschancen aufzeigt.

In diesem Artikel möchte ich versuchen, zu erklären, worin diese neue Integrative Theorie der Depression besteht und was sie beinhaltet.

„Alle mit der Depression verbundenen Entdeckungen können zusammengefasst werden, um eine einheitlichere Vorstellung dieser Störung zu vermitteln, die deren verblüffendste Charakteristiken erklärt.“

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Worin besteht die Integrative Theorie der Depression?

Diese Integrative Theorie basiert auf der Voraussetzung, dass die Depression eine Anpassung der Wahrnehmung eines Verlusts essenzieller menschlicher Ressourcen darstellt, die einen Zugang zu den Grundbedürfnissen im Leben des Individuums ermöglichen.

Das soll heißen, dass der Verlust – nicht notwendigerweise ein Tod – eines Familienmitglieds, des Partners oder eines Freundes das Risiko, an einer Depression zu erkranken, erhöht, besonders bei Menschen, die bereits anderen Risikofaktoren ausgesetzt sind, um diese Erkrankung zu entwickeln. Demnach wird dieser Verlust von betroffenen Personen wahrscheinlicher als ein zerstörerischer und unüberwindbarer Verlust betrachtet.

Nach diesem Verlust führen die erhöhte physiologische Reaktionsfähigkeit und die kognitiven Alterationen bei Individuen, die ein höheres Risiko, an einer Depression zu erkranken, aufweisen, dazu, ein negatives Selbstbild zu entwickeln und schlecht über die Welt und die Zukunft zu denken. Im klassischen Sinne wird das als „negative kognitive Triade“ bezeichnet.

Diese Wahrnehmungen führen zu Gefühlen wie Traurigkeit, Lustlosigkeit und Schuld. All das sind Merkmale einer Depression, so wie physiologische Antworten, die in Verhaltensweisen wie Teilnahmslosigkeit und Untätigkeit resultieren.

Diese Untätigkeit aufgrund eines Verlusts kommt nicht von ungefähr: Sie entsteht, weil der Mensch versucht, Energiereserven aufzusparen. Das soll heißen, dass die Untätigkeit im Rahmen der Depression eine Art Schutzmechanismus ist, um Energie zu sparen, weil der Betroffene befürchtet, dass seine Bedürfnisse nicht mehr gestillt werden können.

Mit der Zeit werden negative Gedanken immer stärker, weil im „Depressionsprogramm“ der Sparmodus aktiviert ist. Es ist der Betroffene selbst, der sich isoliert, was zur Folge hat, dass es immer mehr Verluste gibt und alltägliche Kraftressourcen immer weniger werden.

Hierbei darf nicht ungesagt bleiben, dass dieses Depressionsprogramm gestoppt werden kann, wenn vitale Ressourcen gestärkt werden, sei es durch neue Information, die aufgenommen werden und die negative Gedanken „korrigieren“, oder weil sich die Situation der betroffenen Person ändert. Externe Faktoren, wie die Unterstützung durch Freunde und Familie, die Hilfe eines Psychotherapeuten und eine medikamentöse Behandlung (zum Beispiel durch Antidepressiva) können dabei helfen, den Teufelskreis der Depression zu zerschlagen.

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Am Ende ihres Artikels sagen Beck und Bredemeier, dass sie hoffen, dass „dieses Modell dazu dient, um die Entwicklung eines neuen (und auch integrativeren) Ansatzes anzustoßen, eine Depression zu behandeln oder ihr vorzubeugen“,  weshalb sie ihre Integrative Theorie mit neuen Erkenntnissen in weiteren Veröffentlichungen womöglich erweitern werden.

Inwieweit unterscheidet sich die Integrative Theorie von der Kognitiven Theorie?

Falls dir die Kognitive Theorie der Depression von Aaron Beck noch nicht bekannt ist, dann lass dir gesagt sein, dass sie sich in zwei wichtigen Aspekten bezüglich der Erklärung der Entwicklung der Depression unterscheiden.

Der erste Unterschied ist das erwähnte Depressionsprogramm, welches die evolutionsbedingte Untätigkeit und Abschottung von depressiven Menschen als eine Art Energiesparmodus definiert. Diese „erhaltende Politik“ ist die Konsequenz daraus, sich in einer Welt emotionaler Verluste gefangen zu fühlen und sich an die neue Situation anpassen zu müssen.

Die zweite in dieser Theorie vorgestellte Neuerung hat mit dem biologischen Aspekt zu tun, der auch Teil der Depression ist. Wir sprechen hier von den physiologischen Reaktionen auf die Erfahrung eines Verlustes, wodurch die Wirkungsweise von Antidepressiva als effektive Behandlung einer Depression erklärt wird.

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Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.