5 Prokrastinationstypen
Einige der Volksweisheiten, die wir im Deutschen benutzen, sind nur manchmal richtig. Tatsächlich gibt es viele solcher Weisheiten, die komplett falsch sind, während andere nahezu immer zutreffen. Selten findet man jemanden, der diese Volksweisheit noch nie gehört hat: Verschiebe nicht auf morgen, was du heute kannst besorgen. Also verschieben wir es auch nicht auf morgen, die verschiedenen Prokrastinationstypen kennenzulernen.
Wenn wir uns mit Prokrastination beschäftigen, dann stoßen wir möglicherweise auf unterschiedliche Prokrastinationstypen. Hier konzentrieren wir uns auf die, die der Psychologe Neil Fiore definiert hat. Er ist der Autor von Büchern wie Vorbei mit der Aufschieberei! – Wie Sie Dinge geregelt bekommen und Ihr Leben zurückgewinnen sowie Gründer von Fiore Productivity.
Prokatsinationstypen
Die unterschiedlichen Prokrastinationstypen zu kennen, ist wichtig, da sie nicht alle aus dem gleichen Grund existieren. Tatsächlich kann das Aufschieben, was wir in der Regel als ungünstig bewerten, positiv sein, ganz gleich, wie unser Zaudern aussehen mag. Wie das? Nun, es ist manchmal eben nicht schlecht, wenn wir eine Idee haben und darüber noch ein wenig länger brüten, bevor wir sie ausführen.
Der Perfektionist
Laut Neil Fiore sei eine Person ein Perfektionist, wenn sie Angst davor habe, dass Menschen sie beurteilen oder erniedrigen könnten, wenn sie etwas nicht fehlerfrei tue. Perfektionisten sind mit allem so gründlich, dass sie zu viel Zeit mit den Details verschwenden. Und dabei bleiben leider viele ihrer Projekte auf der Strecke.
Anstatt Fehler zu vermeiden, gehen Perfektionisten noch drei Schritte weiter, was sie das Urteil ihrer Mitmenschen noch mehr fürchten lässt. Obwohl es ihnen peinlich ist, wenn sie einen Fehler machen, tun sie genau das, was sie eigentlich vermeiden wollten – und werden niemals fertig.
“Wir können Dinge heraus zögern, aber die Zeit kann es nicht.”
Benjamin Franklin
Der Hochstapler
Dies ist eine Art der Prokrastination, die wir bei Menschen sehen, die schwer zu befriedigen sind. Diese Menschen halsen sich immer mehr Arbeit auf, um zu beweisen, dass sie besonders kompetent seien. Dieses Verhalten ist von der Angst motiviert, dass ihre Mitmenschen sie für inkompetent halten könnten. Sie möchten, dass diese ihnen Leistungsfähigkeit und Qualitätsarbeit zuschreiben. Diese Haltung kann jedoch zur Hilflosigkeit führen, einem Gefühl, das mit Depressionen einhergehen kann.
Der Arbeitsscheue
Arbeitsscheue vernachlässigen ihre Pflichten oder Verpflichtungen, weil sie sie als unangenehm oder langweilig empfinden. Diese Tendenz ist auf mangelnde Motivation bei sehr repetitiven Tätigkeiten zurückzuführen oder auf fehlende Rückmeldung über die Qualität der erbrachten Arbeit.
Der Überwältigte
Dieser Typ hat so viel zu tun und so viele Aufgaben im Kopf, dass er nicht weiß, wo er anfangen soll. Oft endet dies in einer mentalen Blockade, die den Überwältigten davon abhält, mit seiner Arbeit überhaupt erst anzufangen.
Diese Art der Aufschieberei kann entweder auf eine persönliche Entscheidung zurückgeführt werden oder liegt darin begründet, dass jemand in einer höheren Position, wie zum Beispiel ein Chef, dem Überwältigten Mehrarbeit zugeteilt hat. Was auch immer Grund ist, die Auswirkungen sind niemals gut und stellen oft ein riesiges Hindernis für Vorankommen und Wachstum dar.
Der Glückspilz
Kann man Glück haben und eine Person sein, die ihre Aufgaben aufschiebt? Laut Neil Fiore sei die Antwort ja. Der Glückspilz glaubt, dass er nur unter Druck gut arbeiten könne. Also schiebt er so lange alles auf, bis es beinahe zu spät ist und ihm kaum Zeit bleibt, seine Arbeit ordentlich zu erledigen.
Seltsamerweise wiederholt der Glückspilz dieses Verhalten, wenn er damit ein gutes Ergebnis erzielt. Das heißt, die Aufgaben, die eigentlich erledigt werden müssen, werden immer hinten angestellt, bis der Glückspilz mit dem Rücken zur Wand steht. Dann wird das ausgeschüttete Adrenalin genutzt und dieser Typ fängt mit seiner Arbeit an. So verpassen Glückspilze aber auch ihre eigene Deadlines.
Wie hören wir mit dem Prokrastinieren auf?
Wie wir gesehen haben, kann dieses Verhalten unangenehme Folgen haben. In vielen Fällen leben Aufschieber mit konstantem Stress. Das bedeutet, dass ihr emotionales Gleichgewicht gefährdet ist und ihre Umgebung unbeabsichtigt und indirekt in Mitleidenschaft gezogen wird. Fiore zufolge könne dies zu einem Ungleichgewicht führen, das sich auf alle Lebensbereiche des Aufschiebers auswirke, nicht nur auf das Berufsleben.
Spezialisten empfehlen Aufschiebern ein verbessertes Zeitmanagement. Auf diese Weise können die Mitmenschen, die zur Prokrastination neigen, Ängste vermeiden. Im Folgenden geben wir einige Tipps, wie man seine Zeit besser managen kann:
- Schauen wir uns die konkrete Aufgabe an, die wir erledigen müssen. Wenn diese mehrteilig ist, versuchen wir, die Arbeit zu delegieren oder zu vereinfachen.
- Es ist wichtig, Zeit mit der Organisation und Planung zu verbringen. Wir sollten überlegen, welche Ressourcen wir benötigen und wie und wann wir diese besorgen können, falls wir sie noch nicht besitzen.
- Wir müssen auf unsere Motivation achten und Verpflichtungen eingehen, die wir erfüllen können. Dies bedeutet, dass es manchmal besser ist, aufzuhören, wenn wir nicht wissen, was unser Antrieb ist.
- Es ist auch eine gute Idee, einen Schritt nach dem anderen zu gehen und die Arbeit in kleinere Teilabschnitte zu zerlegen.
- Damit wir nicht in ein bodenloses Loch der unlösbaren Aufgaben fallen, sollten wir uns Fristen setzen. Wenn wir einen bestimmten Punkt erreicht haben und unsere eigene Deadline nicht einhalten konnten, sollten wir das als einen Weckruf verstehen, um die Situation neu zu bewerten.
“Ich verschiebe nichts auf morgen, was ich vielleicht auch noch übermorgen besorgen kann.”
Oscar Wilde
Was nun?
Nun, da wir die unterschiedlichen Prokrastinationstypen kennengelernt haben, können wir uns selbst auch besser einschätzen. Wenn wir uns mit einem von ihnen identifizieren, dann helfen uns hoffentlich Fiores Tipps, wie wir unsere Zeit besser einteilen können.
Wir möchten diesen Artikel jedoch nicht abschließen, ohne zu dem Punkt zurückzukehren, den wir zuvor erwähnt haben: Nicht immer ist Prokrastination schlecht für unsere Produktivität. Darüber hinaus gibt es Zeiten, in denen wir vielleicht meinen, wir schieben unsere Arbeit auf, wenn wir in Wirklichkeit nur unsere Option abwägen oder versuchen, uns eine Meinung zu bilden. Und so gelangen wir häufig zu besseren Entscheidungen.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Knowles S, Servátka M, Sullivan T, Genç M. Procrastination and the non-monotonic effect of deadlines on task completion. Economic Inquiry. 2022; 60(2): 706-720.