Wieso manche Menschen glauben, die Liebe nicht zu verdienen

Wieso manche Menschen glauben, die Liebe nicht zu verdienen

Letzte Aktualisierung: 16. März 2017

So wie es der Titel bereits verrät, fragen wir uns in diesem Artikel, ob es Menschen gibt, die tatsächlich der Meinung sind, die Liebe nicht zu verdienen, und wer diese Menschen sind. Wie wir alle wissen, existieren so viele verschiedene Formen, sich mit anderen in einer Beziehung voller Zuneigung zu verbinden, wie es Farben gibt. Dennoch gibt es auch gewisse „affektive Lebensstile“, die einem Muster folgen. Ein Muster, das absolut strukturiert und in sich beständig ist.

Das heißt, wir könnten Menschen, die auf eine bestimmte Weise lieben, zu einer Personengruppe zusammenfassen, da sie gewisse Eigenschaften gemein haben. Ein affektiver Lebensstil beschreibt die Art, wie ich mich mit jemandem verbinde, wie ich Liebe gebe und erhalte. Ein Austausch, der einfach erscheint, aber nach und nach zu reiner Routine wird.

„Man kann einen geliebten Menschen so gut wie sich selbst kennenlernen. Oder besser gesagt, so schlecht wie sich selbst.“

Erich Fromm

Wie sind Menschen, die denken, die Liebe nicht zu verdienen?

Wir könnten denken, dass es vollkommen natürlich und einfach sein sollte, Liebe auf eine gesunde und für beide Seiten bereichernde Weise zu geben und zu erhalten. Doch manchmal wird das tatsächlich zu einer komplizierten Sache und zu einer mühsamen Angelegenheit. Wie kompliziert wir Menschen doch sind!

Heute sprechen wir über einen ganz bestimmten affektiven Lebensstil: Wir beziehen uns auf Menschen, die glauben, es nicht zu verdienen, geliebt zu werden. Es handelt sich dabei um Menschen, die sich selbst als verächtlich ansehen und folglich als eine pure Enttäuschung für andere. Sie haben von sich selbst ein so pessimistisches Bild und verachten sich in so hohem Maße, dass sie unfähig sind, auch nur ein gutes Haar an sich selbst zu lassen.

Sie sind davon überzeugt, „der Liebe nicht würdig zu sein“ und es nicht zu verdienen, geliebt zu werden. In ihren Augen sind sie Monster, die in Einsamkeit und abgeschottet von der Außenwelt leben sollten.

Aber woher kommt diese so große Verachtung der eigenen Person gegenüber?

Oftmals hat diese felsenfeste Überzeugung –„Ich bin verachtenswert und niemand sollte mich lieben!“  – ihren Ursprung in früheren Beziehungen, die bedeutsam und von Zuneigung geprägt waren. Diese Beziehungen haben die Art und Weise, eine Beziehung zu jemandem aufzubauen und Liebe auszutauschen, beeinflusst und das Resultat ist nur schwer zu verändern. Nicht nur Gefühle, sondern auch Gedanken werden so beeinträchtigt.

Dieser Aspekt hat in gewisser Weise mit dem Lebensplan zu tun. Aus irgendeinem Grund haben diese Menschen ihr Leben auf dieser der eigenen Person verachtenden Überzeugung aufgebaut und auf Grundlage dieser fällen sie ihre Entscheidungen.

Ein Leben nach der felsenfesten Meinung zu leben, keine liebenswerte Person zu sein, bedeutet, sich eine lebenslange Strafe aufzubrummen. Es ist das qualvollste und einsamste Gefängnis, in dem ein Mensch landen kann. Wenn man sich selbst als nicht liebenswert erachtet, wird man niemals die Zuneigung eines anderen Menschen suchen, weil man niemanden enttäuschen möchte, und schlimmer noch, man weist andere zurück. Man distanziert sich ganz subtil, damit niemand herausfinden kann, dass man das ist, was man denkt zu sein.

Masken verdecken das Monster, das ich nicht zeigen möchte

In meinen Beziehungen setze ich mir verschiedene Masken auf. Masken, hinter denen ich mich verstecke und die mir ermöglichen, distanziert mit Menschen in Verbindung zu treten. Wenn ich mich nicht liebenswert finde, dann möchte ich mein Wesen auch nicht zeigen. Wenn ich mein Wesen nicht zeige, muss ich es verdecken, um eine attraktivere und weniger enttäuschende Erscheinung für andere zu sein.

Und so ist es nun, seitdem ich nicht mehr authentisch bin. Ich verliere mich in diesem Tanz voller Masken und Unehrlichkeit. Ich stolpere über meine eigenen Masken. Andere können in meine Falle tappen und sich in jemanden verlieben, der ich nicht bin. Aber diese Masken sind etwas Besonderes und sie sind aus einem Material gemacht, das mit der Zeit zerfällt.

Sobald ich das Gefühl habe, dass jemand hinter meine Masken blickt, so verschwinde ich von der Bildfläche oder ich trete sogar aus dem Leben eines Menschen und gebe dafür die unterschiedlichsten Ausreden. All das nur, weil ich mich nicht wieder als Mensch fühlen möchte, der so verachtenswert und unwürdig ist.

Bei diesem Kampf gegen meine eigene Person ist alles erlaubt. Ein Kampf, der paradoxerweise als Ziel hat, nicht so übel zugerichtet aus ihm herauszugehen, wie man ihn begonnen hat. So wie Regen, der etwas bereits Nasses nicht noch nasser machen soll.

Wer glaubt, die Liebe nicht zu verdienen, der kann sie auch nur schwer annehmen

Diesen Menschen ist jedes Mittel recht, um an ihr Ziel zu kommen. Sie zielen darauf ab, dass ihre Mitmenschen nicht hinter ihre Masken blicken und sehen können, wer sie wirklich sind. Denn wenn andere herausfinden, wie „wenig sie wert sind“ (was derjenige tatsächlich glaubt zu sein), dann würden das ihre Überzeugung hinsichtlich der eigenen Person nur bestätigen und das wäre ein noch tieferer Einschnitt in ihre bereits so tiefe Wunde, die sie in Bezug auf ihre affektiven Beziehungen mit sich herumtragen.

Wer diesem Menschen demnach Liebe oder Zuneigung zukommen lassen möchte, der löst bei ihm ein sehr unbehagliches Gefühl aus, diese Liebe annehmen zu wollen und sich nicht zu trauen. Denn ihrer Meinung nach ist diese Liebe nicht verdient, da diese Personen sie nicht wirklich kennen; sie kennen nur die Masken, die sie sich aufsetzen, was demjenigen ein noch schlechteres Gefühl gibt. Aus diesem Grund kommen sie irgendwann an einen Punkt, an dem sie Menschen bevorzugen, denen sie egal sind, anstatt Personen, die sich für sie interessieren und sie wahrhaft kennenlernen wollen.

Es ist unmöglich glücklich zu sein und in Frieden zu leben, wenn wir uns selbst nicht lieben

Solch einen affektiven Lebensstil zu pflegen, macht das Leben zu einem wahren Gefängnis und ist sehr kräftezehrend. Diese Menschen sind unfähig, Liebe zu geben und sie anzunehmen. Sie können keine gesunde und bereichernde, innige Beziehung führen. Der Partner eines solchen Menschen versteht nicht, was passiert und leitet unter so viel Widerspruch.

Die Psychotherapie ist ein sehr nützliches Werkzeug, wenn es darum geht, an diesen Problemen zu arbeiten, denn es muss hinterfragt und verstanden werden, wie diese felsenfeste Überzeugung in ihrem Leben entstanden ist. Auf diese Weise kann an der Authentizität dieser Person gearbeitet werden.

Andere können an dir schätzen, was du an dir hasst

Nur weil du dich als jemanden betrachtest, der nicht liebenswert ist, muss das nicht unbedingt bedeuten, dass dich jeder genauso sieht. Sicherlich haben deine Mitmenschen ein viel besseres Bild von dir als du vielleicht glaubst.

„Du weißt, dass man dich wirklich liebt, wenn du dich zeigen kannst, wie du bist und ohne Angst davor, dass sie etwas an dir auszusetzen haben.“

Walter Riso

Es ist weder ein einfacher, noch ein schneller Weg hin zu einem gesunden und bereichernden affektiven Lebensstil, doch wenigstens ist es der einzige Weg, den wir gehen müssen, wenn wir in Frieden mit uns selbst und folglich auch mit anderen leben wollen. Ein Tanz ohne Masken ist ein schönerer Tanz. Alles wird realer sein und andere werden uns so sehen, wie wir wirklich sind.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.