Wie man gut verhandelt

Wie man gut verhandelt
Sara Clemente

Geschrieben und geprüft von der Psychologin und Journalistin Sara Clemente.

Letzte Aktualisierung: 28. Januar 2023

In mancher Hinsicht werden wir schon früh auf die hohe Kunst der Verhandlung vorbereitet. Nicht umsonst sind die meisten Kinder schon unerbittliche Verhandlungsexperten. Sie kennen die Trümpfe auf ihrer Hand. Sie wissen, wie sie den Wünschen der Erwachsenen nachkommen können und zögern nicht, diese Karten zu spielen, um das zu bekommen, was sie wollen.

Um gut und geschickt zu verhandeln, bedarf es einer Reihe von Fähigkeiten und deren korrekter Anwendung zum richtigen Zeitpunkt. Zu diesen zählen Vertrauen, Durchsetzungsvermögen, Flexibilität und ein ruhiges Gemüt. Aber es gibt noch viele mehr, die nützlich sind. Die gute Nachricht ist, dass du diese Fähigkeiten trainieren kannst, um sie zu erlangen und zu verbessern!

Um ein guter Verhandlungsführer zu sein, helfen nur Training und Erfahrungen

Die wichtigsten Instrumente eines Verhandlungsexperten sind im Wesentlichen Mut und Integrität. Dank ihnen können wir unsere Interessen und Überzeugungen verteidigen. Gleichzeitig können wir redegewandt und klug auftreten und unsere Ziele erreichen. Aus diesem Grund ist es von Vorteil, bestimmte Strategien zu kennen, welche beim geschickten Verhandeln helfen können, besonders dann, wenn sie in den richtigen Momenten zum Einsatz kommen.

Wie wir schon sagten, schon als Kinder haben wir das Potenzial, andere von unseren Vorstellungen zu überzeugen. Nehmen wir das Beispiel, als wir unsere Eltern baten, uns noch eine weitere Geschichte vorzulesen oder vor dem Zubettgehen noch ein paar Minuten zu kuscheln. Sie waren unsere ersten Kontrahenten, denn ohne dass es uns bewusst gewesen wäre, verhandelten wir mit ihnen.

Wenn wir mit einer Verhandlung konfrontiert werden – sei es die um die Gute-Nacht-Geschichte, den Mietpreis oder die Versicherungsprämie -, ist es völlig normal, dass wir zunächst unseren präfrontalen Kortex aktivieren und ein gewisses Maß an Nervosität verspüren. Unsere Amygdala löst mitunter Angst in uns aus, wenn wir uns außerstande sehen, mit der Situation fertig zu werden.

Ein Mann erklärt einen Sachverhalt

Um jede aufkommende Panik im Keim zu ersticken, empfiehlt es sich, schon im Vorfeld die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Das soll heißen, sich auf mögliche Situationen vorzubereiten und Eventualitäten einzuplanen. Dazu gehört zuallererst, dass wir unsere Ziele klar definieren. Auch unser Vorgehen während der Verhandlung sollte nicht aus dem Bauch heraus entschieden werden, sondern sich auf so viele Informationen wie möglich stützen. Zudem ist es von Vorteil, einige Tricks zu kennen, wie zum Beispiel dass wir finanzielle Verhandlungen unter Berücksichtigung des “Ankereffekts” einleiten.

Im nächsten Schritt konzentriert sich die Gehirnaktivität in den Spiegelneuronen. Diese sind dafür zuständig, sich in die andere Person einzufühlen und gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zu schaffen. Während einer Verhandlung suchen wir kontinuierlich nach Signalen, die uns Aufschluss über die momentane Gefühlslage des Gegenübers geben. Diese Erkenntnisse liefern auch Anhaltspunkte über mögliche Aktionen und Reaktionen unseres Verhandlungspartners. Wir passen uns dann seiner Stimmung an und handeln entsprechend. An diesem Punkt sind Kommunikationsfähigkeiten unerlässlich.

Die Bedeutung dessen, was nicht gesagt wird

Während einer Verhandlung können wir durchaus einen Punkt erreichen, an dem es kein Zurück mehr gibt, den sogenannten „Point of no Return“. Doch bevor wir jetzt das Handtuch werfen, ist es vernünftiger, alle uns zur Verfügung stehenden Werkzeuge und Techniken einzusetzen, verbal und nonverbal. Gesten sind genauso wichtig wie Worte. Wenn wir zum Beispiel bemerken, dass unser Verhandlungspartner bei irgendeinem unserer Vorschläge die Stirn runzelt, deutet das daraufhin, dass er über unsere Position nachdenkt und eventuell bereit ist, die Seinige zu ändern. Weitere Anzeichen dafür können abgebrochener Blickkontakt, ein „Tänzeln“ um die eigene Position oder ein verbissenes Festhalten an einem einzigen Argument sein. In diesen Fällen sollten wir schleunigst unsere Strategie wechseln, um der angekratzten Verteidigung des Gegenübers einen triumphierenden Schlag zu verabreichen.

Zudem gibt es zwei Schlüsselmomente, denen wir besondere Aufmerksamkeit schenken sollten: Begrüßungen und Verabschiedungen. Der beste Händedruck ist eine vertikale Auf- und Abbewegung, ohne die Handfläche zu verdrehen oder es mit dem Händeschütteln zu übertreiben. Um ein Geschäft abzuschließen – und eben nicht nur sprichwörtlich einzuschlagen -, kannst du deine linke Hand verwenden, um damit den Arm des Verhandlungspartners leicht zu berühren. Das vermittelt die nötige Intimität und sorgt für ein gutes Gefühl beim Geschäftspartner.

Das Gehirn will kein Unentschieden, es will gewinnen

Wenn bei Abschluss einer Verhandlung beide Parteien profitieren, wird das Gehirn nicht zufrieden sein. In diesen Fällen freut sich unser Verstand nicht über die Win-win-Situationen, sondern denkt nur über zwei Optionen nach: gewinnen oder verlieren. Erfolg wird im Gehirn nicht in Bezug auf den Profit gemessen, sondern in seinem Ausmaß der erlebten Befriedigung.

Es gibt dennoch Verhandlungen, bei denen wir eine gegenseitige Vereinbarung, einen Kompromiss, anstreben. In diesem Fall wissen beide Verhandlungsführer um den rasch folgenden Vertragsbruch, sollte eine der beiden Parteien nicht zufrieden gestellt werden können. Wenn wir dieses Wissen haben und zudem auch gut verhandeln können, werden wir uns nicht nur auf unsere Interessen konzentrieren. Denn für einen nachhaltigen Erfolg ist es mindestens genauso wichtig, dass die Gegenseite das Ergebnis ebenfalls als Erfolg verbuchen kann.

In jedem Fall wird unser Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert, wenn wir das Verhandlungsergebnis als positiv bewerten. Unser Körper setzt dann unter anderem die Neurotransmitter Dopamin und Oxytocin frei, die für eine heitere Stimmung verantwortlich sind. Wenn wir jedoch der Ansicht sind, dass wir bei der Verhandlung nicht erfolgreich waren, werden Neurotransmitter wie beispielsweise Adrenalin freigesetzt. Diese warnen vor einer Bedrohung und lösen in uns Wut, Enttäuschung und Niedergeschlagenheit aus.

Wie man gut verhandelt, lernen diese Teilnehmer eines Seminars

Die Rolle der Emotionen

Fachleute weisen immer wieder darauf hin, dass für eine erfolgreiche Verhandlung das Überwinden der eigenen Emotionen notwendig sei. Sie sagen, dass Gefühle unterdrückt und der Fokus auf die Objektivität gelegt werden solle. Dieser Grundsatz ist das Fundament der Spieltheorie. Sie spricht sich für einen nüchternen und reinen Verhandlungsprozess aus, in dem alle Beteiligten völlig rational denken und handeln.

Wenn wir berücksichtigen, dass wir Menschen mit vielschichtigen Emotionen sind, ist dieser Grundsatz natürlich nur sehr schwer umzusetzen. Es ist daher so gut wie unvermeidlich, dass unsere Gefühle die Verhandlung beeinflussen. Wer es allerdings versteht, seine Gefühle zu kontrollieren, hat einen entscheidenden Vorteil erreicht.

Emotionale Intelligenz und die Fähigkeit zur Selbstkritik sind unerlässlich, um ein guter Verhandlungsführer zu sein. Dank dieser Eigenschaften werden wir in der Lage sein, eine Niederlage zu verstehen, ihre Gründe zu analysieren, aus ihr zu lernen und uns in zukünftigen Verhandlungen besser zu schlagen.

Einfache Strategien, um gut zu verhandeln

Hier ist eine Zusammenfassung der Fähigkeiten, die einen guten Verhandlungsführer ausmachen, dessen Verhandlungen eine wahre Kunst sind:

  • Aktives Zuhören: Höre nicht nur zu, sondern schenke deinem Gegenüber deine volle und ungeteilte Aufmerksamkeit.
  • Durchsetzungsvermögen: Stelle deine Sichtweise unmissverständlich klar, während du gleichzeitig die Rechte und Ansichten anderer respektierst.
  • Selbstvertrauen: Sei mutig und standhaft. Wenn du unsicher bist, wird deine Haltung defensiver Natur sein.
  • Balance: Gib etwas und erwarte dafür auch etwas im Gegenzug. Es ist eine Verhandlung, keine Spendengala.
  • Optimismus: Deine Bereitschaft, zu verhandeln, Vorschläge zu hören und Kompromisse anzunehmen, bringt dir unterm Strich gute Ergebnisse.
  • Empathie: Geduld und Empfindsamkeit helfen, deine Stimmung zu heben, wenn du dich irgendwann in die Enge getrieben fühlst.

Um gut zu verhandeln, musst du wissen, wie du dein Gehirn und dein Herz nutzen kannst. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der richtigen Anwendung und der richtigen Mischung von Emotionen und Vernunft.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.



Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.