Wie lehrt und lernt man denken?

Denken – insbesondere kritisches Denken – zu lehren und zu lernen, ist in unserer modernen Gesellschaft wichtiger denn je.
Wie lehrt und lernt man denken?
Laura Gómez Domínguez

Geschrieben und geprüft von der Pädagogin Laura Gómez Domínguez.

Letzte Aktualisierung: 12. Oktober 2022

Der traditionelle Unterricht basiert auf einem systematischen und mechanischen Lernprozess, bei dem die Hauptlast durch Auswendiglernen getragen wird. Heutzutage gibt es viele Studien, die eine andere Art des Unterrichts befürworten. Denken zu lernen, ist eines der Hauptziele der Bildungsrevolution, die wir allmählich erleben. Ziel ist es, den Schülerinnen und Schülern das Handwerkszeug für die Suche nach Informationen und deren kritische Verarbeitung zu vermitteln.

Es ist notwendig, Prozesse zu verändern und die Schülerinnen und Schüler darauf vorzubereiten, dass diese in Zukunft in der Lage sind, Probleme effektiv zu lösen und Entscheidungen auf der Grundlage guter Analysen zu treffen. Denken zu lehren bedeutet daher, dass gutes Denken alle unsere Handlungen im Klassenzimmer durchdringt. So können junge Menschen zu guten Denkern werden und lernen nicht nur auswendig.

Kind lernt denken

Warum das Denken lehren und lernen?

In den meisten Schulen gibt es kein Bildungsmodell, in dem das Denken gelehrt wird. Traditionelle Schulen sind immer noch von kurzlebigen Werkzeugen, Methoden und Techniken durchdrungen; sie verbringen die meiste Zeit damit, den Schülern beizubringen, Gleichungen zu lösen und Texte auswendig zu lernen, die wahrscheinlich in ein paar Tagen wieder vergessen sind. Dabei werden keine Spuren hinterlassen.

Viele Bildungsfachleute entscheiden sich für Methoden, die sich auf das Verstehen konzentrieren, auf den Wert von Fragen anstatt von Antworten. Sie schaffen neue Wege, Probleme durch Denken zu lösen. Um dies zu erreichen, müssen wir auch die Verfahren und Instrumente erneuern.

“Wie der Boden, so reich er auch sein mag, keine Früchte tragen kann, wenn er nicht kultiviert wird, so kann auch der Geist ohne Kultivierung keine Früchte tragen.”

Seneca

Was ist Thinking-Based Learning (TBL)?

Heutzutage haben viele Bildungseinrichtungen erkannt, dass sich die traditionelle Methodik auf das Auswendiglernen konzentriert, welches wenig Sinn ergibt. Dieses Unterrichtsmodell ist ineffektiv, weil kritisches und reflektierendes Denken nicht in die Praxis umgesetzt wird.

Thinking-Based Learning ermöglicht ein bewussteres und tiefergehendes Lernen, das die Art und Weise verändert, wie sich die Lernenden mit neuen Informationen auseinandersetzen. Robert Swartz, eine der einflussreichsten Persönlichkeiten im Bildungsbereich und Schöpfer dieser Methode, definiert letztere als eine Technik, bei der man lernt, kreativ und kritisch zu denken.

Robert Swartz erklärt, dass diese Methode entstand, als er einen Kurs bei einem Geschichtsprofessor in Boston besuchte. Er bot seinen Schülern zwei verschiedene Geschichten an und bat diese, herauszufinden, welche der Wahrheit entsprach. Swartz erkannte, dass Kinder so lernten, zu entscheiden, ob sie die Lektüre als wahr und verlässlich akzeptieren konnten oder nicht. Er entdeckte, dass diese Perspektive auf alles angewendet werden kann.

Diese aktive Methodik geht über den Inhalt hinaus und stellt sicher, dass Lernende das Denken lernen. Sie haben die Möglichkeit, reale Probleme mithilfe des Inhalts zu lösen. Dabei ziehen sie verschiedene Optionen in Betracht und untersuchen, welche die beste Lösung ist. So hängt der Lernprozess nicht vom Auswendiglernen ab, sondern von der Verinnerlichung des Inhalts.

“Das Ergebnis des Thinking-Based Learning ist, dass die Schüler lebenslange Denkfähigkeiten erlernen und ein umfassenderes und tieferes Verständnis für die Inhalte der Fächer entwickeln, die sie im normalen Lehrplan lernen, als in traditionelleren Klassenräumen.” 

Robert Swartz

Kollaboratives Denken im Klassenzimmer

Um das Denken im Klassenzimmer zu erlernen, muss die Lehrkraft in ihrer Vermittlerrolle Schülerteams anleiten, Probleme, Fälle und Projekte gemeinsam zu lösen. Dies fördert die aktive Beteiligung der Schüler.

Gruppenarbeit ist in Klassenräumen, in denen Denken gelehrt wird, von entscheidender Bedeutung, denn Denken funktioniert am besten in Zusammenarbeit. Gemeinsam mit anderen über wichtige Themen nachzudenken, erfordert Teamarbeit, die zum Nachdenken und zum gemeinsamen Lernen anregt.

Die Bedeutung von Fragen

Der Dialog ist eine unschätzbare Ressource für die Generierung von Wissen. Schon im 5. Jahrhundert v. Chr. erkannte Sokrates den Nutzen des Dialogs und entwickelte eine Methode: die Maieutik. Die sokratische Methode versteht den Einsatz von Fragen als Mittel zur Entwicklung des Denkens. Fragen, die wir im Unterricht stellen, sind ein Anreiz für Lernende, um zu versuchen, Antworten zu finden und/oder neue Fragen zu stellen.

Die Fragen zielen darauf ab, die Fähigkeit der Lernenden zu verbessern, deren Ideen zu strukturieren, Antworten zusammenzufassen und diese durch Argumentation zu verteidigen. In diesem Sinne kennt eine gute Lehrkraft die Arten von Fragen und weiß, welche für die jeweilige Situation am besten geeignet sind.

“Ich kann niemandem etwas lehren. Ich kann sie nur zum Denken bringen.”

Sokrates

Kinder beim Lernen

Die sechs Denkhüte

Die sechs Denkhüte sind eine Technik, die von Edward de Bono entwickelt wurde, um die Lösung oder Analyse von Problemen aus verschiedenen Blickwinkeln zu erleichtern. Diese Methode ermutigt und stimuliert laterales und kreatives Denken, fördert paralleles Denken und bietet eine Alternative zum traditionellen Denken.

Die sechs Hüte stehen für sechs Denkweisen, die wir anwenden können, wenn wir vor einem Problem stehen. Bei dieser Technik stellen sich die Teilnehmenden vor, dass sie sich einen Hut aufsetzen, um die Art des Denkens zu fördern, die dem jeweiligen Hut entspricht.

Denken zu lehren und zu lernen, insbesondere kritisches Denken, ist wichtiger denn je, wird jedoch leider an Schulen und Bildungseinrichtungen noch immer vernachlässigt, obwohl es zahlreiche sehr interessante Methoden gibt.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.