Wie du dir Gelesenes besser merken kannst: 5 wissenschaftlich erprobte Tipps
Mit verschiedenen Techniken kannst du dir Gelesenes besser merken und gleichzeitig dein Gedächtnis trainieren. In unserer digitalen Gesellschaft, die von Bildern dominiert wird, ist es besonders wichtig, das Erinnerungsvermögen zu fördern.
Die Neurowissenschaftlerin Maryanne Wolf, Autorin von Büchern wie “Schnelles Lesen, langsames Lesen” oder “Das lesende Gehirn” warnt davor, dass elektronische Geräte unsere Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigen. Das kann vor allem für Kinder schwerwiegend sein, die ihre Lese- und Schreibfähigkeiten noch entwickeln müssen.
Aber auch Erwachsene, die seit Jahrzehnten gute Leser sind, können davon betroffen sein. In ihrer klinischen Praxis stellt Dr. Wolf fest, dass viele Menschen immer weniger Informationen behalten, wenn sie lesen. Wir haben uns so sehr an unmittelbare Informationen gewöhnt, die sich von einer Sekunde zur nächsten ändern, dass das Gehirn ernsthafte Probleme hat, sich das Gelesene zu merken. Deshalb sind die folgenden Tipps nicht nur für Schülerinnen und Schüler gedacht, sondern für uns alle hilfreich.
In einer Welt, die von digitaler Technologie, Bildschirmen und schnelllebigen Informationen geprägt wird, sind gesunde Lesegewohnheiten grundlegend, um das Gedächtnis und das psychische Wohlbefinden zu fördern.
So kannst du dir Gelesenes besser merken
Vor etwa 5.000 Jahren gelang dem menschlichen Gehirn ein Durchbruch: Es war in der Lage, Symbole zu interpretieren, ihnen Bedeutungen zu geben und Laute zu artikulieren. Die Sumerer hinterließen auf ihren Tafeln die Keilschrift. Frühe ägyptische Schriftstücke sind das Totenbuch und die Geschichte von Sinuhe.
Heute lesen wir Bücher auf elektronischen Geräten, wir benötigen kein Papier mehr. Und trotz der Veränderungen ist der kognitive Prozess zur Entschlüsselung der Symbole noch immer derselbe. Lesen ermöglicht es uns, die Erfahrungen anderer Menschen zu erleben, uns in sie einzufühlen und uns freier, weiser und glücklicher zu fühlen.
Nichts ist so bereichernd, wie andere Perspektiven kennenzulernen, Neues zu lernen und einen kritischen Sinn für die Realität zu entwickeln. All diese Prozesse sind natürlich nur möglich, wenn wir uns an das Gelesene erinnern. Wenn wir die Informationen, die wir lesen, nicht festigen, lernen wir nicht und stellen unsere vorgefassten Meinungen nicht infrage.
Es ist wichtig, die richtigen Bedingungen zu schaffen, um sich Gelesenes zu merken. Folgende Strategien können dir dabei helfen.
Damit du dir das Gelesene merken kannst, solltest du Ablenkungen wie Handy-Benachrichtigungen vermeiden.
1. Besser auf Papier: die traditionelle Methode
Viele haben sich daran gewöhnt, Tablets oder andere Geräte zum Lesen zu verwenden. Wer sich jedoch optimal an Gelesenes erinnern möchte, sollte Papier bevorzugen. Das zeigt eine Forschungsstudie von Professor Ziming Liu von der San Jose State University in Kalifornien. Das Gehirn kann Informationen auf Papier besser verarbeiten. Außerdem können zusätzliche Techniken wie Unterstreichen oder Notizen am Seitenrand das Gedächtnis unterstützen.
2. Die Umgebung, in der du liest, ist wichtig: keine Ablenkungen
Du kannst in der U-Bahn, am Strand oder in einem Warteraum lesen. Wenn du jedoch kein geübter Leser bist, kannst du dich vielleicht nicht ausreichend konzentrieren, um das Gelesene tatsächlich zu behalten. Deshalb solltest du einen ruhigen Raum wählen, um den Aufmerksamkeits– und Gedächtnisprozess zu optimieren. Auch die Beleuchtung und ein bequemer Sessel sind wichtig. Ein aufgeräumter, stiller Ort, an dem du dich bequem fühlst und nicht abgelenkt wirst, ist ideal. Vergiss nicht, dein Handy abzuschalten.
3. Nimm dir Zeit
Wir haben uns daran gewöhnt, schnell, hastig und oberflächlich zu lesen. Die digitale Welt ist schnelllebig und besteht großteils aus Schlagzeilen, die wir nur kurz überfliegen. In vielen Fällen führt dies zu Fehlern und Gedächtnislücken. Wir empfehlen dir deshalb, dir zum Lesen ausreichend Zeit zu nehmen:
- Atme fünf Minuten lang tief durch, bevor du beginnst. Du kommst so zur Ruhe und kannst dich auf die erholsame Zeit einstimmen.
- Entleere deinen Geist: Stelle dir einen leeren Raum vor, der frei von Sorgen und aufdringlichen Gedanken ist. Entspanne dich und mach es dir bequem. Jetzt ist es an der Zeit, mit der Lektüre zu beginnen.
4. Anmerkungen, um sich an Gelesenes zu erinnern
Manche Menschen unterstreichen interessante Sätze, andere machen Anmerkungen am Rand oder schreiben sich Notizen in ein Tagebuch. Auch eine kurze, handschriftliche Zusammenfassung über die wichtigsten Punkte ist sehr hilfreich, um sich besser an Gelesenes zu erinnern. Verwende dafür deine eigenen Worte, um deine Erinnerungen zu festigen. Ergänze die Zusammenfassung durch deine eigenen Erfahrungen und Kommentare, um den Lernprozess zu verbessern.
Lesen regt zum Nachdenken an und ermöglicht uns einen kritischen Blick auf unsere Welt.
5. Über Gelesenes nachdenken und diskutieren
Wenn dich die Lektüre nicht anregt, darüber nachzudenken, dir eine Meinung zu bilden oder Gefühle zu entwickeln, ist sie nutzlos. Das Tiefengedächtnis festigt sich, wenn die Worte einen Sinn erhalten. Das bedeutet, dass du darüber nachdenken oder diskutieren solltest, um dich besser daran zu erinnern.
All dies benötigt Zeit, denn ein gestresstes Gehirn ist ineffektiv. Lesen erfordert Geduld, Freude, Konzentration, Kontakt mit dem Papier und auch soziale Kontakte. Nur wenige Dinge sind so bereichernd wie eine spannende, informative oder erholsame Lektüre. Mit anderen darüber zu sprechen, ist besonders bereichernd und anregend. Beginne noch heute damit!
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Wolf, Mararyane (2020) Lector, vuelve a casa: Cómo afecta a nuestro cerebro la lectura en pantallas. Planeta.
- Ziming Liu. “Digital reading” Chinese Journal of Library and Information Science (English edition) (2012): 85-94.