Wie beeinflusst die Asymmetrie des Gehirns psychologische Prozesse?

Wusstest du, dass die beiden Gehirnhälften funktionale und anatomische Asymmetrien aufweisen? Diese Besonderheiten wirken sich auf die kognitiven Fähigkeiten und auf psychologische Prozesse aus. Erfahre mehr darüber.
Wie beeinflusst die Asymmetrie des Gehirns psychologische Prozesse?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 03. Juni 2023

Das menschliche Gehirn besteht aus zwei ungefähr gleich großen Hälften, die eine Asymmetrie aufweisen. Jede Hemisphäre ist auf unterschiedliche Funktionen spezialisiert. So wird beispielsweise die Sprache überwiegend in der linken und die Aufmerksamkeit vorrangig in der rechten Hälfte verarbeitet. Diese Aufteilung der Prozesse wird Lateralisation (Rechts- oder Linkshändigkeit) genannt.

Die Asymmetrie der Hemisphären, also die subtilen anatomischen und funktionellen Unterschiede, haben Auswirkungen auf die kognitiven Fähigkeiten und die Psyche. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts konnten Zusammenhänge mit Schizophrenie und Autismus-Spektrum-Störungen feststellen. Erfahre anschließend mehr über dieses Thema.

Die Asymmetrie des Gehirns

Die strukturellen und funktionellen Unterschiede der Hemisphären wirken sich auf viele Bereiche der menschlichen Entwicklung aus. Jedes menschliche Gehirn ist einzigartig und weist einige Besonderheiten auf. 1864 entdeckte der französische Neurologe Paul Broca, dass diese funktionelle Asymmetrie dazu führt, dass wir Sprache überwiegend in der linken Hemisphäre verarbeiten. Er fand auch heraus, dass Patienten mit einer Läsion des linken Frontallappens an Aphasie leiden.

In ähnlicher Weise wird die Lateralisation mit strukturellen Asymmetrien in der Großhirnrinde in Verbindung gebracht. Kurioserweise gibt es diese Besonderheit nicht nur beim Menschen, sondern bei den meisten Wirbeltieren.

Studien über die Asymmetrie des Gehirns ermöglichen es Forschern, unser Verhalten und verschiedene psychische Probleme besser zu verstehen.

Wie wirkt sich die neurologische Asymmetrie auf den Menschen aus?

Die Asymmetrie des Gehirns wirkt sich auf unser Verhalten, die Kognition und psychische Prozesse aus. Ein Forscherteam der spanischen Universität León betont die Notwendigkeit, die Neuropsychologie zu fördern, um menschliche Lernprozesse besser zu verstehen.

Wir sehen uns die Auswirkungen der Asymmetrie des Gehirns anschließend genauer an.

Psychische Erkrankungen wie Schizophrenie zeigen eine gewisse Asymmetrie in Bereichen, die mit Erschöpfung und mangelnder Initiative (Abulia) zusammenhängen.

Lateralisation

Die Asymmetrie des Gehirns könnte erklären, warum Menschen Rechts- oder Linkshänder sind. Es scheint zwar einen genetischen Zusammenhang zu geben, doch einem in der Fachzeitschrift PNAS veröffentlichten Artikel zufolge ist Linkshändigkeit mit einer abweichenden Asymmetrie in Regionen verbunden, die an den exekutiven Funktionen und der Sprache beteiligt sind.

Bei Rechtshändern dominiert die linke Hemisphäre, bei Linkshändern ist es genau umgekehrt.

Psychische Störungen und Hirnasymmetrie

Die Asymmetrie des Gehirns ist ein grundlegendes Merkmal der Organisation des Nervensystems. Dies kann zu anatomischen Abweichungen führen und die Funktionsweise zahlreicher neurologischer Prozesse verändern. Es sollte daher nicht überraschen, dass diese biologische Besonderheit psychische Probleme auslösen kann. Die häufigsten Störungen sind:

  • Menschen mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) weisen Anomalien in der Symmetrie des Gehirns auf.
  • Das Max-Planck-Institut für Psycholinguistik weist darauf hin, dass Menschen auf dem Autismus-Spektrum (ASS) eine veränderte lateralisierte Neuroentwicklung aufweisen. Die Autoren betonen jedoch, dass weitere Forschungen notwendig sind.
  • Ein in der Zeitschrift Biological Psychology veröffentlichter Artikel weist auf den Zusammenhang zwischen schweren Depressionen und Abweichungen in der Asymmetrie hin. Insbesondere wird eine geringere Aktivität in der linken Hemisphäre und eine Hyperaktivität des rechten Frontalbereichs festgestellt. Dies führt zu langsamerem Denken, einem unflexibleren mentalen Fokus, schlechter Emotionsregulierung und hohem Widerstand gegen Veränderungen.
  • Eine in der Fachzeitschrift Acta Psychiatrica Scandinavica veröffentlichte Studie zeigt auf, dass Patienten mit Schizophrenie eine größere Asymmetrie in der grauen Substanz aufzeigen. Diese Anomalie tritt bereits während der Neuroentwicklung des Kindes auf und äußert sich in der Regel durch Abulie (krankhafte Willensschwäche), die bei dieser schweren psychischen Erkrankung sehr auffällig ist.

Du hast eine Lieblingsseite zum Kauen und eine Lieblingsseite zum Schauen

Erstaunlicherweise führt die Asymmetrie des Gehirns auch dazu, dass wir bevorzugt auf einer Seite kauen. Forschungen der Universität Barcelona sowie anderer Forschungszentren verbinden diese Vorliebe mit der Lateralisierung und den Besonderheiten der Hemisphären.

Wissenschaftler haben außerdem festgestellt, dass wir auch die Sinnesorgane, unter anderem die Augen, lateralisieren. Die meisten Menschen bevorzugen das rechte Auge. Möchtest du wissen, welche Seite bei dir stärker ausgeprägt ist? Beantworte diese Frage: Wenn du durch ein Schlüsselloch schaust, welches Auge verwendest du?

Wie schaut die Asymmetrie bei kreativen Menschen aus?

Wir hören immer wieder, dass kreative Menschen bevorzugt die rechte Hemisphäre des Gehirns nutzen. Dafür gibt es jedoch kaum empirische Belege. Eine Studie der Universität Genf eine Reihe von Argumenten geliefert, die diese Idee teilweise stützen. Es ist wichtig, klarzustellen, dass kreatives Denken den Einsatz eines guten Teils beider Gehirnhälften erfordert.

Schließlich erfordert die Kreativität eine hohe Dosis an Intuition und Vorstellungskraft, kombiniert mit logischem Denken, Lesen und Sprache (die von der linken Hemisphäre verarbeitet werden).

Die Autoren der genannten Studie haben herausgefunden, dass kreative Menschen Asymmetrien in der Dopaminfunktionalität aufweisen. Sie gehen davon aus, dass eine relativ geringere Dopaminfunktion in der rechten Gehirnhälfte die Kreativität fördert, indem sie die einschränkenden Effekte dieses Botenstoffes auf entfernte Assoziationen freisetzt.

Teilnehmer mit einer reduzierten neuronalen Reaktion im dopaminergen System der rechten Hemisphäre waren in dieser Studie kreativer, da sie abgelegene, originelle und innovative Ideen einfacher entwickeln können. Die Vorstellung, dass Kreativität eher in der rechten Gehirnhälfte angesiedelt ist, scheint keine wissenschaftliche Grundlage zu haben.


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