Was passiert bei Denkpausen im Gehirn?

Was passiert im Gehirn, wenn wir abschalten, an "nichts" denken oder Tagträume verfolgen? Eine Studie hat versucht, diese Frage zu beantworten.
Was passiert bei Denkpausen im Gehirn?

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 30. Juni 2023

Denkpausen ermöglichen es unserem Gehirn, sich mit unspezifischen oder irrelevanten Ideen zu beschäftigen, die ihre eigenen Wege gehen. Wir denken nicht über etwas Bestimmtes nach, sondern lassen uns treiben, ohne Antworten auf Fragen zu suchen oder konkrete Themen zu bearbeiten. Ein Wissenschaftlerteam der Universität von Kalifornien hat sich damit beschäftigt, was im Gehirn passiert, wenn wir uns in diesem Zustand befinden.

Die Forscher veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences. Sie stellen einen bedeutenden Fortschritt für das Verständnis des menschlichen Gehirns dar. Erfahre nachfolgend Interessantes über die wichtigsten Erkenntnisse dieser Forschungsarbeit.

“Ein ruhiger und leerer Geist ist wie ein ruhiger See, in dem sich alles, was ihn umgibt, klar widerspiegelt.”

Lao Tse

Denkpausen und Tagträumereien

Die erwähnte Studie unter der Leitung von Dr. Mladen Sormaz an der Abteilung für Psychologie der Universität York umfasst zwei Experimente. Zuerst wurden 145 Teilnehmer gebeten, eine zwölfminütige Aufgabe zu lösen, die intensive geistige Anstrengung erforderte. Danach wurden sie in drei Gruppen aufgeteilt:

  • Die erste Gruppe erhielt weitere anspruchsvolle Aufgaben.
  • Die Teilnehmer der zweiten Gruppe führten Entspannungstechniken und Meditation durch.
  • Alle Teilnehmer der letzten Gruppe saßen zwölf Minuten lang schweigend im Raum und taten nichts.

An einem weiteren Experiment nahmen 50 Personen teil. Sie erhielten komplexe visuelle Aufgaben, die sie in fünfzehn Minuten lösen mussten. Danach bildeten die Forscher zwei Gruppen:

  • Eine Gruppe arbeitete an den Aufgaben weiter,
  • die andere blieb 15 Minuten lang im Raum sitzen, ohne etwas zu tun.

In beiden Experimenten wurde die Gehirnaktivität der Teilnehmer durch bildgebende Verfahren (fMRT) gemessen.

Die wichtigsten Ergebnisse

Das Forscherteam konnte in den beschriebenen Experimenten ein Muster der Gehirnaktivität feststellen, das auf das Default Mode Network (DMN) hinweist. Dieses neuronale Netzwerk wird aktiv, wenn wir uns nicht auf eine bestimmte Aufgabe konzentrieren. Es hängt mit kognitiven Prozessen wie Introspektion, Vorstellungskraft, Gedächtnis und der Konsolidierung neuer Erinnerungen zusammen, erklärt ein Artikel in der Fachzeitschrift Nature Reviews Neuroscience.

Es lassen sich also folgende Schlussfolgerungen ziehen:

  • Die verschiedenen Gehirnnetzwerke, die während des mentalen Ruhezustands aktiv sind, könnten einen Indikator für die Gesundheit des Gehirns und die kognitiven Fähigkeiten darstellen.
  • Das Muster der Gehirnaktivität im Ruhezustand können die zukünftige geistige Leistungsfähigkeit vorhersagen. Folglich ist der mentale Ruhezustand ein Indikator für kognitive Fähigkeiten.
  • Die ruhende Hirnaktivität kann die Grundlage für die zukünftige geistige Aktivität sein. Alles deutet darauf hin, dass das Gehirn die “Leerlaufzeit” nutzt, um zukünftige Aufgaben und Handlungen zu planen und vorzubereiten.

Das Default Mode Network ist unter anderem bei Tagträumen und der Zukunftsplanung aktiv.

Denkpausen und reizunabhängiges Denken

Das Forscherteam stellte fest, dass jene Gehirnregionen, die sensorische Informationen wie Sehen und Hören verarbeiten, auch beim reizunabhängigen Denken aktiv sind. Das deutet darauf hin, dass das Gehirn die Umgebung ständig analysiert und Informationen verarbeitet, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind.

Die Studie könnte helfen zu verstehen, dass leere oder unproduktive Momente nicht unbedingt Zeitverschwendung sind, sondern nützlich sein können, um unterbewusste Informationen zu verarbeiten und Verbindungen zwischen verschiedenen Gedanken und Erfahrungen herzustellen.

Ferner unterstreicht die Untersuchung, wie wichtig es ist, sich Zeit zu nehmen, um abzuschalten und die Gedanken schweifen zu lassen, da sich diese Denkpausen positiv auf das geistige und emotionale Wohlbefinden auswirken könnten.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Kaefer, K., Stella, F., McNaughton, B. L., & Battaglia, F. P. (2022). Replay, the default mode network and the cascaded memory systems model. Nature Reviews Neuroscience23(10), 628-640. https://www.nature.com/articles/s41583-022-00620-6
  • Raichle, M. E. (2015). The brain’s default mode network. Annual Review of Neuroscience38, 433-447. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25938726/
  • Smallwood, J., Bernhardt, B. C., Leech, R., Bzdok, D., Jefferies, E., & Margulies, D. S. (2021). The default mode network in cognition: a topographical perspective. Nature Reviews Neuroscience, 22(8), 503-513. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34226715/
  • Sormaz, M., Murphy, C., Wang, H. T., Hymers, M., Karapanagiotidis, T., Poerio, G., Margulies, D., Jefferies, E. & Smallwood, J. (2018). Default mode network can support the level of detail in experience during active task states. Proceedings of the National Academy of Sciences, 115(37), 9318-9323. https://www.pnas.org/doi/abs/10.1073/pnas.1721259115

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