Was ist Melancholie?

Melancholie ist ein komplexer emotionaler Zustand, der durch tiefe Traurigkeit, Verlust der Freude und psychomotorische Veränderungen gekennzeichnet ist und häufig mit depressiven Störungen einhergeht.
Was ist Melancholie?
José Padilla

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen José Padilla.

Letzte Aktualisierung: 29. Juli 2024

Melancholie ist ein Zustand, der durch Schwermut, anhaltende Hoffnungslosigkeit, eine nostalgische Sehnsucht nach der Vergangenheit und Traurigkeit geprägt ist. In der modernen Psychologie wird Melancholie oft als eine Form der Depression betrachtet. Das DSM-5, ein Diagnostikhandbuch für psychische Störungen, klassifiziert sie als einen Spezifikator für depressive Störungen.

Wir beleuchten anschließend die möglichen Ursachen für diesen Zustand und geben dir auch einige Tipps mit auf den Weg, um ihn zu überwinden.

Melancholie: ein kurzer Rückblick

Der Begriff stammt vom griechischen Wort “melaina chole,” was “schwarze Galle” bedeutet. Ursprünglich war Melancholie Teil der antiken Lehre der vier Körpersäfte von Hippokrates, der glaubte, dass ein Ungleichgewicht dieser Säfte (Blut, Schleim, gelbe Galle und schwarze Galle) Krankheiten verursache.

Im zweiten Jahrhundert vor Christus entwickelte Galen die Lehre von den vier Körpersäften (Humores) in seiner Theorie der Temperamente weiter. Galen glaubte, dass das menschliche Temperament und die Persönlichkeit von der Mischung und dem Gleichgewicht dieser vier Humores beeinflusst werden.

Im Laufe der Jahrhunderte veränderte sich die Bedeutung und Interpretation der Melancholie. Im Mittelalter wurde sie oft mit einer religiösen oder künstlerischen Dimension versehen und manchmal sogar als Todsünde betrachtet. In der Renaissance hingegen wurde sie als Zeichen von Genie, Sensibilität und Kreativität angesehen.

Die American Psychological Association (APA) bezeichnet Melancholie als ein archaisches Wort für Depression. Ihre Stellung in der Psychologie und Psychiatrie ist heftig umstritten, denn manche gehen von einer Form der Depression aus, während andere eine Abgrenzung ziehen und von einer melancholischen Depression sprechen.

Was ist Melancholie?

Wenn wir Melancholie als Spezifikator für depressive Störungen verstehen, können ihre Merkmale wie folgt beschrieben werden:

  • Der melancholische Zustand ist am Morgen besonders intensiv.
  • Es entstehen übermäßige oder unangemessene Schuldgefühle.
  • Psychomotorische Unruhe oder Retardierung
  • Frühes Aufwachen
  • Anorexie oder erheblicher Gewichtsverlust
  • Tiefe Entmutigung, Verzweiflung oder schlechte Laune
  • Verlust der Freude an allen oder sehr vielen Aktivitäten
  • Mangelnde Reaktionsfähigkeit auf angenehme Reize

Diesen beiden Dimensionen führen zu Demotivation, Desinteresse und Aufmerksamkeitsproblemen. Pessimistische Gedanken, Energiemangel und eine geringe Leistungsfähigkeit sind weitere Merkmale, die Melancholie und Traurigkeit verbinden. Allerdings gibt es auch Unterschiede: Traurigkeit  ist ein natürlicher Bewältigungsmechanismus, der in bestimmten Situationen notwendig und hilfreich ist. Melancholie ist jedoch ein Spezifikator einer depressiven Störung.

Mögliche Ursachen

Hinter diesem Zustand verbirgt sich ein komplexes Zusammenspiel biologischer, psychologischer und umweltbedingter Faktoren.

Eine in der Fachzeitschrift Molecular Psychiatry veröffentlichte Studie stellte fest, dass bei Melancholie die Konnektivität zwischen wichtigen Netzwerken, die mit der Aufmerksamkeit und der Interozeption zusammenhängen, weniger effektiv sind. Vermutlich führt diese Anomalie zu einer Verarmung der Vielfalt und affektiven Qualität der Gedanken.

Psychologische Faktoren sind unter anderem ein geringes Selbstwertgefühl, übermäßige Selbstkritik, Pessimismus, verzerrte Selbstwahrnehmung und schlecht angepasste Bewältigungsstile.

Doch nicht nur biologische und psychologische Aspekte spielen eine wesentliche Rolle. Auch die Umgebung und die persönlichen Erfahrungen sind entscheidend: Traumatische Erlebnisse, fehlende soziale Unterstützung, der Verlust eines geliebten Menschen, zwischenmenschliche Konflikte oder finanzielle Schwierigkeiten sind einige Beispiele.

Melancholie: Was tun?

Da wir über einen Spezifikator einer depressiven Störung sprechen, ist professionelle Hilfe wichtig. Eine erfahrene Psychologin oder ein Psychologe kann einen spezifischen Interventionsplan erstellen und die benötigte Unterstützung bieten.

Wenn du nicht mehr fähig bist, deinen Alltag zu bewältigen und deine Leistungsfähigkeit im Beruf oder in anderen Lebensbereichen eingeschränkt ist, solltest du unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Zusätzlich und immer in Übereinstimmung mit der behandelnden Fachkraft können folgende Maßnahmen hilfreich sein:

  • Unterstützung durch Vertrauenspersonen: Familien- und soziale Unterstützungsnetzwerke bieten dir Ressourcen, um weiterzukommen. Die Gesellschaft von Menschen, die dich lieben, hilft dir, widerstandsfähiger zu sein.
  • Routine mit Zielen: Ein klares Ziel in deinem Alltag gibt dir Antrieb, um der mangelnden Motivation, dem Desinteresse und der Lethargie melancholischer Zustände zu entkommen. Außerdem kannst du dich auf diese Weise auf etwas anderes als deine Traurigkeit konzentrieren.
  • Angenehme Aktivitäten: Auch wenn du keine Energie hast, versuche, eine Aktivität zu praktizieren, die dich mit Glück, anderen Menschen und dir selbst verbindet. Auf diese Weise förderst du das Auftreten positiver Emotionen, die die Melancholie ersetzen können.
  • Vermeide es, dich den Emotionen zu widersetzen: Es ist besser, die Emotionen zu akzeptieren und zu beobachten, anstatt sie zu beurteilen oder zu kritisieren. Wenn du sie akzeptierst, gibst du ihnen die Freiheit, ihren Zyklus zu durchlaufen. Je mehr du dich gegen negative Gefühle wehrst, desto länger bleiben sie bestehen.
  • Kümmere dich um deinen Körper und Geist: Mache Übungen, die deine körperliche und geistige Gesundheit stärken, ernähre dich gesund und sorge für ausreichend Schlaf. Wenn dein Körper nicht gesund ist, wirst du nicht die Kraft haben, dich den Herausforderungen zu stellen. Eine gute Gesundheit beugt nicht nur Krankheiten vor, sondern trägt auch zu deinem allgemeinen Wohlbefinden bei.

Fazit

Melancholie ist ein komplexer Zustand, der tief in den Facetten des menschlichen Erlebens verwurzelt ist. Sie ist an anhaltender Traurigkeit, dem Verlust der Freude und psychomotorischen Veränderungen zu erkennen und geht häufig mit depressiven Störungen einher. Die Ursachen der Melancholie sind vielfältig und umfassen biologische, psychologische und umweltbedingte Faktoren, die in einem komplexen Zusammenspiel das Wohlbefinden beeinträchtigen.

Es ist wichtig, Melancholie ernst zu nehmen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, da sie ein signifikanter Indikator für schwerwiegendere depressive Störungen sein kann.


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