Von der Gefahr, einem Jugendlichen zu sagen, dass er alles erreichen kann
Viele Eltern sagen ihrem jugendlichen Kind: „Du kannst alles erreichen, was du willst.“
Alle Eltern sollten ihre Kinder dazu animieren, ihre Interessen zu verfolgen und nicht das Gefühl zu haben, eingeschränkt zu sein, wegen dem, was die Gesellschaft über ihre Fähigkeiten denkt.
Doch diese übermäßig positive Einstellung, die offensichtlich motivierend sein soll, kann unerwartete Nachteile mit sich bringen.
Zu Beginn sollten wir nicht ungesagt lassen, dass es nicht stimmt, dass jeder das werden kann, was er will, oder er es zwar unter Umständen kann, aber so viele Opfer gebracht werden müssen, dass dem Jugendlichen klar sein sollte, was ihn auf diesem Weg erwartet.
Vielleicht möchte er ein professioneller Sportler werden, weil ihm die Vorstellung des Jahresgehalts oder die Tatsache gefällt, berühmt zu sein, doch in Wahrheit macht er nicht gerne Sport oder hat nichts für das eingeschränkte Leben eines Sportlers übrig.
Wenn wir einmal Klartext reden, müssen wir genetische Voraussetzungen oder unsere Fähigkeit, mit Leid umgehen zu können, in Betracht ziehen, und dann wird uns klar, dass wir vielleicht doch nicht dafür gemacht sind.
Wir dürfen ebenfalls nicht vergessen, dass auch Glück und Zufall eine wichtige Rolle spielen: Unser Körper ist relativ „zerbrechlich“ und wenn wir ihn zu sehr beanspruchen, dauert es nicht lange, bis sich erste Verletzungen zeigen.
Wenn sich der Jugendliche für einen Weg entscheidet, muss er sich dessen auch bewusst sein.
Genauso zeigt uns die Forschung, dass zu hoch gesteckte Ziele schädlich für uns sein können.
Das führt beispielsweise zu einem nicht gerade ethischen Verhalten, wie zu Doping, was einzig und allein darauf abzielt, sich diese ehrgeizigen Träume zu erfüllen.
Wenn uns das nicht gelingt, fühlen wir uns andernfalls als Versager.
Einem Jugendlichen Hoffnungen zu machen, ohne einen konkreten Weg im Blick zu haben, schadet ihm nur
Jugendlichen Mut zu machen, indem man ihnen sagt, dass sie alles erreichen können, ohne ihnen den Weg dorthin vor Augen zu führen, hat einen bitteren Beigeschmack.
Sie dazu zu motivieren, sich ein hohes Ziel zu setzen ohne ihnen auch nur irgend eine Information mit auf den Weg zu geben, hilft ihnen keinesfalls bei der Art und Weise, ihre Ziellinie zu überschreiten und das kann ein Garant für Frust sein, worauf sie nicht vorbereitet sind und deshalb schlecht mit ihm umgehen können.
Außerdem fällt es Jugendlichen schwer, selbst einzuschätzen, ob sie sich genügend anstrengen.
Sie könnten sogar denken, dass es reicht, etwas zu wollen oder zu denken, dass es ihnen immer so leicht wie bei einem gewissen Ziel fallen wird, und das auf ganz natürliche Art und Weise.
Besser ist es, zu verstehen, dass bedeutende Erfolge nicht einfach zu erzielen sind, und wir sollten ihnen auch dabei helfen, zu akzeptieren, dass das Glück sowohl bei guten, als auch bei schlechten Erlebnissen eine wichtige Rolle spielt.
Daraufhin müssen wir ihnen aufzeigen, welchen Weg sie gehen müssen, um ihre Träume zu verwirklichen.
Die Autorin des Buches What Great Parents Do: 75 simple strategies for raising fantastic kids, Erica Reischer, schlägt hierfür „die drei P’s“ vor.
Die drei P’s
Anstatt einem Jugendlichen zu sagen, dass er alles erreichen kann, schlägt Erica Reischer vor, ihm die drei P’s verständlich zu machen: Practice (Übung), Patience (Geduld) und Perseverance (Ausdauer).
- Practice: Anstrengung gepaart mit Feedback ist wichtig, um ein Meister auf einem Gebiet zu werden.
- Patience: Es gelingt einem nur, etwas zu beherrschen und bedeutende Erfolge zu erzielen, wenn man etwas über einen längeren Zeitraum ausübt.
- Perseverance: Hürden können genommen werden und schwierige Zeiten gibt es in jedem Unternehmen.
Erica Reischer ist der Meinung, dass wir Kindern vermitteln sollten, dass sich Erfolg durch harte Arbeit definiert und dadurch, Schritt für Schritt ans Ziel zu kommen, und nicht durch den Vergleich mit anderen.
Vor der Jugend kommt die Kindheit
Man sagt, dass Thomas Edison einmal von einem Kollege an seinem Arbeitsplatz überrascht wurde, an dem er umgeben war von tausenden Experimenten, die ihm nicht gelungen sind.
Angesichts dieser Situation meinte Edison zu seinem Freund: „Ich habe alles versucht. Aber ich habe nicht versagt. Ich habe gerade 10.000 Arten gefunden, auf die es nicht funktioniert.“
Das ist der Inbegriff von Optimismus und der Fähigkeit, aus seinen Fehlern zu lernen.
Wenn du bei deinem Kind bemerkst, dass es etwas nicht kann und pessimistisch ist und sagt, dass es zu nichts nütze, solltest du ihm lieber diese Geschichte erzählen anstatt ihm zu zeigen, wie es selbst sehen kann, dass es möglich ist.
Sage ihm daraufhin, dass jede Herausforderung oder Hürde seine Zeit braucht und Anstrengungen von uns abverlangt, und dass es durch Zeit und Bemühungen seinem Ziel immer näher kommt.
Dein Kind kann nur dann sehr weit kommen, wenn es dazu in der Lage ist, sich den alltäglichen Herausforderungen des Lebens zu stellen und wenn es spürt, dass es auf seinem Weg weiter kommt.
Dein Kind braucht keine Antworten, sondern Möglichkeiten, um zu lernen und um mit seinem Frust umgehen zu können.
Doch wenn wir von Kindern sprechen, steht noch vor dem Erreichen des Ziels die Tatsache, dass sie es brauchen, Spaß an einer Aktivität zu haben, im Vordergrund.
Vielleicht wollen sie eines Tages Fußballspieler werden, aber vorher müssen sie viele Partien mit ihren Freunden auf dem Fußballplatz austragen und sich einfach daran erfreuen.
Der Druck, der Teil von hochrangigen Berufen ist, sollte erst in der Jugend zu spüren sein und auch dann nur nach und nach.
Vor der Jugend kommt die Kindheit und ein Kind muss sich vergnügen. Da es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Druck und keinen Frust gibt, kann das Kind davon träumen, was es sein möchte.
Es kann jeden Tag von etwas anderem träumen und wir sollten schlichtweg Freude daran haben, welchen Wunsch es uns Tag für Tag mitteilt.
Die Kindheit ist ein Lebensabschnitt, in dem Entdeckungen gemacht werden und für Kinder ist das eine unter vielen Möglichkeiten, die Welt mithilfe ihrer Vorstellungskraft und mit uns als Unterstützung an ihrer Seite zu entdecken.
Denke daran: Je mehr ein Kind das tut, desto mehr lernt es kennen, und am besten entscheidet es sich für etwas, wenn der richtige Moment gekommen ist.
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