Vergebung ist Verstehen, nicht Rechtfertigung
Wissen, wie man vergibt, wurde schon immer als ein Tugend angesehen. Für manche Menschen ist es besonders schwierig, reinen Tisch zu machen, wenn jemand etwas tut, dass sie verletzt, während andere absolut alles vergeben würden. Wie können wir hier einen Kompromiss finden? Und rechtfertigen wir, wenn wir vergeben?
Der erste Schritt zur Vergebung ist das Verstehen. Wissen, wie man vergibt, bedeutet nicht etwa, zu vergessen, was andere uns ohne Rücksicht auf unsere Gefühle antaten. Es ist wichtig, zu lernen, den Zorn hinter sich zu lassen, ohne das Unvertretbare zu rechtfertigen. In diesem Artikel beschreiben wir, wie man das erreichen kann, um sein emotionales Wohl zu verbessern.
“Nur die Tapferen wissen, wie man vergibt. Ein Feigling vergibt nie. Es ist nicht seine Natur.”
Laurence Sterne
Vergebung beginnt im Inneren
Lernen, wie man vergibt, bedeutet nicht, dass es uns egal wäre, was andere uns antun, sondern dass wir anfängliche Irritationen oder Störungen loslassen. Jene Gefühle können schnell zu Zorn werden, der unser Leben und unser Verhältnis zur Person, die uns schädigte, negativ beeinflusst. Tatsächlich hilft uns Vergebung dabei, loszulassen, was geschah, während wir gleichzeitig Schritte unternehmen um unser zukünftiges Selbst zu schützen.
Wir denken häufig darüber nach, ob wir anderen vergeben sollten, aber wir haben die schlechte Gewohnheit, zu vergessen, uns selbst zu verzeihen. Die Wahrheit ist, dass keiner von uns vollkommen ist. Auch auf die Gefahr hin, uns eines wohlklingenden Klischees zu bedienen, stellen wir fest: Wir alle machen Fehler. Es ist wichtig, dass wir dies verstehen, weil wir uns so häufig an Standards orientieren, die unmöglich zu erreichen sind. Diese führen zu Frustration, Angst und Ärger über uns selbst.
Zu erkennen, dass wir auch nur Menschen sind, ist der erste Schritt zur Selbstvergebung. Aber wir können einen weiteren Schritt tun. Wenn wir etwas getan haben, wovon wir denken, dass es falsch war, können wir eine Lösung finden für entstandene Probleme suchen, anstatt uns selbst zu quälen.
Ziel ist es, jene Denkstrukturen zu durchbrechen, die uns in Sackgassen führen. Stattdessen suchen wir aktiv nach einer Möglichkeit, das Problem zu beheben. Wir haben tatsächlich nur zwei Optionen: Beheben, was wir angestellt haben oder, wenn es keine Möglichkeit gibt, den Schaden wiedergutzumachen, überlegen, was wir zukünftig tun können, um wiederholte Fehler zu vermeiden.
Vergebung ist das Verstehen, dass jeder Fehler macht
Wenn es uns bewusst ist, dass wir nicht vollkommen sind, verstehen wir auch, dass niemand anderer es ist. Es ist häufig viel einfacher, unsere eigenen Fehler zu rechtfertigen als die Fehler derer um uns herum. Die Wahrheit ist, dass wir hohe Erwartungen an andere haben, eben weil wir auch hohe Erwartungen an uns selbst haben.
“Zu verzeihen heißt, die Beschränkungen und die Mängel anderer nicht als gravierend zu betrachten, sie nicht zu ernst zu nehmen.”
Robert Spaemann
Häufig erwarten wir etwas von anderen, die sie nicht tun können. Zu verstehen, dass andere nicht gezwungen werden dürfen, unsere Erwartungen zu erfüllen, ist sehr wichtig. Nur so können wir lernen, zu vergeben, was sie unserer Meinung nach falsch gemacht haben, und unseren Zorn loszulassen.
Im Mitleid darüber zu baden, dass jemand uns verletzte, hilft uns überhaupt nicht. Wenn etwas uns wütend macht, müssen wir versuchen, jene Motive zu verstehen, welche eine andere Person für ihr Handeln gehabt haben könnte. Es ist meist vorteilhaft, die Linien der Kommunikation offen zu halten und nach einer Lösung für das, was passiert ist, zu suchen.
Vergebung ist Verstehen und bedeutet nicht, dass alles rechtfertigbar ist
Nun, das bedeutet nicht, dass wir verzeihen müssen, was auch immer Leute uns aus Gewohnheit heraus antun. Es ist wichtig, unsere Rechte und Bedürfnisse einzuschätzen und zu schützen. Wenn wir ständig die Verletzungen entschuldigen, die andere uns zufügen, schaden wir uns, unserer Psyche und unserem Selbstwertgefühl.
”Übermäßige Vergebung gegenüber dem, der sich irrt, ist ein Unrecht gegenüber dem, der sich nicht irrt.”
Baldassare Castiglione
Wenn wir lernen, auf unsere Gefühlen zu hören, finden wir Anhaltspunkte, wie wir handeln sollten. Auf diese Weise können wir lernen, Grenzen zu setzen und unseren privaten Raum zu verteidigen.
Es hilft, über das, was geschah und dessen Ursache, nachzudenken. Und auch über das, was hinter unserem Zorn steckt, wenn wir die Verantwortung für das, was passierte, der richtigen Person zuweisen wollen. Es geht nicht darum, mit dem Finger auf jemanden zu zeigen, sondern vielmehr um eine gerechte Verteilung der Verantwortlichkeit.
Bevor du verzeihst, sprich mit deinem Gegenüber über dessen Verhalten, deine Erwartungen und Gefühle. Lerne, zu verzeihen!