Unerwünschte Nebenwirkungen von Antidepressiva

Antidepressiva sind, wie andere Psychopharmaka, Zielscheibe zahlreicher Kritiken, da sie unerwünschte Nebenwirkungen hervorrufen. Erfahre anschließend mehr zu diesem Thema.
Unerwünschte Nebenwirkungen von Antidepressiva
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 16. April 2023

Die psychische Gesundheit scheint zunehmend anfälliger zu werden, deshalb werden zahlreiche Menschen mit Antidepressiva therapiert. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass diese Arzneimittel unerwünschte Nebenwirkungen haben, die anfangs unbemerkt bleiben können.

Probleme mit dem Blutdruck, Mundtrockenheit, Sedierung oder Episoden von Herzrhythmusstörungen sind nur einige der Folgen von Psychopharmaka. Sie wirken sich auch auf die Kognition aus, das heißt auf die Art und Weise, wie eine Person Informationen aus ihrer Umgebung verarbeitet und sie interpretiert.

“Psychisches Wohlbefinden bedeutet, Strategien zu haben, um Herausforderungen zu meistern und Stress effektiv zu bewältigen.”

Marsha Linehan

Arten von Antidepressiva

Antidepressiva enthalten Wirkstoffe, welche die an der Synapse beteiligten Neurotransmitter modulieren. Diese Botenstoffe sind nötig, um elektrische Signale eines Neurons an einer Synapse in chemische Signale zu verwandeln. Es gibt verschiedene Arten von Medikamenten, die auf unterschiedliche Neurotransmitter einwirken (Stahl, 2023):

  • Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs): Sie wirken ausschließlich auf diesen Neurotransmitter (z. B. Reboxetin).
  • Monoaminoxidase-Hemmer: Sie werden verschrieben, um depressive und ängstliche Symptome zu bekämpfen. Beispiele für diese Klasse sind Phenelzin, Isocarboxazid und Selegilin.
  • Duale Antidepressiva: Sie wirken selektiv auf zwei Moleküle (Noradrenalin und Serotonin). Die Wirkungen, die sie erzeugen, sind daher synergistisch. Venlafaxin und Duloxetin sind Beispiele für diese Kategorie.
  • Dopamin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (DNRIs): Ein gutes Beispiel ist Bupropion. Obwohl es eine antidepressive Wirkung hat, kommt es hauptsächlich zur Behandlung von Tabaksucht zum Einsatz.
  • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs): Durch die Blockierung des Mechanismus, der die Wiederaufnahme von Serotonin bewirkt, steigt der Spiegel des Neurotransmitters im intersynaptischen Raum. Zu dieser Gruppe gehören Escitalopram, Paroxetin und Sertralin.
  • Heterozyklische Antidepressiva: Es handelt sich um Psychopharmaka der ersten Generation. Ihr Wirkmechanismus besteht darin, die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin zu hemmen, obwohl sie auch Auswirkungen auf andere Substanzen haben können. Beispiele für diese Gruppe sind Amitriptylin und Imipramin.
Unerwünschte Nebenwirkungen von Antidepressiva
Kay Redfield Jamison weist auf die Wichtigkeit hin, psychische Probleme multidisziplinär zu behandeln.

Unerwünschte Nebenwirkungen von Antidepressiva

Die unerwünschten Nebenwirkungen variieren je nach Dauer der Einnahme und der verschriebenen Dosis. Diesbezüglich heißt es in einem im Electronic Medical Journal veröffentlichten Artikel, dass 2,2 Millionen Menschen jedes Jahr über eine schwerwiegende unerwünschte Wirkung berichten.

Das Spektrum der Reaktionen ist vielfältig (Sthal, 2023):

  • Schlaflosigkeit
  • Verstopfung
  • Verschwommenes Sehen
  • Kopfschmerzen
  • Sexuelle Dysfunktion
  • Trockener Mund
  • Schläfrigkeit und Müdigkeit
  • übermäßiges Schwitzen
  • Gedächtnisprobleme
  • Unruhe und Reizbarkeit
  • Entzugserscheinungen
  • Gewichtsverlust oder Gewichtszunahme
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • erhöhtes Risiko für Suizidgedanken

Die Liste ist noch nicht zu Ende, wir haben nur die häufigsten Nebenwirkungen genannt. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Vorteile einer antidepressiven Behandlung die negativen Auswirkungen überwiegen können. Deshalb ist im Zweifelsfall der Psychiater/die Psychiaterin die beste Fachkraft, um den Interventionsplan zu erläutern.

“Psychologen und Psychiater haben unterschiedliche, aber gleich wichtige Rollen in der psychischen Gesundheitsversorgung. Die Zusammenarbeit zwischen beiden kann die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Behandlung erhöhen.”

Norman Sartorius

Frau experimentiert unerwünschte Nebenwirkungen von Antidepressiva
Trotz der Nebenwirkungen können Antidepressiva sehr wichtig sein. 

Das Antidepressivum Escitalopram, das auf dem Prüfstand steht

Jüngste Forschungen, die in Neuropsycho-Pharmakologie veröffentlicht wurden, untersuchten die Wirkungen von Escitalopram. Dieses Antidepressivum ist ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, das heißt, es fördert den Anstieg dieses Neurotransmitters in bestimmten Hirnregionen, was antidepressive und angstlösende Wirkungen hervorruft.

Ferner bewirkt die langfristige und anhaltende Einnahme von Escitalopram Veränderungen im Verstärkungsmechanismus (Langley et al., 2023). Und durch Verstärkung lernt die Person neue Verhaltensweisen oder hemmt sie. In diesem Sinne kann die dauerhafte Einnahme von Escitalopram die Empfindlichkeit von Patienten, die es einnehmen, für positive Verstärkung erhöhen.

Ein Artikel im Journal of Neuroscience weist darauf hin, dass chronische Nutzer des Psychopharmakons empfindlicher für Belohnungen und weniger empfindlich für Bestrafungen sind (Seymour et al., 2012). Außerdem berichten Patienten häufig über ein Gefühl der geistigen Abstumpfung (Marazziti et al., 2019), was zusammen mit der erhöhten Empfindlichkeit für Verstärkung oder Belohnung für die klinischen Auswirkungen verantwortlich sein könnte.

Obwohl unerwünschte Nebenwirkungen von Antidepressiva auftreten, kann ihr Einsatz gerechtfertigt sein. Psychiaterinnen und Psychiater können das am besten entscheiden. Konzentrationsschwierigkeiten, Verstopfung oder verschwommenes Sehen sind einige negative Folgen. Es sind aber auch positive Nebenwirkungen möglich, wie wir zum bei Escitalopram gesehen haben.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Langley, C., Armand, S., Luo, Q., Savulich, G., Segerberg, T., Søndergaard, A., Pedersen, E. B., Svart, N., Overgaard-Hansen, O., Johansen, A., Borgsted, C., Cardinal, R. N., Robbins, T. W., Stenbæk, D. S., Knudsen, G. M., & Sahakian, B. J. (2023). Chronic escitalopram in healthy volunteers has specific effects on reinforcement sensitivity: a double-blind, placebo-controlled semi-randomised study. Neuropsychopharmacology, 48(4), 664-670. https://doi.org/10.1038/s41386-022-01523-x
  • Marazziti, D., Mucci, F., Tripodi, B., Carbone, M. G., Muscarella, A., Falaschi, V., & Baroni, S. (2019). Emotional Blunting, Cognitive Impairment, Bone Fractures, and Bleeding as Possible Side Effects of Long-Term Use of SSRIs. Clinical neuropsychiatry16(2), 75–85. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8650205/
  • Quintana Rodríguez, Idanys, & Velazco Fajardo, Yalenis. (2018). Reacciones adversas de los antidepresivos: consideraciones actuales. Revista Médica Electrónica40(2), 420-432. https://www.medigraphic.com/cgi-bin/new/resumen.cgi?IDARTICULO=81250
  • Seymour, B., Daw, N. D., Roiser, J. P., Dayan, P., & Dolan, R. (2012). Serotonin selectively modulates reward value in human decision-making. The Journal of neuroscience : the official journal of the Society for Neuroscience32(17), 5833–5842. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5321452/
  • Stahl, S. M. (2023). Psicofarmacologia Esencial De Stahl. Bases Neurocientificas Y Aplicaciones Practicas.

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