Tumushido - ein wunderschönes orientalisches Volksmärchen
Tumushido. Dieses wunderschöne orientalische Volksmärchen ist in zwei Teile gegliedert. Jeder von ihnen vermittelt eine eigene Lektion. Die Hauptfigur der Geschichte ist Tumushido, ein weiser alter Mann, der vor Tausenden von Jahren lebte. Dieser Meister wird bis heute für alles, was er unterrichtet hat, verehrt.
Der erste Teil des Volksmärchens besagt, dass in einem abgelegenen Dorf einst ein Samurai gelebt habe. Dieser Samurai war einer der wildesten Krieger und er war bekannt dafür, dass er extrem reizbar war. Er tolerierte es nicht, dass die Menschen ihm widersprachen und hatte ein großes Ego. Er reagierte mit einer solchen Heftigkeit, dass jeder ihn fürchtete. Wenn ihm dennoch jemand widersprach, zog er sein Schwert, damit sich sein Gegenüber eingeschüchtert fühlte.
Dieser Krieger begab sich schließlich auf eine Reise und kam dabei durch ein kleines Dorf. Dort sah er, dass viele Leute zu einem bestimmten Platz liefen, und das machte ihn neugierig.
Meister Tumushido
Der Samurai beschloss, einen der Männer anzuhalten und ihn zu fragen, was los sei. Der Mann sagte, sie würden alle zum Haus von Meister Tumushido gehen. Der Samurai war verwirrt.
“Wer ist Meister Tumushido?”, fragte er. Der Mann war geschockt. Er konnte nicht glauben, dass der Samurai nicht wusste, wer Tumushido war. „Er ist der klügste aller Meister. Jeden Nachmittag um diese Zeit teilt er seine Weisheit. Keiner der Dorfbewohner lässt sich das entgehen.“
Der Samurai wurde noch neugieriger. Er hatte noch nie von Meister Tumushido gehört, aber er konnte erkennen, wie respektiert er war. Sein Stolz und seine Arroganz stiegen ins Unermessliche. Er konnte es nicht ertragen, dass jemand ihm überlegen sein könnte.
Das Treffen mit dem Meister
Der Samurai konnte nicht länger warten – er musste dem Meister Tumushido ein für alle Mal zuhören und sehen, ob er es wirklich verdient hatte, mehr Respekt zu erhalten als er selbst. Also begab er sich ebenfalls zu dem Platz, auf dem alle versammelt waren. Als er dort ankam, sprach der Meister gerade darüber, dass Worte die mächtigste Kraft der Erde seien.
Der Samurai rief dazwischen: „Du bist so ein Idiot! Die größte Kraft auf der Erde ist das Schwert, du unwissender Mann!“ Da erhob sich Meister Tumushido von seinem Sitz und rief: „Wie kannst du es wagen, das zu sagen! Dein Zwischenruf zeugt nur von deiner Ignoranz!”
Nachdem der Samurai das hörte, wurde er sehr wütend. Er näherte sich dem Meister mit seinem Schwert und drohte, ihn zu enthaupten. Tumushido begann, um sein Leben zu betteln. Er sagte: „Töte mich nicht, mutiger Samurai. Es tut mir leid, dass ich dich beleidigt habe. Ich habe nun verstanden, dass dein Schwert das Mächtigste auf Erden ist.“ Dies beruhigte den Samurai. Er sagte: „Ich vergebe dir. Du bist ein guter Mann.”
Daraufhin kehrte Meister Tumushido zu seinem Platz zurück und sagte: „Worte sind die mächtigste Kraft der Erde. Hast du gesehen, wie ich dich durch sie beherrscht habe? Ich wollte, dass du mich angreifst, und du hast es getan. Dann wollte ich, dass du dich beruhigst, und du hast auch das getan. Ich benötigte kein Schwert, um das zu erreichen.“
Der zweite Samurai
Als ein zweiter Samurai diese Geschichte hörte, wurde auch er sehr neugierig. Er wollte diesen weisen Mann treffen und ihm zeigen, dass er nicht mit Worten beherrscht werden konnte. Er ging also in das Dorf – überzeugt, dass er beweisen konnte, dass Tumushido ein Betrüger war.
Als er im Dorf ankam, befand sich Meister Tumushido auf dem gewohnten Platz. Er sprach mit einer Gruppe von Leuten, die ihm aufmerksam zuhörten. Der zweite Samurai mischte sich unter die Menge. Als niemand damit rechnete, rief er: „Ich fordere dich heraus, du alter Betrüger! Wenn du so weise und mächtig bist, dann zeige mir, dass du gegen mich kämpfen und mich besiegen kannst!“ Der Meister starrte ihn einen Moment an und gab schließlich ein Zeichen, dass er die Herausforderung akzeptierte.
Die Menschen bildeten einen Kreis um den Samurai und Meister Tumushido. Der Meister schloss die Augen und setzte sich demütig. Der Krieger glaubte, ihn eingeschüchtert zu haben, und beschloss, ihn zu provozieren. Er fing an, ihn anzubrüllen und jede einzelne Beleidigung zu schreien, die er kannte. Aber Tumushido reagierte nicht. Der Krieger fuhr stundenlang fort. Schließlich entschied er sich, zu gehen, und vorher deutete er an, dass Tumushido tatsächlich nur ein Schwindler sei.
Nachdem der zweite Samurai gegangen war, fühlten sich die Menschen verwirrt. Alle fragten: „Wie kommt es, dass du ihn so mit dir sprechen lässt und dich so beleidigen lässt?“
„Wenn dir jemand ein Geschenk macht und du es nicht akzeptierst, wem gehört es dann?“, fragte der Meister sein Publikum. Ein junger Mann antwortete: „Immer noch der Person, die es dir geben wollte.“ Dann erklärte der Meister: „Dasselbe gilt für Ärger, Beleidigung und Hass. Wenn ihr sie nicht akzeptiert, gehören sie weiterhin demjenigen, der sie verteilen will.”