Somniloquie - Ich spreche, während ich schlafe
Hat man dir einmal gesagt, dass du sprichst, während du schläfst? Bei der Somniloquie handelte sich um eine Alteration des Schlafes, die dazu führt, dass der Betroffene mehr oder weniger laut spricht, während er schläft. Und dieses Phänomen tritt wesentlich häufiger auf, als wir es vielleicht annehmen. Dabei besteht jedoch eine erhebliche Variabilität, was die Sprache im Schlaf betrifft: Einige Menschen geben nur Laute von sich, die von anderen nicht identifiziert werden können, während andere Gespräche führen, streiten oder fluchen.
Vielen Menschen, die an Somniloquie “leiden”, ist schon einmal der Gedanke gekommen, dass es sich dabei um ein Symptom handeln könnte, das vielleicht eine schwerwiegende Krankheit anzeigt. Müssen Betroffene aber Angst haben, verrückt zu werden? Oder sind sie es schon? Und dann ist da noch das Risiko, im Schlaf Geheimnisse preiszugeben, die man doch lieber für sich behalten würde. Im schlimmsten Fall, ohne dass sie sich am nächsten Morgen daran erinnern. Damit im Zusammenhang stehen Zweifel darüber, ob die Somniloquie bewusst genutzt werden kann – zum Beispiel vom Partner – um Antworten auf Fragen zu erhalten. Kann man dem somniloquenten Menschen Informationen entlocken?
Menschen mit Somniloquie sprechen möglicherweise mehrmals während einer einzigen Nacht, aber meist nur während kurzer Phasen. Selten dauern sie länger als ein oder zwei Minuten an.
Was ist Somniloquie eigentlich?
Die Somniloquie ist eine Form der Parasomnie, also ein auffälliges Verhalten des während des Schlafes auftritt. Das Aktivierungsmuster der Hirnareale ist tagsüber ein anderes als nachts und wenn es diesbezüglich zu Alterationen kommt, dann tun Menschen im Schlaf Dinge, die als “nicht normal” angesehen werden. Betroffen sind meist jüngere Menschen, aber auch ältere Individuen können dazu neigen, im Schlaf zu sprechen, vor allem in Zeiten von Angst und Stress, anderen Formen psychischer Belastung und bei Fieber.
Bis zu 50 % der Kinder sprechen im Schlaf, aber nur etwa 5 % der Erwachsenen.
Kommen wir noch einmal zum Aktivierungsmuster der Hirnareale zurück: Es gibt viel mehr als nur zwei solcher Muster, es gibt unzählige Zustände – nicht nur “An” und “Aus”. Während wir schlafen, durchlaufen wir verschiedene Phasen. Fünf sind es insgesamt: die Einschlafphase (Phase 1), leichter Schlaf (Phase 2), Steigerung bis in den Tiefschlaf (Phasen 3 und 4) und REM-Schlaf (Phase 5). REM steht für Rapid Eye Movement, für schnelle Augenbewegungen, und es ist vor allem diese fünfte Phase, in der die Somniloquie auftritt.
Die Art und Weise, wie sich die Somniloquie manifestiert, ist von Person zu Person verschieden. Manchmal wird berichtet, dass der Betroffene ausführliche Monologe hält, die jedoch nur schwer zu interpretieren sind. In anderen Fällen bringt er Emotionen zum Ausdruck, lacht oder weint. Und es gibt auch Fälle, in denen der somniloquente Mensch plötzlich aufschreit und so seine Mitmenschen erschreckt.
Vom Schrecken einmal abgesehen: Somniloquie ist harmlos und kein Zeichen für Verrücktheit.
Nun haben wir schon geklärt, dass Somniloquie keine Krankheit ist. Kommen wir jetzt zu der Frage, ob man mit einem im Schlaf sprechenden Menschen eine sinnvolle Unterhaltung führen kann. Diese Frage ist gar nicht so einfach zu beantworten, denn es kommt darauf an. Wie wir bereits erwähnt haben, gibt es Menschen, die im Schlaf Monologe oder Dialoge führen, wobei der Gesprächspartner jedoch nur in ihrem Kopf existiert. Das heißt allerdings nicht, dass sie realen Einflüssen – beispielsweise einer Frage vom Partner – nicht zugänglich wären. Wenn dieser ihnen eine Frage stellt, erhält er möglicherweise eine Antwort. Ob diese Antwort jedoch auf seine Frage zurückzuführen ist, bleibt unklar.
Beziehungsprobleme durch Somniloquie
Auch wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass eine gesunde Beziehung an der Somniloquie zerbricht, so kommt es doch häufig vor, dass Betroffene den Spott ihrer Mitmenschen ernten. Da sie sich selbst meist nicht daran erinnern können, was sie geträumt und eventuell gesagt haben, lässt derartiger Spott zuweilen Zweifel in ihnen aufkommen: Vielleicht hat man sie im Schlaf etwas gefragt oder sie haben gar ungefragt Informationen preisgegeben, die für niemand anderen als für sie selbst bestimmt waren. Und diese Zweifel werden noch größer, wenn auf Nachfragen nur mit Gelächter geantwortet wird. Betroffene haben keine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden, ohne dass man sie ihnen mitteilt.
Allerdings ist es so, dass Worte, Sätze und ganze Gespräche viel mehr das Ergebnis ihrer Gedanken sind als eine Antwort auf externe Reize. Sie werden vom Unterbewusstsein produziert und stehen möglicherweise mit einem Traum im Zusammenhang, den die Person gerade hat. Selbst wenn der somniloquente Mensch auf eine Frage antwortet, die ihm tatsächlich gestellt wird, ist diese Antwort vom Kontext geprägt, in dem er begonnen hat zu sprechen. Und dieser Kontext ist dem realen Fragesteller gänzlich unbekannt. Deshalb wird in die Antwort in aller Regel inkohärent oder wirr erscheinen.
Betrachten wir dazu ein Beispiel. Eine Frau ist auf dem Sofa eingeschlafen und eine ihrer Freundinnen liest an ihrer Seite. Jene Freundin vernimmt plötzlich ein Murmeln, undeutliche Laute, die sie nicht verstehen kann. “Was?”, fragt sie daraufhin. Die schlafende Frau spricht dann erneut, nun schon etwas lauter und deutlicher. Die Freundin nähert sich der schlafende Frau, wiederholt ihre Frage und vernimmt schließlich die Worte “Musik im Kino”. Sie könnte jetzt weiter nachfragen, welche Musik sie hört, welchen Film sie sieht oder mit wem sie im Kino ist. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass auf diese Fragen gegebene Antworten für sie keinen Sinn ergeben werden. Und schließlich endet die Phase der Somniloquie und die schlafende Frau gibt gar keine Antworten mehr.
In diesem Beispiel erkennen wir typische Verhaltensweisen sowohl der somniloquente Person als auch desjenigen, der das im Schlaf Gesprochene vernehmen kann. Letzterer neigt nämlich dazu, wiederholt dieselbe Frage zu stellen, weil er die Antworten des Schlafenden weder akustisch noch inhaltlich verstehen kann. An einem bestimmten Punkt kann er den Schlafenden mit seiner Frage nicht mehr erreichen, dieser dreht sich um und schläft in aller Ruhe weiter.
Jetzt ist die Freundin vielleicht nicht der “gefährlichste” Zuhörer und wer an Somniloquie leidet, fürchtet sich meist eher davor, dem Partner gegenüber etwas Unangemessenes zu äußern. Ein Name vielleicht oder einen ganzen Satz, der eine Situation beschreibt, die vom Partner fehlinterpretiert werden könnte. Weder der Name noch die Situation müssen dem Träumenden irgendetwas bedeuten – wer hat nicht schon einmal von Menschen geträumt, die er selbst tagsüber lieber meiden würde? Dennoch wird angenommen, dass sich derjenige, der während des Schlafes spricht, in seinem Inneren mit demjenigen beschäftigt, von dem er spricht. Und das kann reale Beziehungsprobleme zur Folge haben. Während eine gesunde Beziehung durch solche Vorkommnisse wohl kaum belastet wird, tragen sie mitunter zu bestehenden Konflikten bei.
Was auch passieren kann, ist, dass die laute Sprache, Schreie und der Ausdruck von Emotionen diejenigen, mit denen Bett oder Zimmer geteilt wird, erschrecken und nicht schlafen lassen. Wer einen leichten Schlaf hat, wird schnell wach, wenn der Partner nachts erzählt. In diesem Fall wird beiden empfohlen, auf die Schlafhygiene zu achten und Entspannungsübungen durchzuführen: Der eine kann so vielleicht Episoden der Somniloquie vermeiden und der andere einen erholsamen Schlaf finden.
Leidest du an Schlafstörungen? Oder teilst du dein Schlafzimmer mit jemanden, den sie quälen? In diesem Artikel haben wir dir von der Somniloquie erzählt, einem auffälligen Verhalten, das du jetzt besser verstehen kannst. Wenn du selbst somniloquent bist, kannst du nun aufhören, die Sorgen darüber zu machen, dass du eines Tages deine tiefsten Geheimnisse verraten wirst. Wenn du an einer anderen Art der Schlafstörung leidest, sieh dich ruhig noch ein wenig auf unserer Seite um – wir haben bereits mehrere interessante Beiträge zu diesem Thema veröffentlicht.