Schuldwahn und moralische Zwangsgedanken

Die moralischen Zwangsvorstellungen sind bei Schuldwahn sehr resistent. Durch die Fehlbeurteilung der Realität wird das Leid der Betroffenen im Alltag oft unerträglich.
Schuldwahn und moralische Zwangsgedanken

Geschrieben von Redaktionsteam

Letzte Aktualisierung: 15. März 2022

Wahn ist eine Fehlbeurteilung der Realität, die sehr widerstandsfähig gegen Beweise ist. In vielen Fällen wird sie zur absoluten Wahrheit und lässt kaum Kritik zu. Die Wahnstörung verändert die Persönlichkeit der Person, die ihre Wahrnehmung verteidigt. In unserem heutigen Beitrag sprechen wir über den Schuldwahn und moralische Zwangsgedanken.

Wahnhafte Überzeugungen sind in der Regel falsch und werden nicht durch Erfahrungen gestützt, sondern durch eine ganz bestimmte Interpretation dieser Erfahrungen. Der Wahn wird niemals durch den kulturellen, intellektuellen oder religiösen Hintergrund der wahnhaften Person erklärt. Es ist zu beachten, dass alle Wahnvorstellungen für die Person, die sie erlebt, real sind, jedoch für Gleichaltrige aus derselben Kultur sehr fremd sein können.

Betroffene nehmen die Wahnvorstellung als Realität wahr. Das sollte nicht überraschen, denn die Realität, mit der wir alle arbeiten, ist eine Interpretation dessen, was wirklich passiert. Sie basiert auf unseren Überzeugungen, Erfahrungen, Erwartungen usw. Jeder kann sich seine eigene Welt aufbauen und nach seinem eigenen Verständnis leben.

Außerdem verändern Wahnvorstellungen die Persönlichkeit. Diese Veränderung in der Organisation und Struktur des psychischen Funktionierens veranlasst die Person, nach Kontinuität in ihrer neuen Art zu sein zu suchen. Sie klammert sich an die Person, für die sie sich hält, so wie wir uns alle an unsere Identität klammern.

Was ist Schuldwahn?

Frau mit Schuldwahn
Eine Person mit Schuldwahn leidet an moralischen Zwangsgedanken, da sie sich für schuldig hält.

Im Grunde ist der Schuldwahn ähnlich wie jeder andere Wahn, doch er konzentriert sich auf moralische Zwangsgedanken, die durch Schuldgefühle ausgelöst werden. Der Schuldwahn ist ein tief verwurzelter Irrglaube, sich schuldig gemacht zu haben. Betroffene glauben, dass sie für ihren negativen Zustand selbst verantwortlich sind.

Diese Schuldgefühle werden durch eine starke Komponente der negativen Selbstwahrnehmung und Selbsteinschätzung vermittelt. Schuldgefühle können auch von einem Leidensdruck begleitet werden, der durch die wahnhafte Überzeugung entsteht, dass man eine Übertretung oder einen Misserfolg verursacht hat. Die wahnhafte Schuld beinhaltet also ein Gefühl der persönlichen Verantwortung und eine Form von Bedrängnis.

Irgendwann in unserem Leben haben wir alle aus irgendeinem Grund Schuldgefühle entwickelt. Der Gedanke, dass wir für zugefügten Schaden verantwortlich sind oder gegen eine soziale Norm verstoßen, bereitet uns Unbehagen. Wir wiederholen immer wieder den Gedanken, schuldig zu sein. Dies bedeutet jedoch noch lange nicht, dass es sich um zwanghafte Schuldgedanken, also um Schuldwahn handelt.

Der normale Schuldgedanke und der Schuldwahn

Um die Grenze zu verstehen, die manchmal sehr diffus und kompliziert ist, können wir verschiedene Aspekte oder Dimensionen analysieren:

  • Überzeugung: der Grad, in dem die Person von der Realität ihrer Zwangsgedanken überzeugt ist
  • Ausmaß: die Auswirkungen, die diese Überzeugungen auf verschiedene Lebensbereiche haben
  • Fremdheit: das Ausmaß, in dem der Glaube von der kulturell konsensualen Realität abweicht
  • Desorganisation: der Grad, in dem Überzeugungen in sich konsistent, logisch und systematisiert sind
  • Druck: der Grad, in dem sich die betroffene Person mit den geäußerten Überzeugungen beschäftigt

Kurz gesagt, um einen Schuldgedanken von Schuldwahn zu unterscheiden, ist es ratsam, darauf zu achten, wie tief der Gedanke verwurzelt ist und ob er verschiedene Lebensbereiche besetzt.

Es ist notwendig zu beobachten, wie intensiv, hartnäckig und widerstandsfähig er ist. Schauen wir uns einige Symptome von Schuldwahn an, die uns dabei helfen können, Wahnvorstellungen von anderen Gedankeninhalten zu unterscheiden.

Symptome von Schuldwahn

Auf allgemeiner Ebene können wir mehrere emotionale, kognitive und verhaltensbezogene Symptome erkennen:

Emotionale Symptome

  • Unruhe, Angst oder Paranoia
  • Depression
  • Gereiztheit oder Wut
  • Apathie
  • Schnelle und unvorhersehbare Stimmungsschwankungen
  • Persönlichkeitsveränderungen

Kognitive Symptome

  • schlechtes Gedächtnis
  • Desorientierung
  • Halluzinationen
  • Schwierigkeiten beim Sprechen oder Erinnern von Wörtern
  • undeutliche oder abschweifende Sprache
  • Probleme beim Verstehen von Sprache
  • Schwierigkeiten beim Lesen oder Schreiben

Verhaltenssymptome

  • Unruhe, Erregung oder kämpferisches Verhalten
  • Schreien, Stöhnen oder andere Geräusche
  • ruhiges und zurückgezogenes Verhalten
  • langsame oder lethargische Bewegungen
  • gestörte Schlafgewohnheiten
  • Umkehrung des Schlaf-Wach-Zyklus

Ursachen von Schuldwahn

Die Ursachen von Schuldwahn sind multifaktoriell. Es handelt sich um ein Produkt der Integration verschiedener menschlicher Prozesse und biologischer, psychologischer und sozialer Aspekte. Im Folgenden werden wir die Ursachen von Schuldwahn auf der Grundlage des neuropsychiatrischen Modells von Van Der Gaag erklären.

Um das Delirium zu erklären, integrierte dieser Forscher mehrere theoretische Perspektiven, die ihn zu der These führten, dass das Auftreten von Delirium von mehreren Komponenten abhängt:

  • Biologisch: Es gibt eine dopaminerge Dysregulation in den mesolimbischen Bahnen. Das verändert die Wahrnehmung, schwächt den Einfluss von Erinnerungen und führt zu abnormalen Wahrnehmungen und Halluzinationen.
  • Kognitiv: Die Wahrnehmungen werden entsprechend der Geschichte der Person interpretiert und in ihre Schemata integriert. Kognitive Verzerrungen, die für diese Komponente typisch sind, beeinflussen die Argumentation der Person.
  • Eine integrative psychologische Komponente: Wenn Wahrnehmungen in Schemata und das allgemeine Weltbild integriert werden, werden sie durch fehlerhafte Logik verstärkt. Menschen mit Wahnvorstellungen neigen dazu, voreilige Schlüsse zu ziehen, ohne alternative Erklärungen zu entwickeln und zu testen.
  • Eine Komponente der psychologischen Aufrechterhaltung: Betroffene integrieren Wahnvorstellungen in die allgemeine Wahrnehmung und erhalten sie durch selektive Aufmerksamkeit und Bestätigungsfehler.

Intervention bei Schuldwahn

Intervention bei Schuldwahn
Die Hauptaufgabe der kognitiven Verhaltenstherapie ist die Linderung der Symptome dieser emotionalen Störung.

Für die Behandlung von Schuldwahn können verschiedene Interventionspläne zum Einsatz kommen. Die besten Ergebnisse erzielen folgende Methoden.

Kognitive Verhaltenstherapie

Ziel ist es, die Person dabei zu unterstützen, ihre dysfunktionalen Denkprozesse (Wahnvorstellungen) zu erkennen und Wege zu finden, sie zu verändern. Sie zielt auch darauf ab, eine entspannte, sichere und offene Beziehung zu schaffen, in der der Patient als aktiver Mitarbeiter behandelt wird.

Das übergeordnete Ziel ist, die Symptome der emotionalen Störung zu verringern, das Leiden zu lindern, den Schweregrad der Deliriumssymptome zu reduzieren und den Patienten von der psychotischen Realität zu distanzieren, in der er lebt.

Psychopharmakologie gegen Schuldwahn

Die beiden wichtigsten Symptome des Delirs, die eine pharmakologische Behandlung erfordern können, sind Psychosen und Schlaflosigkeit. Neuroleptika haben sich bei der Behandlung dieser Symptome als Mittel der Wahl erwiesen.

Niedrig dosiertes Haloperidol ist im Vergleich zu den atypischen Antipsychotika Olanzapin und Risperidon bei der Behandlung von Delirium ebenso wirksam. Letzteres kommt auch zur Verringerung der klinischen Symptome des Delirs (Kim et al., 2010) zum Einsatz.

Abschließend lässt sich sagen, dass Schuldwahn aufgrund der emotionalen Belastung eine sehr schwierige Störung ist. Im Gegensatz zu anderen Wahnvorstellungen ist die Person in diesem Wahn ständig mit sich selbst unzufrieden. Kontinuierliche Selbstvorwürfe machen das Leben oft unerträglich.


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  • Kim, S. W., Yoo, J. A., Lee, S. Y., Kim, S. Y., Bae, K. Y., Yang, S. J., … & Yoon, J. S. (2010). Risperidone versus olanzapine for the treatment of delirium. Human Psychopharmacology: Clinical and Experimental25(4), 298-302.
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