Menschen, die denken, dass die anderen für ihre Probleme verantwortlich seien
„Immer tut jemand irgendetwas, sodass ich in meinem Vorhaben scheitern muss!“ Diese Aussage trifft, wer davon überzeugt ist, dass die anderen für seine Probleme verantwortlich seien. Kommen dir diese Empfindungen bekannt vor? Erkennst du dich selbst oder jemanden, der dir nahesteht, in ihnen?
Es gibt viele Menschen, die nicht imstande sind, die Verantwortung für ihre Taten zu übernehmen. Für sie ist es schwer, die Initiative und das Steuerrad ihres Lebens zu ergreifen, weil sie nicht akzeptieren können, dass eigentlich sie die Person sind, die ihr Leben lenkt, die Entscheidungen trifft und handelt. In den von ihnen entworfenen Szenarien gibt es immer jemanden, der an dem schuldig ist, was ihnen passiert. Und natürlich sind sie das nicht selbst.
Es ist die Schuld meines Freundes, meiner Mutter, der Person, die ich getroffen habe … Es gibt eine breite Auswahl an Schuldigen, so breit, wie wir sie gestalten wollen. Unsere größte Blindheit besteht darin, unfähig zu sein, zu akzeptieren, welche Rolle uns im Angesicht unserer Umstände zukommt. Es ist eine Rolle, die glücklicherweise uns und niemandem anderen, auch nicht dem Schicksal, zufällt. Wir gewinnen nichts, wenn wir sie leugnen.
Die Verantwortung nach außen projizieren, um sie nicht akzeptieren zu müssen
Manche Menschen sind wahre Künstler darin, die Realität zu verzerren, um rechtfertigen zu können, was sie sich selbst sagen. Und zwar, dass sie nicht für das verantwortlich seien, was ihnen widerfahren ist. Sie sind mit ihrer Selbsttäuschung einverstanden, zum Teil weil sie so sehr an sie gewöhnt sind, dass sie unbewusst stattfindet. Doch trotzdem bleibt sie eine Einschränkung, etwas, das ihre Realität vernebelt, sie chaotischer und feindseliger wirken lässt.
Wir verlieren unseren Polarstern, wenn wir unsere Verantwortung auf die Schultern der anderen legen. Wenn wir impulsiv handeln und frustriert sind, weil jemand nicht auf die Weise antwortet, wie wir es gern möchten. Dieser Jemand kann oder will das nicht tun, aber das ist nicht unser Kampf. Er kann tun, was er möchte. Wir sind diejenigen, die entsprechend handeln müssen.
Diese Menschen verschwenden viel Zeit damit, sich zu beschweren. Nichts ist ihnen je genug. Sie könnten sich sogar über Belangloses beschweren. Zudem sind sie unfähig, ihre Frustration zu bewältigen. Dadurch werden sie zu Tyrannen in ihrem eigenen kleinen Königreich. Doch das Schlimmste an allem ist, dass sie schließlich sich selbst und ihre Mitmenschen verletzen.
Andere sollen die eigenen Bedürfnisse zu stillen
Diese Forderung hat viel damit zu tun, sich selbst nicht zu kennen, über sich nicht zu reflektieren. Der erste Schritt, um das zu ändern, ist, sich selbst kennenzulernen und zu akzeptieren, wer wir sind. Wenn du nicht weißt, was deine Bedürfnisse und Impulse sind, was dich zu deinen Handlungen motiviert, dann wird es schwer für dich sein, eine Lösung zu finden und deine Bedürfnisse zu befriedigen. Und wie soll dem eine andere Person gerecht werden?
Wenn jemand uns keine Aufmerksamkeit schenkt, schreien wir nach ihr, um sie zu erzwingen. Wenn uns eine andere Person nicht gibt, was wir uns von ihr erhoffen, frustriert uns das, wir werden wütend. Wir verfluchen und beschuldigen andere aufgrund unserer Frustration und machen sie dafür verantwortlich, damit wir uns selbst nicht enttäuschen müssen.
Andererseits lösen die Menschen um uns herum unsere Probleme manchmal so schnell, dass wir nicht einmal erkennen, dass wir um Hilfe gebeten und sie erhalten haben. Und selbst wenn wir es erkennen, geizen wir mit unserer Dankbarkeit. Denn in unserer Vorstellung war die andere Person ja dazu verpflichtet, auf unsere Forderungen zu antworten. Das ist kein faires Spiel.
Du wirst wachsen, wenn du die Pfeile aufhebst, die du wirfst
Wir sehen die andere Person nicht als Individuum. Wir sehen sie als einen Sklaven, der unsere tyrannischen Bedürfnisse stillen muss. Wir befehlen und sie befolgt unsere Anweisungen. Wenn sie das nicht tut, werden wir ihr das Gefühl geben, dass unser Unglück ihre Verantwortung und ihre Schuld sei. Das ist unsere unausgesprochene Gedankenkette.
„Ich tu das Meine; und du tust das Deine. Ich bin nicht auf dieser Welt, um deinen Erwartungen zu entsprechen. Und du bist nicht auf dieser Welt, um meinen Erwartungen zu entsprechen. Du bist du, und ich bin ich, und wenn wir uns zufällig finden – wunderbar. Wenn nicht, ist das nicht zu ändern.“
Fritz Perls
In dem Moment, in dem wir unsere geworfenen Pfeile aufheben, werden wir die Situation verstehen und unsere Sicht wird klarer werden. Der Nebel verhinderte bislang eine effektive Kommunikation mit der Außenwelt, war der Mittelpunkt unserer Gedanken. Ihn aufzulösen ist so aufwendig wie eine Gewohnheit abzulegen. Aber es ist nicht unmöglich.