Mein Partner schaut mir bei vertrauten Gesprächen nicht in die Augen

Du ärgerst dich vielleicht, wenn dir dein Partner nicht in die Augen schaut. Doch wenn du die Gründe dafür kennst, kannst du dich einfühlen und deinem Partner helfen.
Mein Partner schaut mir bei vertrauten Gesprächen nicht in die Augen
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 11. März 2024

Blicke sind sehr mächtig und zeugen von (Selbst-)Vertrauen und Stärke. Wir lernen bereits in der Kindheit, anderen bei Gesprächen in die Augen zu schauen, denn damit können wir Vertrauen aufbauen und Missverständnisse verhindern. Außerdem zeigen wir durch Blickkontakt Interesse und können zusätzliche Informationen übermitteln. Doch vielen fällt es schwer, anderen direkt in die Augen zu sehen. In einem vertrauten Gespräch zwischen zwei Partnern kann das sehr verwirrend sein.

“Der Blick, den wir anderen Menschen schenken, ist ein Spiegel unserer Seele.”

Mah at ma Gandhi

Frau schaut Mann in intimen Momenten nicht in die Augen
Die visuelle Sprache als Mechanismus der emotionalen Bindung hat ihre Wurzeln in der Kindheit.

Warum schaut mir mein Partner bei vertrauten Gesprächen nicht in die Augen?

Anfangs kannst du den Eindruck haben, dass eine Person, die dir nicht in die Augen schaut, schüchtern oder unsicher ist. Wenn es sich jedoch um deinen Partner handelt, mit dem du schon seit Monaten oder Jahren eine Beziehung führst, zählt dieses Argument nicht mehr. Dein Partner kann dein bester Komplize, verständnisvoll, einfühlsam, duldsam und entgegenkommend sein, doch es ärgert dich, dass er dich nicht direkt anschaut, wenn du vertraute Gespräche mit ihm führst.

Eine Studie der kanadischen MacEwan University weist in diesem Zusammenhang auf eine Reihe von Problemen hin. Der Blickkontakt vermittelt uns Informationen und festigt die soziale Interaktion. Wir bestätigen damit nicht nur unsere Gefühle, sondern geben auch Auskunft über unsere Gedanken. Ein “Ich liebe dich” kann nicht authentisch sein, wenn du dabei den Blick abwendest und die Wand anschaust, anstatt deinen Partner. Wir analysieren nachfolgend, warum es manchen Menschen schwer fällt, anderen in die Augen zu schauen.

“Ein Blick kann mehr Verständnis zeigen als eine Unterhaltung.”

Ralph Wald o Emerson

1. Eine Frage des Geschlechts und vor allem der emotionalen Erziehung

Mädchen suchen bereits wenige Monate nach der Geburt Blickkontakt und können ihn länger halten als Jungen. Letztere investieren weniger Zeit für die Beobachtung ihrer Eltern. Das geht aus einer Studie der University of Missouri, Columbia, hervor. Die Genetik ist jedoch keine Ausrede für Angst vor Blickkontakt, entscheidend ist in Wahrheit die emotionale und soziale Erziehung. Lebt das Kind in einem kommunikativen Umfeld, in dem es lernt, seine Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken, während es seinem Gegenüber in die Augen blickt, wird es auch im Erwachsenenalter keine Probleme damit haben.

2. Schwierigkeiten im Umgang mit vertrauten Momenten

Deinem Partner oder deiner Partnerin fällt es vielleicht insgesamt schwer, vertraute Gespräche zu führen. Es mag sich um eine brillante, witzige und fürsorgliche Person handeln, doch sie ist nicht in der Lage, ihre Gefühle oder Bedürfnisse offen auszudrücken. Diese Momente empfindet sie als unangenehm, da sie nicht gelernt hat, ihre Verletzlichkeit zu zeigen. Deshalb fühlt sich diese Person schwach und fehlbar, sie weiß, dass diese Situation die Beziehung belasten kann.

3. Vermeidender Bindungsstil

Manche Menschen haben Schwierigkeiten, eine sichere, vertrauensvolle Bindung aufzubauen, die auf gegenseitiger Fürsorge und Gefühlsbekundungen beruht. Der vermeidende Bindungstyp ist nicht in der Lage, den Blickkontakt in emotionalen Gesprächen aufrechtzuerhalten. Er weiß nicht, wie er mit diesen Situationen umgehen kann, deshalb vermeidet er sie oder hält Abstand.

4. Mögliche assoziierte Störungen

Die Vermeidung des Blickkontakts ist meistens auf emotionale, kulturelle oder erzieherische Faktoren zurückzuführen. Meistens handelt es sich um Männer, die dieses Problem aufweisen. Eine psychische oder neurologische Störung ist jedoch nicht auszuschließen. In diesem Fall sind jedoch weitere Symptome erkennbar. Menschen mit Alexithymie (Gefühlsblindheit) sind beispielsweise nicht fähig, über Emotionen zu sprechen. Auch Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung fällt es oft schwer, anderen in die Augen zu schauen.

“Deine Augen zeigen die Stärke deiner Seele.”

Paulo Co el ho

Mann schaut Frau in die Augen
Augenkontakt ist das Bindeglied, das die nonverbale Kommunikation zwischen einem Paar fördert.

Was tun, wenn dir dein Partner nicht in die Augen schaut?

Kommunikation und Verständnis sind die Grundlage für eine gute Partnerschaft und auch in diesem Fall entscheidend. Du musst verstehen, dass der fehlende Blickkontakt nicht bedeutet, dass dich dein Partner nicht liebt. Er hat diese Fähigkeit nicht gelernt und fühlt sich dabei unwohl. Wenn du ständig darauf bestehst, machst du deinen Partner nur nervös und nimmst ihm die Lust auf vertraute Momente. Versuche besser, ein einladendes, vertrauensvolles Umfeld zu schaffen, in dem es keine Vorurteile über Gefühle oder Bedürfnisse gibt.

Dein Partner muss jedoch auch verstehen, dass der Blickkontakt im Gespräch wichtig ist. Er sollte daran arbeiten, lernen, sich emotional zu öffnen und seine Verletzlichkeit zu zeigen. Das kann kompliziert sein und erfordert Geduld, doch die Bemühungen werden sich lohnen. Professionelle Begleitung kann während dieses Prozesses auf jeden Fall vorteilhaft sein.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Geary, D.C. (2002). Chapter 2: sexual selection and sex differences in social cognition. In: McGillicuddy-De Lisi, A., De Lisi, R., editors. Biology, Society, and Behavior: The Development of Sex Differences in Cognition. Westport, CT: Ablex Publishing, pp. 23–53.
  • Jarick M, Bencic R. Eye Contact Is a Two-Way Street: Arousal Is Elicited by the Sending and Receiving of Eye Gaze Information. Front Psychol. 2019 Jun 4;10:1262. doi: 10.3389/fpsyg.2019.01262. PMID: 31214077; PMCID: PMC6558178.
  • Swaab, R. I., & Swaab, D. F. (2009). Sex differences in the effects of visual contact and eye contact in negotiations. Journal of Experimental Social Psychology, 45, 129-136.
  • Wood, Julia (2011). Gendered Lives: Communication, Gender, and Culture. Wadsworth.
  • Leeb, R., & Rejskind, F., (2004). Here’s Looking at You, Kid! A Longitudinal Studyof Perceived Gender Differences in Mutual GazeBehavior in Young Infants. Sex Roles. 50. 1-14. 10.1023/B:SERS.0000011068.42663.ce. https://www.researchgate.net/publication/225194835_Here’s_Looking_at_You_Kid_A_Longitudinal_Study_of_Perceived_Gender_Differences_in_Mutual_Gaze_Behavior_in_Young_Infants

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.