Langeweile in einer gesunden Beziehung: Wie kommt es dazu?
Nach der ersten Phase der Verliebtheit weicht die anfängliche Romantik oft der alltäglichen Routine. Auch in einer gesunden Beziehung erleben viele Paare mit der Zeit Langeweile: Sie verstehen sich wortlos und sind sehr vertraut – das gibt Sicherheit und Stabilität, was natürlich befriedigend ist und verschiedene Vorteile hat. Doch wenn im Alltag kein Platz mehr für Überraschungen und Neues ist, fühlen sich viele gelangweilt und verlieren die Motivation.
Wir sehen uns nachfolgend an, welche Gründe sich hinter dieser gefühlten Langeweile verbergen können.
Akzeptanz und Respekt stehen in einer gesunden Beziehung an erster Stelle. Sie ermöglichen es, mögliche Konflikte offen zu besprechen und konstruktive Lösungen zu finden.
Die Normalisierung des Toxischen
Obwohl sich die Gesellschaft ständig weiterentwickelt und das Beziehungskonzept zunehmend auf affektive und emotionale Verantwortung ausgerichtet ist, ist der individuelle Reifungsprozess besonders wichtig. Junge Menschen erleben häufig dysfunktionale Beziehungen, da sie unreif sind und Erfahrungen benötigen, um sich in Akzeptanz und Respekt zu üben. Allerdings gewöhnen sich viele an destruktive Konflikte und toxische Verhaltensweisen, die in einer Beziehung keinen Platz finden sollten. Sie glauben, dass eine Beziehung aufregend sein muss, so wie eine Achterbahnfahrt, und fühlen sich gelangweilt, wenn das nicht der Fall ist.
Aus Studien geht jedoch auch hervor, dass instabile Beziehungen zu Angst führen. Das ist insbesondere bei Paaren zu beobachten, bei denen eine intermittierende Verstärkung stattfindet, die sie ermutigt, sich auf die Beziehungshöhepunkte zu konzentrieren und die häufigen und schädlichen Tiefpunkte zu vergessen.
Beziehungsmodelle
Die Psychoanalyse weist darauf hin, dass Kinder Beziehungsmodelle von ihren Bezugspersonen lernen und diese ihre Beziehungen im Erwachsenenalter beeinflussen. Es geht nicht darum, dass der Partner dem Vater oder die Partnerin der Mutter ähnlich ist. Vielmehr geht es um die Rollen der Bezugspersonen in ihrer Beziehung, die später im Erwachsenenalter übernommen werden.
Deshalb langweilen sich manche Menschen in einer gesunden Beziehung: Die chronischen Belastungen, die Betroffene über Jahre hinweg ertragen haben, verschwinden, was zu einer geringeren emotionalen Erregung führt. Manche verwechseln diesen Zustand mit Langeweile in der Beziehung, da sie an Aufregung gewöhnt sind.
Fehlinterpretation von Liebe
Ein Grund für das Gefühl der Langeweile in einer gesunden Beziehung ist die gesellschaftliche und individuelle Vorstellung, die viele von uns fälschlicherweise entwickeln. Die Familie, die Medien, die Erziehung und andere Faktoren prägen die Vorstellung, die wir von einer Liebesbeziehung haben. Diese Überzeugungen zu verändern, ist nicht einfach.
Ein klassisches Beispiel ist die romantische Liebe: Viele glauben, dass sie Aufopferung erfordert, damit zwei Menschen miteinander verschmelzen und eins werden können. Wir sprechen von der “besseren Hälfte” und diese Vorstellung erfordert, einen Teil von sich selbst zu verlieren. Häufig entstehen dadurch toxische Beziehungen, die nicht auf Freiheit aufbauen.
Wenn du jedoch plötzlich Freiheiten experimentierst, die du noch nie hattest, kannst du das mit Desinteresse, Apathie oder Langeweile verwechseln. Die Fesseln, die dich davor gefangen hielten, sind jetzt nicht mehr da. Doch genau diese Fesseln verbindest du mit wahrer Liebe. Charakteristisch dafür ist unter anderem dieser Kommentar: “Eifersucht ist ein Zeichen von Liebe.” Obwohl Eifersucht sogar zu Missbrauch führen kann, sind immer noch viele davon überzeugt, dass sie nicht geliebt werden, wenn ihr Partner nicht eifersüchtig ist.
Was tun, wenn du dich in einer gesunden Beziehung langweilst?
Du darfst nicht vergessen, dass sich die Beziehung nach der anfänglichen Phase der Verliebtheit zu einer partnerschaftlichen Liebe entwickelt. Du fühlst dich vielleicht gelangweilt, weil die Leidenschaft nicht mehr so intensiv ist. Am Anfang der Beziehung betrachtest du außerdem alles durch die rosarote Brille, doch mit der Zeit bemerkst du, dass deine Partnerin oder dein Partner auch Schwächen und Fehler hat.
Du musst das in einer gesunden Beziehung akzeptieren, jedoch trotzdem täglich daran arbeiten und die Liebe nähren, damit sie sich weiterentwickeln und festigen kann. Folgende Tipps helfen dir dabei:
- Konzentriere dich auf die schönen Seiten deiner Beziehung: gemeinsame Vorlieben, emotionale Unterstützung, Leidenschaft… Wenn sie verblassen, ist es an der Zeit, sie neu zu entfachen!
- Arbeite weiter an deiner emotionalen Verantwortlichkeit. Jeder Stolperstein, den du überwindest, ist ein weiterer Beweis dafür, dass du als Mensch gereift bist und dass du die Lektionen deiner Vergangenheit gelernt hast.
- Überdenke, welche Art von Beziehung du willst. Vielleicht ist dir langweilig, weil du andere Beziehungswünsche hast. Vielleicht bist du doch lieber Single oder wünschst dir eine offene Beziehung?
Respekt und Einfühlungsvermögen stehen auf jeden Fall an erster Stelle. Ihr könnt gemeinsam die graue Routine zu einer bunten Erfahrung machen, wenn ihr euch auf kleine Überraschungen, Zärtlichkeit und Aktivitäten konzentriert, die euch Spaß und Freude bereiten. Auch wenn nicht immer alles perfekt ist, wird euch wahre Liebe zusammenhalten.
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