Jugendphase: Baustelle im Kopf
In der Jugendphase finden insbesondere in den komplexen Bereichen des Gehirns tiefgehende Veränderungen statt. Der Psychologe Stanley Hall definiert die Pubertät als Lebensabschnitt, der einen tiefen Einschnitt in der Kindheit markiert und durch emotionale Intensität gekennzeichnet ist, die durch Illusionen und Ängste genährt wird.
Während der Jugendphase, die in der Regel nicht vor dem 24. Lebensjahr endet, kommt es zu einer unspezifischen Übererregung der neuronalen Netzwerke im präfrontalen Kortex, der für die exekutiven Funktionen zuständig ist (Handlungsplanung, Einfühlungsvermögen, Verantwortung, Affektkontrolle …).
“Obwohl viele Jungen und Mädchen die Pubertät ohne besondere Schwierigkeiten durchlaufen, kann man sagen, dass in diesen Jahren die Probleme in drei Bereichen zunehmen: Konflikte mit den Eltern, emotionale Instabilität und vor allem riskante Verhaltensweisen.”
Oliva Delgado
Die exekutiven Gehirnfunktionen
Der Begriff “Exekutivfunktionen” umfasst verschiedene kognitive Fähigkeiten, die für die Selbstregulierung und Verhaltenskontrolle grundlegend sind:
- Arbeitsgedächtnis
- Aufmerksamkeitssteuerung
- Entscheidungsfindung
- Koordination und Sequenzierung von Handlungen
- Antizipation von Konsequenzen
- strategische Handelsplanung zur Zielerreichung
- Fähigkeit, sich in die Lage anderer hineinzuversetzen
Die meisten Jugendlichen sind nicht gut in der Organisation und nicht in der Lage, sinnvolle, realistische Ziele zu setzen oder die Folgen ihres Handelns vorauszusehen. Sie handeln oft impulsiv und können die Gefahren ihrer Handlungen nicht abschätzen, da sie an eine behütete Kindheit gewohnt sind. Junge Menschen müssen experimentieren und Erfahrungen machen, um ihren Platz in der Welt zu finden und dies ist zweifellos eine schwierige Aufgabe voller Widersprüche und Kontraste.
“Ein unreifes Gehirn ist ein verletzliches Gehirn, und deshalb können riskante Verhaltensweisen seine Entwicklung gefährden.”
Crews
Der präfrontale Kortex
Die Idee, dass sich das Gehirn auch nach der Kindheit weiter bildet und entwickelt, ist relativ neu. Die Bereiche des Gehirns, die grundlegende Funktionen unterstützen (z. B. Bewegungskontrolle oder sensorische Systeme) reifen zuerst. Jene Gehirnregionen, die sich im Laufe der Evolution erst später entwickelten und uns deutlich von anderen Arten unterscheiden, benötigen mehr Zeit.
Zu diesen Gehirnarealen zählen der präfrontale Kortex und der cinguläre Kortex, die für die Steuerung und Regulierung der exekutiven Funktionen zuständig sind.
“Zu den geistigen Fähigkeiten, die vom Frontallappen abhängen, gehören die Fähigkeit, instinktive Impulse zu kontrollieren, die Entscheidungsfindung, die Planung und Antizipation der Zukunft, die Aufmerksamkeitssteuerung, die Fähigkeit zum Multitasking, die zeitliche Organisation des Verhaltens, das Verantwortungsgefühl gegenüber sich selbst und anderen sowie die Empathiefähigkeit.”
Antonio Damasio
Das Arbeitsgedächtnis entwickelt sich in der Jugendphase, bis es das Funktionsniveau eines Erwachsenen erreicht. Die Hirnregion, die für die Steuerung dieser kognitiven Funktion verantwortlich ist, ist der dorsolaterale und ventrolaterale Präfrontalkortex.
Eine Studie aus dem Jahr 2006 verglich die Leistung des Arbeitsgedächtnisses am Anfang und am Ende der Jugendphase. Bei den jüngeren Teilnehmern war die Leistung geringer, da die entsprechende Gehirnregion in diesem Alter noch nicht voll entwickelt ist.
“Die Reifung des Gehirns ermöglicht es dem Heranwachsenden, sich an die Umwelt anzupassen, zum Beispiel durch den strukturellen und funktionellen Umbau des Gehirns in den frontalen und kortikolimbischen Regionen und durch die besondere Plastizität des Gehirns in dieser Lebensphase.”
Crews
Es ist erwähnenswert, dass die Veränderungen nicht nur im präfrontalen und im cingulären Kortex auftreten. Auch andere Gehirnareale sind davon betroffen. Außerdem verbessert sich in der Jugendphase die Verbindung zwischen den verschiedenen Gehirnbereichen, unter anderem zur Amygdala (Emotionsregulation), zum Hippocampus (wichtig für das Gedächtnis) und zum Nucleus caudatus (wichtig für die Motivation).
Kinder interessieren sich für die Regeln, welche die physische Welt regeln (z. B. die Schwerkraft), in der Jugendphase gilt das Interesse jedoch den sozialen Regeln, welche die Identität der Jugendlichen definieren. In diesem Bereich wird Impulsivität oft stark bestraft. Die Erfahrungen ermöglichen es jedoch dem präfrontalen Kortex der jungen Menschen, sich zu entwickeln und zu reifen. Verschiedene Gehirnfunktionen werden dadurch verbessert, was Jugendlichen dabei hilft, ihr Verhalten besser zu regulieren.
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